Kaninchen sind bewegungsfreudige, gesellige Tiere mit einem komplexen Sozialverhalten. In freier Wildbahn leben sie in Kolonien, bestehend aus bis zu drei Männchen, mehreren Weibchen und deren Jungtieren, wobei für jedes Geschlecht eine eigene Rangordnung besteht. Häufig suchen Kaninchen die Nähe ihrer Artgenossen, z. B. indem sie sich eng aneinanderschmiegen, in Körperkontakt ruhen oder gegenseitige Fellpflege betreiben. Außergewöhnliche Fähigkeiten besitzen sie hinsichtlich der Gestaltung ihres Lebensraums: Über mehrere Generationen hinweg graben die Weibchen weit verzweigte Erdhöhlen mit bis zu 150 Röhren und bis zu 110 Kammern, in denen die Kaninchengruppe vor Feinden geschützt ist. Erst in der Dämmerung kommen die Kaninchen aus ihrem Bau hervor, um mit der Suche nach Nahrung (Gräser und Kräuter) zu beginnen. Droht ihnen Gefahr, dann trommeln freilebende Kaninchen mit den Hinterläufen auf den Boden, um ihre Artgenossen zu warnen und die rechtzeitige Flucht in den Bau zu ermöglichen. »Mastkaninchen« in Intensivtierhaltung leben dagegen in engen Käfigen, d. h. in einer artfremden Umgebung, in der sie keine Versteckmöglichkeiten, geschweige denn Platz zur ausreichenden Bewegung haben.
Leben in der Kaninchenmast

Kaninchen werden für unterschiedliche Zwecke genutzt: als Lieferanten von Fleisch, Pelz und Angorawolle, als Versuchstiere und als Heimtiere. EU-weit sind Kaninchen die am zweitmeisten landwirtschaftlich gehaltenen Tiere. In Deutschland wird die Kaninchenmast jedoch statistisch kaum erfasst. Nach Einschätzung von Expert:innen werden hierzulande rund 41.000 Tonnen Kaninchenfleisch im Jahr verbraucht, das entspricht rund 30 Millionen Kaninchen. Etwa zwei Drittel des Fleischs stammen aus privater Kaninchenhaltung, wo auch größtenteils privat geschlachtet wird. Das Fleisch wird im Eigenbedarf verbraucht oder in kleinem Rahmen selbst vertrieben. Aus der deutschen gewerblichen Erzeugung stammen etwa 15 % des hierzulande konsumierten Fleischs. Weitere 10 bis 20 % werden importiert, hauptsächlich aus China und Ungarn.
In der industriellen Kaninchenmast in Deutschland und der EU dominiert die Käfighaltung. Die Metallkäfige sind von allen Seiten einsehbar und bieten den Kaninchen keine oder nur wenig Rückzugs- oder Versteckmöglichkeiten. Der Boden besteht meist aus Metallgittern oder perforiertem Kunststoff und ist ohne Einstreu.
Gesetzliche Vorgaben zur Haltung von Kaninchen »zu Erwerbszwecken« gibt es in Deutschland erst seit 2014. Sie sind im Abschnitt 6 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutzt) festgehalten. In den Käfigen werden die Tiere in der Regel in Gruppen gehalten. Einzelhaltung ist theoretisch nur in Ausnahmefällen erlaubt (»wenn gesundheitliche oder verhaltensbedingte Gründe bei einem Kaninchen dies erfordern«). Das vorgeschriebene Platzangebot für »Mastkaninchen« ist stufenweise geregelt:
- für das erste bis vierte Kaninchen 1.500 cm² Bodenfläche
- für das fünfte bis zehnte Kaninchen 1.000 cm²
- für das elfte bis 24. Kaninchen 850 cm²
- ab dem 25. Kaninchen 700 cm²
Das heißt zum Beispiel: Wenn sechs Kaninchen in einem Käfig gehalten werden, muss das Platzangebot 4 * 1.500 + 2 * 1.000 cm² = 8.000 cm² (also 0,8 m²) betragen. Dazu müssen den Kaninchen abgedunkelte Bereiche und erhöhte Flächen von mindestens 300 cm² zur Verfügung gestellt werden. »Zuchtkaninchen« steht etwas mehr Platz und weiblichen »Zuchttieren« mit Jungtieren außerdem eine Nestkammer zu. Wirklich gut bewegen kann sich jedoch keines der Kanichen in den Käfigen.
