UBA: Umweltschäden durch die Landwirtschaft
In seiner gerade erschienenen Jahrespublikation »Schwerpunkte 2017« beschäftigt sich das Umweltbundesamt (UBA) intensiv mit Umweltproblemen, die von der Landwirtschaft verursacht werden. Dabei erklärt die Behörde, wie sich Gülle, Mist, Pflanzenschutzmittel und Hormone auswirken – und dass ein Umsteuern dringend erforderlich ist.
Anhaltende Nitratverunreinigungen im Grundwasser
Das UBA zeigt zunächst auf, weshalb die wachsende Güllemenge auf deutschen Feldern bedenklich ist. Dabei spielen vor allem die darin enthaltenen Stickstoffverbindungen – insbesondere Nitrat und Ammoniak – eine Rolle.
Nitrat, das unter bestimmten Bedingungen in gesundheitsschädigendes Nitrit umgewandelt wird, landet über die Felder auch im Grundwasser: Ein Viertel des Grundwassers in Deutschland überschreitet den Grenzwert für Nitrat bereits. Diese anhaltenden Nitratverunreinigungen führten 2015 sogar zu einer Klage der EU-Kommission gegen Deutschland. Die daraufhin überarbeitete deutsche Düngegesetzgebung enthält laut UBA zwar gute Ansätze – »doch der Weg zu einem umweltverträglichen Umgang mit den Nährstoffen in der Landwirtschaft ist noch weit.« Das UBA fordert deshalb eine wirksamere Gesetzgebung. Eine weitere Möglichkeit sei auch, den Tierbestand zu verringern. Sollte nichts unternommen werden, müsse letztlich die Gesellschaft für die Kosten der Umweltschäden aufkommen, etwa wenn es um die aufwendige Entfernung des Nitrats aus dem Wasser geht. Dem UBA zufolge könnte das Trinkwasser dann in bestimmten Regionen um ein Drittel bis fast die Hälfte teurer werden.
Ammoniak-Emissionen steigen und steigen
Ammoniak wird von der Landwirtschaft ebenfalls in großer Menge freigesetzt. Es schädigt nicht nur Pflanzen, sondern führt auch zu Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen beim Menschen. Außerdem fördert es die Erderwärmung und damit den Klimawandel. Dem UBA zufolge ist die Landwirtschaft in Deutschland für etwa 95 % des Ammoniaks in der Luft verantwortlich – der größte Anteil stammt aus der Rinderhaltung.
Deutschland hat sich in einer EU-Richtlinie zwar dazu verpflichtet, die Ammoniak-Emissionen bis 2030 um 29 Prozent unter den Wert von 2005 zu senken Derzeit ist aber nicht mal ein Ende des Emissionsanstiegs in Sicht: Wurden 2005 noch 678.130 Tonnen Ammoniak freigesetzt, waren es 2015 schon 759.000 Tonnen.
Hormone: ein unvertretbares Risiko
Weiterhin äußert sich das UBA in seinem Bericht äußerst kritisch zu dem Einsatz von Hormonpräparaten in der Tierhaltung. Als Beispiel führt es das Mittel Altrenogest an. Landwirte verabreichen ihren »Zuchtsauen« dieses Präparat, um deren Sexualzyklen zu synchronisieren und so die Betriebsabläufe besser planen zu können. Durch die Ausscheidungen der Tiere gelangen Spuren des Präparats auch in unsere Gewässer. Wie Untersuchungen des UBA zeigen, verringern bereits geringste Konzentrationen die Fruchtbarkeit von Fischen. Jungfische hatten außerdem deutlich geringere Überlebenschancen. Das UBA spricht aus diesen Gründen bei dem Präparat Altrenogest von einem »unvertretbaren Risiko für die Umwelt«. Dennoch zieht die EU-Kommission die Zulassung nicht zurück. Die Begründung: Es gebe keine wirtschaftliche Alternative.
Pflanzenschutzmittel gefährden Artenvielfalt
Auf den Feldern wirkt sich nicht nur die verteilte Gülle negativ aus – auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hat bedenkliche Folgen. Das Hauptproblem dabei ist, dass die Mittel neben sogenannten Schädlingen auch Nützlinge töten – etwa Bienen oder Käfer. Pflanzenschutzmittel tragen somit zum Artensterben bei. Eine 2013 umgesetzte Richtlinie, die dem entgegensteuern sollte, hatte nach Angaben des UBA nur mäßigen Erfolg: »2014 wurden von den Bauern genauso viele chemische Wirkstoffe ausgebracht wie 2008. Dem UBA zufolge ist dabei gerade ein Verzicht auf Pflanzenschutzmittel die wirksamste Methode, um Risiken für die Umwelt zu umgehen. Unsere Anmerkung: Weniger Tierprodukte zu produzieren, reduziert auch den Bedarf an Futter (man benötigt weit weniger Pflanzen, wenn man sie direkt isst statt über den Umweg der Fleischproduktion). Deshalb würde sich auch hier eine Fleischreduktion positiv auswirken.
Ökologischer Landbau: Die Lösung?
Im Jahr 2002 hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, bis 2010 den Anteil der biologisch bewirtschafteten Agrarfläche bis 2010 auf 20 % zu steigern. Dies hätte sich positiv auf die Umwelt ausgewirkt, da der Ökolandbau auf chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel verzichtet. Das Ziel wurde jedoch verfehlt: 2015 lag der entsprechende Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche gerade einmal bei 6,3 %. Wenn man bedenkt, dass Deutschland der größte Markt für ökologisch produzierte Lebensmittel in Europa ist, kann man sich über diesen geringen Anteil nur wundern. Die Nachfrage ist dem UBA zufolge sogar so groß, dass die inländische Produktion nicht ausreicht. Zuletzt stammten beispielsweise 24 % des Bio-Getreides und 37 % der Bio-Milch aus dem Ausland. Dies läuft einem großen Vorteil des Ökolandbaus zuwider, der eigentlich regional wirtschaften will.
Das UBA weist in diesem Zusammenhang auf ein entscheidendes Problem hin: »Solange (...) die Marktpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse nicht der ökologischen Wahrheit entsprechen, haben ökologisch erzeugte Lebensmittel einen klaren Wettbewerbsnachteil.« Für einen fairen Wettbewerb müssten Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion selbst für die von ihnen verursachten Umweltkosten aufkommen, statt sie auf die Gesellschaft abzuwälzen. Ökologisch wirtschaftende Bauern sollten im Gegenzug für »positive Umweltleistungen« honoriert werden.
Fazit: Gesellschaft und Politik müssen umdenken
Das Umweltbundesamt macht mit seiner Jahrespublikation deutlich, dass die heutige konventionelle Landwirtschaft eine ernstzunehmende Belastung für die Umwelt darstellt. Ob Boden, Gewässer, Luft, Tiere oder menschliche Gesundheit – auf all diese Bereiche wirkt sie sich negativ aus. Das UBA weist jedoch auch darauf hin, dass im Grunde nicht die Landwirtschaft als solche die Verantwortung für diese Missstände trägt, sondern die Gesellschaft als Ganzes – schließlich entstehen die meisten Umweltschäden im legalen Rahmen. Dementsprechend müssen zunächst Politik und Gesellschaft umdenken, wenn die Landwirtschaft eine Trendwende vollziehen soll: »Unter welchen Rahmenbedingungen Landwirtschaft erfolgt, das gibt die Gesellschaft vor. (...) Jede Kritik an der Landwirtschaft ist daher letztlich Kritik an den politischen Entscheidungsträgern und uns allen.«
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