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Bald Wiesenhof-Fleisch aus Zellkulturen?

Der größte deutsche Geflügelzüchter und -verarbeiter, die PHW-Gruppe, investiert neuerdings in tierleidfreies Fleisch, sogenanntes Clean Meat. Der Mutterkonzern von Wiesenhof erwarb eine Minderheitsbeteiligung an dem israelischen Start-up SuperMeat. Dieses arbeitet daran, Fleisch aus tierlichen Muskelzellen im Labor zu züchten.

»Superfleisch« – Fleisch aus Zellkulturen

Für Clean Meat werden Tieren – im Fall von SuperMeat ausschließlich Hühner – Muskelzellen schmerzfrei entnommen. Nährlösungen und elektrische Reize regen sie an, sich zu vermehren und zu einem Gewebe heranzuwachsen. Die Technologie dahinter wird seit Jahren verwendet, um Herzklappen, Hautgewebe oder Ohrmuscheln im Labor zu züchten.

SuperMeat will explizit Tierleid vermeiden. Das Start-up vermehrt seine Zellen mithilfe einer rein pflanzlichen Nährlösung, dies ist bei anderen Unternehmen zum Teil noch nicht der Fall. »100 Prozent Fleisch, 0 Prozent Tierleid«, so der Slogan des Unternehmens.

Der erste Durchbruch auf dem Gebiet des »Kulturfleischs« gelang 2013. Damals stellte der niederländische In-Vitro-Forscher Dr. Mark Post den ersten Hamburger aus Zellkulturen-Rindfleisch vor. Inzwischen liefern sich eine Handvoll Unternehmen weltweit einen Wettlauf, Fleisch aus Zellkulturen auf den Massenmarkt zu bringen. SuperMeat will mit der Hilfe von PHW in drei Jahren erste marktreife Produkte entwickelt haben und an Restaurants liefern.

In fünf bis acht Jahren im Supermarkt

Für sein Großprojekt hat SuperMeat nach eigenen Angaben zuletzt 3 Millionen US-Dollar aus aller Welt gesammelt. Die Beteiligung von PHW dürfte das Kapital noch einmal deutlich erhöhen – über die genaue Summe wurde Stillschweigen vereinbart. Der deutsche Geflügelkonzern will das Start-up zudem in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Positionierung am europäischen Markt beraten.

SuperMeat-Geschäftsführer und -Mitbegründer Ido Savir ist sich sicher: »Diese Partnerschaft wird es uns ermöglichen, eine revolutionäre neue Generation schmackhafter, nachhaltiger Fleischprodukte in ganz Europa und darüber hinaus auf den Markt zu bringen«. Dieses Ziel will er bereits in fünf bis acht Jahren erreicht haben. Der Preis für das »Superfleisch« soll sich dann kaum von dem für konventionelles Geflügelfleisch unterscheiden.

Umdenken in der Fleischbranche?

Mit PHW/Wiesenhof beteiligt sich eines der größten Unternehmen in der deutschen Lebensmittelbranche an dieser Zukunftstechnologie. Zur PHW-Gruppe gehören circa 700 Aufzuchtbetriebe, 8 Schlachtereien und 5 Brütereien in ganz Deutschland. Pro Woche schlachtet die PHW-Gruppe rund 4,5 Millionen Hühner. Zusätzlich ist sie eine der führenden Anbieterinnen von Tierfutter und Impfstoffen für Tiere. Wiesenhof war in der Vergangenheit mehrfach durch Tierschutzverletzungen aufgefallen. Das hielt das Unternehmen aber nicht davon ab, ein kleines Sortiment an veganen Fleischalternativen einzuführen.

PHWs Investition in Zellkulturfleisch könnte sich als äußerst vorausschauend entpuppen. Schließlich wird immer deutlicher, dass das globale Wachstum der Fleischproduktion allein schon wegen immer knapper werdender Ressourcen nicht beliebig fortführbar ist. Hinzu kommt – zumindest aus vielen reichen Ländern – ein wachsender gesellschaftlicher Druck gegen Massentierhaltung & Co.

Andere Fleischkonzerne sehen in der Nachfrage nach Alternativen zum herkömmlichen Fleisch ebenfalls einen wichtigen Trend. Insgesamt begrüßen wir es sehr, wenn sich Fleischkonzerne nicht auf das Töten von Tieren festlegen, um Umsatz und Gewinn zu erwirtschaften.

Eine tier- und umweltfreundliche Alternative

Auch die Umwelt kann davon profitieren: Aktuelle Untersuchungen gehen davon aus, dass die Umstellung auf Fleisch aus Zellkulturen deutlich weniger Land als die »Produktion« von konventionellem Fleisch verbrauchen und viel weniger Treibhausgase freisetzen würde. Der Wasserverbrauch ist zudem geringer als bei der Haltung von Rindern, Schafen und Schweinen. Einzig der Stromverbrauch ist noch sehr hoch, da die Bioreaktoren bislang einen hohen Energiebedarf haben.

Dies merkt etwa auch das Karlsruher Institut für Technologie an, das zu den Auswirkungen von »In-vitro-Fleisch« forscht, wie Fleisch aus Zellkulturen gleichfalls genannt wird. Dort sieht man allerdings ebenfalls die Chancen: »In Zukunft könnte In-vitro-Fleisch jedoch vielleicht helfen, Probleme zu lösen, die unser Fleischkonsum im Hinblick auf eine wachsende Weltbevölkerung, den Klimawandel und Tierschutz bedeutet«.

Die Mehrzahl der Deutschen möchte bisher weiterhin Fleisch essen, wünscht sich aber weniger Tierqual, wie auch der aktuelle Ernährungsreport des BMEL bezeugt. Wenn diese Mehrheit zukünftig auf Fleisch aus Zellkulturen zurückgreift, wäre das ein großer Fortschritt für Tiere, Umwelt und Klima. Eine Umfrage der Karlsruher Forscher ergab, dass die Mehrheit der Befragten dem Zellkulturfleisch nicht abgeneigt wäre.

Unser Fazit

Die Vorstellung, bald Fleisch aus Zellkulturen im Supermarkt zu kaufen oder im Restaurant zu bestellen, wird immer realistischer. Für Menschen, die weiterhin Fleisch essen möchten, könnte das eine gute Alternative sein.

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