Für kaninchenhaltende Betriebe in Deutschland, die vor dem 11. August 2014 genehmigt oder in Benutzung genommen worden sind, gilt sogar noch eine Übergangsfrist zur Umsetzung einiger der in der TierSchNutzt festgelegten Platzvorgaben bis zum 11. Februar 2024. EU-weite gesetzliche Regelungen für die Haltung von Kaninchen gibt es dagegen gar nicht. Neben Deutschland haben lediglich noch Ungarn, die Niederlande, Belgien und Italien entsprechende Gesetze.
Da bei der konventionellen Kaninchenfleischerzeugung die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht, müssen die Tiere in möglichst kurzer Zeit ein möglichst hohes Gewicht erreichen. Dies wird erzielt, indem den Kaninchen besonders energiereiches Futter in Form von trockenen Pellets verabreicht wird. Zudem werden spezielle Kaninchenzüchtungen − sogenannte Hochleistungshybride − eingesetzt, die darauf angelegt sind, die gewünschten Leistungsmerkmale zu zeigen: ein schnelles Wachstum, »gute« Fleischqualität und die Ausbildung möglichst großer Fleischpartien im Vorder-, Rücken- und Schenkelbereich. Das weiß gefärbte ZIKA-Kaninchen des Zuchtbetriebs Zimmermann Kaninchen GbR ist ein solcher Hybrid, der in Deutschland vielfach genutzt wird. Das gewünschte Endmastgewicht von 2,6 und mehr Kilogramm erreichen intensiv gemästete Kaninchen ab einem Alter von 84 Lebenstagen, was bedeutet, dass die Tiere fast noch als Jungtiere geschlachtet werden.
Zurückdrängung der Grundbedürfnisse der Kaninchen

Zu den Grundbedürfnissen von Kaninchen zählen Bewegung (Hoppeln, Springen, Rennen, Hakenschlagen), Nahrungssuche und -aufnahme, Körperpflege, vielfältige soziale Aktivitäten, das Ruhen und Komfortverhalten an von oben geschützten Orten, das Ausschauhalten nach Feinden auf erhöhen Plätzen und/oder durch vollständiges Aufrichten, die Flucht in unterirdische sichtgeschützte Bereiche sowie das Gestalten der eigenen Umgebung, z. B. durch das Graben von Höhlen.
In der Käfighaltung wird das Ausleben der meisten Grundbedürfnisse stark oder vollständig unterdrückt.
a) Nahrungssuche
Unter naturnahen Lebensbedingungen verbringen Kaninchen viele Stunden täglich mit der Nahrungsaufnahme. Über den Tag verteilt nehmen sie bis zu 80 kleine Futterportionen aus rohfaserreicher Nahrung wie z. B. Gras auf. Dies ist erforderlich, um den Nahrungsbrei vom Magen in den Dünndarm zu befördern (die Magenmuskulatur ist beim Kaninchen nur schwach entwickelt). Da in der konventionellen Mast jedoch aus Kostengründen auf den Zusatz von strukturreichem Futter verzichtet wird, kann es bei den Tieren zu einer instabilen Darmflora und somit leicht zu (manchmal tödlich endenden) Magen-Darmerkrankungen kommen.
Der Beschäftigungsmangel durch das ständig verfügbare »Fast Food« kann zudem zu Verhaltensstörungen wie stereotypen Verhaltensmustern (Gitternagen, Belecken der Stalleinrichtung, exzessives Scharren in den Käfigecken) und übersteigertem Putzverhalten mit Haarverlust und Ruhelosigkeit führen.
b) Ruheverhalten

Kaninchen ruhen bevorzugt in Gruppen. Dabei begeben sie sich lang ausgestreckt in die Seiten- oder Bauchlage oder in Bauchlage mit angezogenen Läufen. Zum entspannten Ruhen benötigen Kaninchen sowohl eine erhöhte Liegefläche oder einen abgedunkelten, von oben geschützten Rückzugsbereich als auch einen bequemen Boden (vorzugsweise mit Einstreu ausgestattet) – Einstreu ist in der herkömmlichen Käfighaltung in der Regel nicht vorhanden. Bei Tieren in Käfighaltung ist daher deutlich seltener ein entspanntes Liegen zu beobachten. Tiere, die auf Gitterböden gehalten werden und denen jegliche Ausweichmöglichkeiten fehlen, nehmen unnatürliche Liegepositionen ein, um die Pfotenunterseiten zu schonen.
