Bewertung der Tierschutzgesetz-Reform
Seit einiger Zeit steht fest, dass das deutsche Tierschutzgesetz reformiert wird. In den Medien wird teilweise sogar von einem »neuen Tierschutzgesetz« gesprochen. Doch was wird wirklich neu bzw. strenger geregelt? Leider nicht sehr viel: Die ohnehin schon verbotenen routinemäßigen Amputationen bei sogenannten Nutztieren sollen nun tatsächlich abgeschafft werden (mit großzügigen Übergangsfristen), es gibt kleine Verschärfungen beim Thema Qualzucht, der Schenkelbrand bei Pferden wird verboten – und das war es dann auch fast schon. Lesen Sie unseren ausführlicheren Überblick, um mehr zu erfahren.
Bei der Frage, wie diese Veränderungen zu werten sind, gibt es zunächst einen einfachen und sogleich zuverlässigen Indikator: Wie reagieren die Lobbyverbände der Agrarindustrie?
Bauernverband bleibt entspannt
Ein besorgniserregendes Signal ist, dass die offizielle Stellungnahme des Deutschen Bauernverbands (DBV) zur Reform des Tierschutzgesetzes sehr kurz und gelassen ausfällt. Auf weniger als zwei Seiten verkündet der DBV, dass er mit drei Punkten nicht einverstanden ist: Mehr staatliche Kontrolle lehnt der DBV ab (man kontrolliere sich doch schon selbst so gut), er findet es nicht in Ordnung, dass die Ferkelkastration ein Jahr früher verboten werden soll als es ihm lieb ist (2017 statt 2018) und er sieht im geplanten Verbot des Schenkelbrands ein opportunistisches Opfer an den Zeitgeist.
Auffallend ist, dass der Bauernverband nicht auf die Verschärfungen bei der Qualzucht eingeht. Das liegt daran, dass die zuständige Ministerin Aigner hier vor allem nur ein Ausstellungsverbot überzüchteter Haustierrassen plant. Masthühner und Puten, die unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen, Schweine, deren Herzen schnell versagen und Kühe mit übergroßen (und ständig entzündeten) Eutern werden also nach dem Willen der Ministerin weiterhin den massentierhalterischen Alltag prägen.
Tierschützer nehmen Stellung
Da wir Zweifel haben, wie ernsthaft und ergebnisoffen die Stellungnahmen der Tierschutzorganisationen wirklich geprüft werden, haben wir uns lieber auf unsere Kampagnenarbeit konzentriert, statt eine ausführliche Stellungnahme zu verfassen. Nichtsdestotrotz wissen wir es zu schätzen, dass sich andere Organisationen dieser undankbaren Aufgabe stellen. Als wegweisend ist die 29-seitige Stellungnahme der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) zu nennen. Die DJGT zerlegt die schwachen Formulierungen des Reformvorschlags präzise in ihre Einzelteile und legt sachlich dar, wie die neuen Paragraphen wirklich lauten müssten, um Tierleid zu reduzieren.
Darüber hinaus zählt die DJGT auf, welche dringenden Regelungen im Gesetzesentwurf fehlen und begründet deren Notwendigkeit: Vom verfassungsmäßig gebotenen Verbandsklagerecht über das Wildtierverbot in Zirkussen bis hin zum Verbot des sexuellen Missbrauchs von Tieren weist die Reform nämlich etliche Lücken auf. Wer über juristisches Grundwissen verfügt, wird außerdem die Stellungnahmen der DJGT zu den Veränderungen für die Versuchstiere in Gesetz und Verordnung lesenswert finden.
Fazit: selber machen!
Wer noch darauf zählt, dass die aktuelle Bundesregierung Maßgebliches für die Tiere bewegen wird, wird anlässlich des geplanten Tierschutzgesetz-Reförmchens mal wieder enttäuscht. Echten Tierschutz müssen wir daher nach wie vor selber machen. Der beste uns bekannte Weg dafür ist es, sich tierfreundlich zu ernähren und entsprechende Überzeugungsarbeit dafür zu leisten. Und genau dafür haben wir die Selbst-Wenn-Broschüre entwickelt. Warten Sie also nicht auf die Politiker:innen, sondern nehmen Sie die Dinge selbst in die Hand: Bestellen Sie am besten noch heute einige Exemplare und verteilen Sie sie an Freunde und Bekannte oder einfach auf der Straße!