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Zwei Masthühner haben Glück

Pressemitteilung

Ihre Stallgenoss:innen sind längst tot. Doch Didi und Kendra, die beiden Masthühner, hatten riesiges Glück: Als Tierschützer:innen im vergangenen Sommer in ihrem Stall, der Lidl beliefert, das Elend der Masthühner dokumentierten, brachten sie es nicht übers Herz, alle Hühner ihrem Schicksal zu überlassen. Die Tierschützer:innen nahmen ein besonders kümmerliches und ein extrem schwerfälliges Küken mit. Damit begann für Didi und Kendra, wie die beiden später getauft wurden, ein neues Leben.

Aus der Mast-Hölle …

In einem durchschnittlichen Maststall leben mehrere Tausend Hühner dicht an dicht. 14 bis 26 Tiere müssen sich einen Quadratmeter teilen. Das Futter kommt aus dem Automaten. Der Boden ist schnell mit Fäkalien übersät. Die Hühner haben nichts, um sich zu beschäftigen und stehen und liegen sich gegenseitig im Weg. Tageslicht gibt es meistens auch nicht.

In solch einem Stall lebten auch Didi und Kendra. Zum Zeitpunkt ihrer Rettung waren sie nicht einmal einen Monat alt, doch Didi, ein junger Hahn, war bereits riesig und schwer. Er konnte sich nicht auf den Beinen halten. Der Grund: Masthühner wurden so gezüchtet, dass sie schnell viel Fleisch ansetzen, besonders an der Brust und den Schenkeln – denn diese Teile essen Menschen am liebsten. Zusätzlich wurde den Hühnern das Sättigungsgefühl weggezüchtet. Moderne Masthühner legen daher innerhalb eines Monats anderthalb bis zwei Kilogramm zu. Ihre Organe und Knochen sind damit meist überfordert, sodass die Hühner z. B. an Knochendeformationen leiden oder gar an Organversagen sterben können. Didi kam nicht mehr an das Wasser oder Futter und wäre so wahrscheinlich bald verhungert oder verdurstet.

Kendra, eine junge Henne, war das Gegenteil von Didi: kränklich und klein. Vermutlich wäre sie deshalb noch vor dem Schlachttermin »entsorgt« worden. »Verluste« von bis zu 5 % der Hühner kalkulieren die Mastbetriebe fest ein. Schwache Hühner zu päppeln oder kranke zu behandeln, lohnt sich für sie nicht. Stattdessen werden sie meist an Ort und Stelle »notgetötet«. Bleiben diese Tiere jedoch unentdeckt, sterben sie einen langsamen, qualvollen Tod.

… in ein neues, normales Hühnerleben

Für Didi und Kendra kam alles anders: Ein Lebenshof, auf dem auch viele andere Tiere aus der Massentierhaltung Zuflucht gefunden haben, nahm die beiden auf. Dort kümmerte man sich um die gesundheitlichen Probleme der Küken: Didis Beine wurden bandagiert, damit er Stehen und Gehen lernen konnte. Kendra durfte sich unter der Wärmelampe erholen. Die kahlen Stellen in dem Gefieder der beiden wurden weniger. Als sie dann das erste Mal Gras unter ihren Füßen spürten und den blauen Himmel über sich sahen, war das ein berührender Moment.

Didi und Kendra erkunden ihre neue Umgebung, baden in der Sonne und genießen auch einfach mal die Ruhe – all das war ihnen im Maststall nicht möglich. Die beiden haben sich mit den Hühnern und Puten auf dem Hof angefreundet, Artgenoss:innen sind für sie keine anonyme Masse mehr. Kendra ist immer noch zierlich, damit ist sie etwas besser dran als Didi, der zwar inzwischen ohne Bandagen laufen kann, aber schnell aus der Puste ist. Damit Didi und die anderen ehemaligen Masthühner nicht zu viel zunehmen, aber auch keinen Hunger leiden, bekommen sie viel kalorienarmes Obst und Gemüse.

Didi übt inzwischen fleißig das Krähen, ein Zeichen dafür, dass er erwachsen wird. Im Mastbetrieb wären er und Kendra schon nach 30 Tagen geschlachtet worden, so wie ihre Stallgenoss:innen. Die liegen längst in den Supermarktregalen bei Lidl, während im Stall die nächste Generation Küken ausharrt.

Und was tut Lidl?

In den vergangenen Monaten haben verschiedene europäische Tierschutzorganisationen, darunter die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, Lidl scharf kritisiert und aufgefordert, seine Tierschutzstandards für die Hühnermast anzuheben. Die Organisationen veröffentlichten die Undercover-Aufnahmen aus den Ställen verschiedener Lidl-Lieferanten in Deutschland, Spanien, Italien und Österreich. Dort ist zu sehen, wie Didi, Kendra und ihre Artgenoss:innen für Lidl unter den Folgen von Qualzucht, den Bedingungen der Massentierhaltung und auch brutaler Gewalt zu leiden haben.

Die Betriebe, in deren Ställen die Tierschützer:innen gefilmt haben, wurden angezeigt. Deutschlandweit lebt jedoch die Mehrheit der rund 626 Millionen Masthühner pro Jahr unter den gleichen Bedingungen, wie Didi und Kendra sie erlebt haben. Sie haben kein Glück gehabt. Um ihr Leiden und das aller Masthühner in Europa zumindest zu verringern, haben die Albert Schweitzer Stiftung und andere europäische Tierschutzorganisationen die Europäische Masthuhn-Initiative ins Leben gerufen. Bereits mehr als 500 Unternehmen weltweit haben sich den höheren Tierschutzstandards der Initiative verpflichtet. Sie werden vor allem die Qualzucht eindämmen und die Haltungsbedingungen verbessern.

Der Lebensmitteleinzelhandel, also Lidl und Co., hat dabei einen besonders großen Einfluss auf die Mastbetriebe, von denen die Supermärkte Tiere beziehen. Aldi, Bünting, Globus, Tegut und Norma sind zum Glück bereits an Bord der Masthuhn-Initiative. Auch Rewe wäre bereit dazu, wenn andere große Unternehmen mitziehen. Mehr als 300.000 Menschen aus ganz Europa fordern Lidl daher auf, sich anzuschließen. Doch Lidl weigert sich bislang, diesen wirkungsvollen Schritt europaweit zu gehen.

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