c) Sozialverhalten
Für ein gesundes und arttypisches Sozialverhalten brauchen Kaninchen die Möglichkeit zu Nähe und Distanz, d. h. die Gelegenheit des gezielten Aufsuchens eines Artgenossen und des zeitweiligen Rückzuges voneinander. So sind rangniedere Tiere unter natürlichen Lebensbedingungen etwa stets darum bemüht, beim Essen genügend Abstand zu den ranghöheren Gruppenmitgliedern einzunehmen. In den Käfigen der kommerziellen Kaninchenhaltung können sich, aufgrund des Zusammenlebens auf engstem Raum, gehäuft aggressive Auseinandersetzungen zwischen den Kaninchen ergeben, die sich mit dem Erreichen der Geschlechtsreife gegen Ende der Mast verschärfen. Hierbei kann es zu Verletzungen sowohl der männlichen (Hodenbisse) als auch der weiblichen Tiere (Bisswunden an den Ohren) kommen. Die unnatürlich hohe Aggressivität kann bei rangniederen Tieren sozialen Stress auslösen, der wiederum mit einer höheren Anfälligkeit gegenüber Magen-Darm-Parasiten einhergehen kann.
Körperliche Leiden und Schäden der Kaninchen
In der Intensivtierhaltung erfahren Mastkaninchen regelmäßig die folgenden Schmerzen, Leiden und Schäden, die in erster Linie infolge der artwidrigen Haltungsbedingungen (z. B. eingeschränkte Bewegungsfreiheit, Haltung auf Gitterboden) entstehen:
- Knochenschwäche, schmerzhafte Knochenbrüche
- Störungen in der Bewegungskoordination bis hin zum Verlust der Hoppelfähigkeit
- Technopathien (z. B. wunde Läufe = Pododermatitis, Wirbelsäulenverkrümmungen, Sohlengeschwüre, Knochengewebshypoplasie)
- Fütterungsbedingte Erkrankungen (z. B. Kokzidiose)
- diverse Infektionskrankheiten

Die in der kommerziellen Kaninchenhaltung häufig kursierenden Infektionskrankheiten, deren Verbreitung unter anderem durch mangelnde Stallhygiene, offene Wunden oder die Haltung der Tiere auf zu engem Raum begünstigt wird, können bei Kaninchen tödlich enden. Insbesondere infektiöse Erkrankungen des Verdauungstraktes (wie akute Dysenterie, diphtheroide Dünndarmentzündung, Clostridien-Enterotoxämie) zählen zu den Hauptursachen von starken Verlustraten innerhalb der konventionellen Mastbestände. Die Abgangsraten (Tiere, die vor der Schlachtung sterben) bei Mastkaninchen sind mit 20-30 % sehr hoch.
Schlachtung der Kaninchen
In Deutschland werden nach Schätzungen der Welternährungsorganisation (FAO) jedes Jahr etwa 22 Millionen Kaninchen geschlachtet (Stand 2013). Betäubt werden sie bei der industriellen Schlachtung am häufigsten per Elektrobetäubung und etwas seltener auch über die Bolzenschussmethode: Bei der Elektrobetäubung werden dem Kaninchen Elektroden am Kopf angesetzt und es wird Strom durch das Gehirn geleitet. Dies führt zu einer schweren Störung der Gehirnfunktionen ähnlich einem epileptischen Anfall. Bei der penetrierenden Bolzenschussmethode wird mit einem Bolzenschussgerät auf den Kopf des Kaninchens gefeuert, wobei ein Bolzen das Schädeldach des Kaninchens durchschlägt. Hierbei kommt es zu einer schweren Gehirnerschütterung und einer mechanischen Zerstörung von Teilen des Gehirns. Neben diesen beiden Methoden sind auch ein Schlag durch einen nicht penetrierenden Bolzenschuss auf das Schädeldach sowie ein stumpfer Schlag zur Betäubung erlaubt.
Nach ihrer Betäubung werden die Tiere mit den Hinterläufen in eine Förderkette eingehängt, die sie zu den verschiedenen Schlachthofstationen befördert: Zunächst werden sie der Reihe nach entblutet, indem ihnen entweder die Halsschlagader durchschnitten oder der Kopf abgetrennt wird. Danach folgen das Abziehen des Fells, das Abschneiden der Pfoten und die Entnahme der inneren Organe. Abschließend werden die Tiere in die handelsüblichen Teilstücke Rücken, Brust und Keulen zerteilt.
