Umweltbehörden kritisieren Tierhaltung und Tierprodukte
In den vergangenen Tagen haben zwei Bundesbehörden mit bemerkenswerten Äußerungen auf sich aufmerksam gemacht. Das Bundesumweltministerium weist auf die starke Nitratbelastung des Grundwassers durch die industrielle Tierhaltung hin. Das Umweltbundesamt fordert sogar eine höhere Mehrwertsteuer auf tierliche Produkte.
Höhere Mehrwertsteuer auf Milch und Fleisch
Das Umweltbundesamt (UBA) setzt sich dafür ein, die Mehrwertsteuerbegünstigung für tierliche Produkte zu streichen. Derzeit werden Tierprodukte nur mit 7 statt 19 % belegt. Das Amt begründet seinen Vorstoß damit, dass Milch und Fleisch deutlich klimaschädlicher sind als pflanzliche Lebensmittel. Die Produktion von einem Kilo Rindfleisch verursacht laut UBA zwischen sieben und 28 Kilo Treibhausgase, während Obst oder Gemüse mit weniger als einem Kilo zu Buche schlagen.
Eine Verringerung des Konsums von Tierprodukten wäre vor diesem Hintergrund höchst sinnvoll und könnte über eine Preissteigerung erreicht werden. Das so eingenommene Geld könne laut der Präsidentin des UBA, Maria Krautzberger, genutzt werden, um etwa pflanzliche Lebensmittel günstiger oder öffentliche Verkehrsmittel preislich attraktiver zu machen. Beides käme der Umwelt zugute.
Laut einer aktuellen Studie des UBA gehören die Mehrwertsteuer-Erleichterungen für Tierprodukte zu den »umweltschädlichen steuerlichen Subventionen«. Das Amt beziffert sie auf 5,2 Milliarden Euro. »Deutschland verpflichtet sich auf internationaler Ebene zu mehr Klimaschutz. Gleichzeitig honorieren wir im eigenen Land klimaschädliches Verhalten mit Steuergeldern«, kommentiert UBA-Präsidentin Krautzberger.
Unsere Stiftung hatte bereits 2015 gemeinsam mit dem Bund für Vegane Lebensweise (BVL) ähnliche Mehrwertsteueranpassungen gefordert wie jetzt das UBA. Insofern freuen wir uns ganz besonders über diesen Vorstoß.
Umweltministerium gegen Gülle-Flut
Weitere deutliche Kritik am Status quo hat in den vergangenen Tagen zudem das Bundesumweltministerium (BMUB) geäußert. Das BMUB will gegen die Überdüngung in der Landwirtschaft vorgehen, die zu einem Großteil auf die Massentierhaltung zurückzuführen ist.
Eins der größten Probleme bei der Überdüngung ist, dass Gülle sehr nitrathaltig ist. In seinem aktuellen Nitratbericht zeigt das Ministerium auf, dass sich die Nitratbelastung im Grundwasser im Vergleich zum vormals betrachteten Zeitraum (2008 bis 2011) kaum verbessert hat. 28 % aller untersuchten Messstellen überschreiten demnach den zulässigen Grenzwert von 50 mg Nitrat pro Liter. Die hohen Werte wurden vor allem in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, im Norden Sachsen-Anhalts sowie in Teilen Nordrhein-Westfalens festgestellt – also in Regionen mit intensiver Tierhaltung.
Jochen Flasbarth, Staatssekretär im BMUB, sieht die Landwirtschaft in der Pflicht: »Wir haben viel zu hohe Düngereinträge aus der Landwirtschaft in die Gewässer. Während wir aus den kommunalen Gewässern oder auch aus der Industrie beispielsweise große Fortschritte erzielt haben, haben wir aus der Landwirtschaft eben immer noch diese hohen Einträge.«
Strafandrohung der EU
Gelangt zu viel Gülle in den Boden, können die Pflanzen das darin enthaltene Nitrat nicht aufnehmen, weshalb es ins Grundwasser gelangt. In der Folge muss das Wasser aufwendig und kostenintensiv aufbereitet werden, damit es als Trinkwasser genutzt werden kann. Das im menschlichen Körper zu Nitrit umgewandelte Nitrat könnte sonst gesundheitliche Schäden anrichten.
Da Deutschland schon seit langem mit zu hohen Nitratwerten auffällt, hatte die EU-Kommission die Bundesrepublik im November 2016 wegen Verstößen gegen die EU-Nitratrichtlinie verklagt. Sollte eine Verurteilung folgen, drohen Deutschland Strafzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe. Um dies abzuwenden, soll noch in den kommenden Wochen ein neues, strengeres Düngegesetz verabschiedet werden.
Begrüßenswerte Entwicklung
Die kritischen Stellungnahmen von Umweltministerium und Umweltbundesamt sind aus unserer Sicht sehr positiv zu bewerten. Sie zeigen, dass in wichtigen Bundesbehörden die industrielle Tierhaltung sowie der Tierproduktkonsum als bedeutsame Stellschrauben zentraler Umweltprobleme erkannt wurden. Wir begrüßen diese Vorstöße und werden dabei helfen, weiteren Druck auf die politischen Entscheidungsträger aufzubauen.