Umweltbundesamt zu Fleisch: »umsteuern«
Zum Ende des vergangenen Jahres veröffentlichte das Umweltbundesamt (UBA) den Bericht »Daten zur Umwelt – Ausgabe 2015. Umwelt, Haushalte und Konsum«. Darin wird aufgezeigt, wie sich die Bereiche »Wohnen«, »Mobilität« und »Ernährung« auf die Umwelt auswirken. Wir fassen nachfolgend die wichtigsten Aussagen zur Ernährung zusammen.
Besonders negativ laut Umweltbundesamt: Produktion und Konsum von Fleisch
Laut UBA-Bericht verursachen »Produktion und Konsum von Nahrungsmitteln in Deutschland bis zu 30 Prozent aller Umweltwirkungen«. Als »besonders negativ« werden dabei der »Konsum nicht saisongerechter Produkte sowie Nahrungsmittelverluste und -abfälle« bewertet, aber auch »ein hoher Verzehr von tierischen Produkten, insbesondere Fleisch«. Problematisch ist dabei der hohe Verbrauch von Ressourcen wie Fläche und Wasser sowie der hohe Ausstoß von Treibhausgasen.
Fläche
Die Verfasser:innen des Berichts stellen zusammenfassend fest, dass über die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche, die wir in Deutschland für die Erzeugung unserer Nahrungsmittel benötigen, für den Anbau von Futtermitteln genutzt wird – und somit letztlich zur Herstellung von Fleisch, Milch und Eiern. Im Jahr 2013 wurden dafür in Deutschland 9,85 Mio. Hektar Fläche genutzt, im Ausland 3,86 Mio. Hektar. Damit ist dem Bericht zufolge die Flächenbelegung für Futtermittel im Inland zwischen den Jahren 2000 und 2013 zwar um 2,4 % gesunken, im Ausland jedoch im selben Zeitraum um 19,7 % gestiegen.
Als problematisch wird die aktuelle Flächennutzung für Futtermittel v. a. aus zwei Gründen bewertet:
Zum einen wird darauf hingewiesen, dass die verfütterten Mengen an Getreide und Soja »rein rechnerisch genug Nahrungsmittelenergie [enthalten], um drei Milliarden Menschen zu versorgen.« Über den Umweg der Tierfütterung und des -konsums gehe ein Großteil dieser Energie allerdings verloren, da diese von den Tieren selbst (für den Aufbau und Erhalt ihrer Körperfunktionen) verbraucht wird.
Zum anderen wird angedeutet, dass insbesondere die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen im Ausland mit »der Rodung und Abholzung des Regenwaldes und der Savannen« sowie mit »weitreichenden Umweltbelastungen« in Verbindung steht. Auch auf »soziale Auswirkungen wie Landflucht und Hunger« macht das Umweltbundesamt in diesem Zusammenhang aufmerksam. Was speziell die Umweltbelastungen betrifft, so verweist der Bericht aber auch auf einen hierzulande fragwürdigen Trend: Immer mehr Wiesen und Weiden werden in Ackerland umgewandelt, um darauf Futtermittel und Energiepflanzen anzubauen. Dies geschieht vornehmlich in »Regionen mit intensiver Tierhaltung«. Als mögliche, gravierende Folgen davon werden »Artenverlust, Nitratauswaschung [ins Grundwasser], Treibhausgas-Emissionen und Erosionsgefahr« benannt.
Wasser
Mit Blick auf die Ressource »Wasser« macht der Bericht des Umweltbundesamts deutlich, dass Deutschland prinzipiell über genügend Wasser für seine Nahrungsmittelherstellung verfügt. Über den Import von landwirtschaftlichen Produkten wird jedoch noch weiteres Wasser aus anderen, oft wasserärmeren Ländern importiert, das für den dortigen Anbau oder die Herstellung von Produkten benötigt wurde – sogenanntes »virtuelles Wasser«. Zwar exportiert Deutschland mit seinen pflanzlichen und tierlichen Produkten auch Wasser, doch der Bericht zeigt auf, »dass Deutschland erheblich mehr virtuelles Wasser importiert als exportiert«.
Hervorgehoben wird hinsichtlich des Wasserverbrauchs folgendes Beispiel: Für »die Herstellung eines einzigen Kilogramms Rindfleisch [werden] rund 17.871 Liter Wasser benötigt. Das entspricht rund 110 vollen Badewannen für fünf Rindersteaks.« Außerordentlich bedenklich erscheint dieses Beispiel vor dem Hintergrund des steigenden Futtermittelanbaus im Ausland und dem Hinweis des UBA auf wasserärmere Länder.
Treibhausgase
Für das Themenfeld »Treibhausgas-Emissionen« zeigt der Bericht mitunter auf, dass im Jahr 2012 insgesamt 54,6 Mio. Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente für Methan und Lachgas anfielen. 38,9 Mio. Tonnen davon können allein dem Inlandsverbrauch von Fleisch, Wurst, Milch und Milcherzeugnissen zugerechnet werden. Zur Erklärung: Methan-Emissionen entstehen ausschließlich in der Tierhaltung im Zuge des Verdauungsvorgangs von Wiederkäuern (Rindern und Schafen) und durch die Lagerung und Ausbringung von Mist und Gülle. Lachgas-Emissionen entstehen u. a. aus der Düngung mit mineralischen Stickstoff- und Wirtschaftsdüngern etwa beim Anbau von Futtermitteln. Zu betonen ist dabei, dass gerade Methan und Lachgas als besonders klimaschädlich gelten: So sei Methan »auf hundert Jahre bezogen ca. 25-mal und Lachgas […] sogar 298-mal klimawirksamer als Kohlendioxid«.
»Wir müssen umsteuern«: politisch wie individuell
Das Umweltbundesamt hält in seinem Bericht letztlich fest, »dass für die Erzeugnisse tierischen Ursprungs wie Fleisch und Milchprodukte und Eier mehr Fläche und Wasser erforderlich sind und durch sie mehr Treibhausgas-Emissionen verursacht werden als durch Erzeugnisse pflanzlichen Ursprungs.«
Auf Basis dieses Befunds empfiehlt das Umweltbundesamt u. a. der Bundesregierung, eine »Vorreiterrolle bei der Transformation des Ernährungssystems« einzunehmen. Als ein wesentliches Ziel wird dabei die »Reduzierung des Verbrauchs tierischer Produkte, insbesondere Fleisch« angegeben. Um dies zu erreichen, schlägt das UBA eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für »umwelt- und klimaschädliche Produkte und Verfahren« vor. Auch »Bildungs- und Beratungsmaßnahmen zur Förderung des nachhaltigen Konsumverhaltens« oder auch Maßnahmen »zur Entwicklung von Speiseplänen mit reduziertem Angebot tierprodukthaltiger Speisen« sind laut Bericht denkbar.
Angesichts einer erst kürzlich veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL), aus der u. a. hervorgeht, dass »bei vier von fünf Befragten […] mehrmals die Woche Fleischprodukte auf den Tisch« kommen, sind die Forderungen und Empfehlungen des Umweltbundesamts mehr als zu begrüßen. Ob und wie schnell die Politik allerdings tatsächlich tätig werden wird, bleibt abzuwarten. Umso wichtiger erscheint es, dass zunehmend mehr Menschen auch ohne politische Offensiven auf individueller Ebene damit beginnen, den pflanzlichen Anteil in ihrer Ernährung u. a. für die Umwelt zu erhöhen: Steuern auch Sie jetzt gemeinsam mit uns um.