Generell kann es vorkommen, dass die Betäubung fehlerhaft durchgeführt wird und die Tiere dadurch große Schmerzen und Leiden erfahren. Wird etwa das Bolzenschussgerät an der falschen Stelle angesetzt, so verletzt der Bolzen lediglich die Augen- oder Nasenhöhle − das Tier wird jedoch nicht betäubt und erlebt diese Verletzung bewusst mit. Ist die Stromstärke bei der Elektrobetäubung zu niedrig eingestellt, führen die Stromstöße nicht zur sofortigen Ausschaltung der Gehirnfunktionen und verursachen starke Schmerzen. Im Fall einer falsch ausgeführten Betäubung oder einer zu späten Durchführung der Entblutung – die Betäubung hält nur etwa eine Minute an − sind die Kaninchen noch bei Bewusstsein, während sie mit dem Kopf nach unten aufgehängt werden und ihnen der Kopf abgeschnitten wird.
Vermeidbarkeit und Forderungen
Um das Leid der Kaninchen möglichst gering zu halten, müssen in der konventionellen Mastkaninchenhaltung zumindest die folgenden Änderungen eingeführt werden:
- kein Einsatz von zur Hochleistung gezüchteten Tieren
- Verringerung der Besatzdichte (zur Ermöglichung von artgemäßem Sozialverhalten und von Bewegungsfreiheit)
- Ausstattung des Stallbodens mit trockener Einstreu (zur Ausübung artspezifischer Bewegungsabläufe und Einnahme von Liegepositionen)
- Bereitstellung von ausreichenden abgedunkelten Rückzugs- und Versteckmöglichkeiten in Form von erhöhten Ebenen und Hütten (zum Ausleben vom Fluchttrieb und sozialen Verhaltensweisen)
Darüber hinaus fordert die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt das Verbot der Käfighaltung von Kaninchen. Die artgemäße Haltung von Kaninchen in Käfigen (auch in »ausgestalteten« Käfigen) ist unmöglich, da dabei Einschränkungen des natürlichen Bewegungs- und Sozialverhaltens und, damit verbunden, Schäden und Leiden verursacht werden. Junge Kaninchen haben spontane und intensive Bewegungsschübe und zeigen zudem im Freilauf andere Bewegungen als in Buchten oder Käfigen. Demnach empfiehlt sich die Umstellung auf Bodenhaltung oder noch besser auf (mobile) Freilandhaltung. Hierbei ist darauf zu achten, dass eine Strukturierung des Raums in Funktionsbereiche (Futter-, Aufenthalts- und Ruhe-/Rückzugsbereich) gegeben ist und die Gruppengröße auf ein für die Tiere erträgliches Maß (bis zu 30-40 Tiere pro Gruppe) reduziert bleibt, sodass unter den Tieren weniger Aggressionen auftreten.
Die momentan in den kommerziellen Kaninchenmastanlagen herrschenden Bedingungen, wie sie oben beschrieben werden, widersprechen den Gedanken von § 2 Nr. 1 und Nr. 2 des Tierschutzgesetzes, nach denen Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen gehalten werden sowie die Möglichkeit der Tiere zur artgemäßen Bewegung nicht so eingeschränkt werden dürfen, dass ihnen Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden.
Was können Sie tun?
- Essen Sie kein konventionelles Kaninchenfleisch, wenn Sie nicht zu den oben beschriebenen Zuständen beitragen möchten. Leider ist auch das Ausweichen auf Produkte aus Biohaltung oder privater Erzeugung nicht automatisch eine gute Lösung, da auch in diesen Haltungsformen Kaninchen häufig unter schlechten Bedingungen leben und sterben müssen und zudem auch hier letztlich das ethische Problem des unnötigen Tötens bestehen bleibt.
- Sie suchen Informationen oder eine Einstiegshilfe zu einer tierfreundlicheren Ernährung? Dann schauen Sie doch mal bei unserer Vegan Taste Week vorbei und melden Sie sich zum kostenlosen Newsletter an.
- Helfen Sie uns bei unserem Kampf gegen die schlimmsten Zustände in der Intensivtierhaltung.