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Bundestagswahl: Wen würden Tiere wählen?

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Wie steht es wirklich um den Tierschutz in Deutschland und wie soll es nach der Bundestagswahl im September weitergehen? Kurz vor Beginn der heißen Wahlkampfphase lud das Bündnis für Tierschutzpolitik* Politiker:innen verschiedener Bundestagsfraktionen dazu ein, über die Zukunft der Tierhaltung zu diskutieren.

Bei der Podiumsdiskussion am 3. Juni sprachen Alois Gerig (Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, CDU), Dr. Gero Hocker (Sprecher für Landwirtschaftspolitik, FDP), Renate Künast (Sprecherin für Ernährungs- und Tierschutzpolitik, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Susanne Mittag (Tierschutzbeauftragte, SPD) und Dr. Kirsten Tackmann (Sprecherin für Agrarpolitik, DIE LINKE) über ihre Ideen für eine effektive Tierschutzpolitik. Nachfolgend haben wir den Abend für sie kurz zusammengefasst. Einen Mitschnitt der gesamten Diskussion finden sie oben eingebettet.

Das System der Gewalt hinterfragen

Die Theologin und Philosophin Dr. Simone Horstmann eröffnete den Abend mit einer eindrücklichen Rede zum heutigen Mensch-Tier-Verhältnis. Ihre These: Die Argumente, mit denen unsere Gesellschaft das Sterben anderer Lebewesen gleichgültig betrachte und sich gar eine »Tötungsindustrie« leiste, hätten quasi-religiöse Züge. So würde zum Beispiel das Töten von Tieren noch immer zu einer unhinterfragbaren Notwendigkeit verklärt, obwohl es Alternativen gebe. Horstmann betonte: Eine wirkliche Tierschutzpolitik dürfe daher nicht bloß auf eine Feinregulierung des Systems hinarbeiten. Sie müsse sich grundlegend die Frage stellen, ob unsere Gesellschaft diese Gewalt wirklich brauche und wie ein gemeinsames Leben von Menschen und Tieren stattdessen aussehen könnte.

Nach diesem Denkanstoß führte die Autorin und Journalistin Dr. Tanja Busse durch den Abend und fühlte den anwesenden Politiker:innen zu den brennendsten Tierschutzfragen auf den Zahn.

Landwirtschaftliche Tierhaltung: Borchert und gut?

Gleich zu Beginn der Diskussion standen die Pläne des »Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung« (auch »Borchert-Kommission« genannt) zum Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung im Fokus der Diskussion. Sowohl Susanne Mittag als auch Renate Künast stuften die Vorschläge der Kommission als viel zu lasch ein. Dr. Kirsten Tackmann kritisierte, dass die gesamte Wertschöpfungskette zur Verantwortung gezogen werden müsse. Dr. Gero Hocker warnte indes davor, deutsche Tierschutzgesetze zu verschärfen, weil dann Importe aus Ländern mit viel geringeren Tierschutzstandards zunehmen würden. Er plädierte stattdessen dafür, die Probleme auf europäischer Ebene zu lösen.

Weitere Diskussionspunkte zur Landwirtschaftspolitik waren die Verantwortung der Verbraucher:innen und des Handels, die Last der Umstellung für die Landwirt:innen sowie das Thema Qualzucht.

Tiertransporte: Wer, wie lange und wohin?

Tiertransporte über lange Strecken schienen allen Politiker:innen ein Dorn im Auge, wobei die Forderungen unterschiedlich stark ausfielen. Während Gerig lediglich lange Transporte sogenannter Schlachttiere kritisierte und Dr. Hocker strengere Kontrollen forderte, sprach sich Renate Künast für ein generelles Verbot von Transporten in Drittländer aus.

Viel Einigkeit, wenig Ergebnisse

Beim Thema Tierversuche waren sich die Politiker:innen einig, dass Alternativen gefördert werden müssen. Alois Gerig meinte sogar, er kenne keinen Politiker, der nicht für eine Reduktion von Tierversuchen sei. Auch den Handel mit »Wild«- und »Heimtieren« sahen alle Anwesenden kritisch. Die Frage sei, wie man diesen am besten regulieren könne. Ebenso müsse die Qualzucht sogenannter Heimtiere unterbunden werden.

Angesichts dieser Einigkeit fragte Moderatorin Dr. Tanja Busse, warum es bei diesen Themen nicht bereits schneller vorangehe. Deutlich wurde zudem, dass in Gesellschaft und Politik nach wie vor unterschiedliche Maßstäbe für »Heimtiere« und sogenannte Nutztiere gelten.

Insgesamt wurden die unterschiedlichen Positionen der Parteien und die Differenzen bei der Ausgestaltung einer zukünftigen Tierschutzstrategie trotzdem deutlich. Dass es es in Sachen Tierschutz noch viel zu tun gibt, das sahen alle geladenen Politiker:innen. Wir sind gespannt, wer den Worten am Ende auch Taten folgen lassen wird. Die grundsätzliche Notwendigkeit der Tiernutzung – wie eingangs von Dr. Horstmann gefordert – hinterfragte leider niemand aus der politischen Runde konsequent. Auch wenn von Renate Künast, Susanne Mittag und Dr. Kirsten Tackmann immerhin Kritik an einer wirtschaftlich geprägten Sicht auf Tiere zu vernehmen war.

* Das Bündnis für Tierschutzpolitik sind folgende Organisationen:

Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt

Bund gegen Missbrauch der Tiere e. V.

Bundesverband Tierschutz e. V.

Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e. V.

PROVIEH e. V.

VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz

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