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Geisternetze: Tödliche Fallen

Wie Wesen aus einer anderen Welt treiben Tausende von ihnen in den Meeren und werden zur tödlichen Falle für jeden, der ihnen zu nah kommt: Sogenannte Geisternetze bedrohen die maritime Tierwelt und fördern das Sterben der Ozeane.

25.000 verlorene Netze pro Jahr

Tagtäglich sterben unzählige Meeresbewohner in Fischernetzen, welche zum Beispiel bei Stürmen über Bord gegangen sind. Einer Studie der Welternährungsorganisation FAO aus dem Jahr 2016 zufolge gehen allein in den europäischen Meeren jährlich schätzungsweise 25.000 Netze mit einer Gesamtlänge von 1.250 Kilometern verloren. Dies hat dramatische Folgen für Wale, Haie, Delfine, Fische, Seevögel und andere Lebewesen.

Hat sich ein Tier einmal in einem Geisternetz verfangen, ist die Chance gering, dass es sich selbst befreien kann. Der Todeskampf kann sich über Stunden, wenn nicht gar Tage hinziehen. Selbst Meeresriesen wie Pottwalen werden die Netze mitunter zum Verhängnis: So starb im Sommer 2019 eine Walmutter zusammen mit ihrem Kalb im Mittelmeer. Sie hatte vermutlich versucht, ihr Junges aus den Fängen eines Netzes zu befreien.

Die Netze mit den toten oder sterbenden Tieren locken Raubtiere an. Die größeren von ihnen laufen nicht nur Gefahr, sich selbst in den Netzen zu verfangen, sondern die Beute mitsamt des Netzes zu verschlingen. Immer wieder stranden Wale, in deren Mägen neben Plastiktüten und anderem Müll auch Fischernetze gefunden werden.

Dolly Ropes

Ein weiteres Problem sind sogenannte »Dolly Ropes«. Das sind dünne Kunststoffseile, die an die Unterseite von Grundschleppnetzen gebunden werden. Sie sollen dafür sorgen, dass der Fang und das Netz vor Steinen und grobem Sand geschützt werden. Bis zu 25 % der 100 Tonnen Seil, die jährlich benutzt werden, reißen bestimmungsgemäß ab. Die Seile gelangen an die Meeresoberfläche und werden dann häufig von Vögeln zum Nestbau verwendet. Dies führt jedoch nicht selten dazu, dass sich sowohl die Nachkommen als auch bereits ausgewachsene Vögel in den Seilen verstricken und/oder sich mit ihnen strangulieren.

Mikroplastik

Die Geisternetze tragen zudem erheblich zur Vermüllung der Meere bei: Über eine Million Tonnen des Plastikmülls stammt schätzungsweise aus der Fischerei, das sind 10 % des gesamten Abfalls in den Ozeanen. Die zumeist aus Kunststoff gefertigten Netze brauchen bis zu 600 Jahre, bis sie sich zersetzen. Doch auch damit ist ihre Gefahr nicht gebannt: Die Netze werden zu Mikroplastik, welches sich in Lebewesen, vom kleinsten Meeresbewohner bis hin zum Menschen, anreichern kann. Mikroplastik enthält Zusatzstoffe, die teilweise hormonverändernd und krebserregend sind. Die gesundheitlichen Folgen von Mikroplastik für den Menschen sind noch nicht abschließend geklärt.

 

Bergung ist Aufgabe der Politik

Da die Entsorgung von Fischereigeräten in den Meeren laut EU-Gesetz verboten ist, sind Fischer:innen dazu verpflichtet, die Netze zu bergen. Ist die Bergung nicht möglich, muss die zuständige Behörde des jeweiligen Staates unterrichtet werden. Doch in Deutschland fehlt sowohl die staatliche Erfassung abhandengekommener Netze als auch ein funktionierendes Bergungssystem. Einige Organisationen haben sich deshalb das Ziel gesetzt, Geisternetze ausfindig zu machen und zu bergen. Ohne deren vorherige Meldung ist das jedoch eine extrem aufwendige Prozedur.

Visch statt Fisch

Der Verzehr von Tieren aus dem Meer fördert zwangsläufig das Vorkommen von Geisternetzen. Warum auch Aquakulturen keine gute Alternative sind, erfahren Sie hier.

Wer den Geschmack von Fisch und anderen Meerestieren nicht missen möchte und einen guten Omega-3-Lieferanten sucht, kann auf Algen zurückgreifen – der Kreativität bei der Zubereitung sind dabei keine Grenzen gesetzt. Wie wäre es zu Beispiel mal mit einem veganen Matjessalat oder Jakobsmuscheln ohne Muscheln?

(lp)

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