Minister Schmidt zu Qualschlachtungen
Das Landwirtschaftsministerium hat auf eine Petition der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt reagiert. »Die ernüchternde Antwort zeigt, dass vom Landwirtschaftsministerium derzeit keine größeren Anstrengungen zur Verbesserung der Schlachtbedingungen zu erwarten sind«, kommentiert Mahi Klosterhalfen, geschäftsführender Vorstand der Stiftung.
Qualvolle Betäubungsmethoden, die Schlachtung schwangerer Kühe und unmenschliche Arbeitsbedingungen – die Zustände in deutschen Schlachthöfen rücken immer wieder ins Zentrum der Kritik. Die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt hat sich daher mit einer Petition an Landwirtschaftsminister Christian Schmidt gewandt. Aus seinem Ministerium ist jetzt eine Antwort eingetroffen.
Einer der größten Missstände ist laut der Albert Schweitzer Stiftung die Betäubung mit Kohlendioxid, bei der Schweine und Geflügeltiere an Atemnot leiden und starke Abwehrreaktionen zeigen. Alternative Methoden werden schon lange erforscht. Die Einschätzung des Ministeriums: Es seien »noch keine praxistauglichen alternativen Gasbetäubungsverfahren für den breiten Einsatz verfügbar.« Die Betäubung mit Argon, die Studien zufolge weder Atemnot noch Abwehrreaktionen zur Folge hat, sei untauglich, da sie eine »schlechte Schlachtkörperqualität« bedinge. Auch Helium, das ebenfalls keine Abwehrreaktionen hervorruft, wird abgelehnt, da »die erforderlichen Mengen an Helium nicht sichergestellt werden können.« Und die Betäubung von Geflügeltieren im elektrischen Wasserbad, die aufgrund zahlreicher Fehlbetäubungen kritisiert wird? Hierzu gebe es »gegenwärtig keine wirtschaftlich tragfähige (…) Alternative«.
Die Antworten des Ministeriums legen nahe, dass es nicht bestrebt ist, die aktuellen Zustände aktiv zu verbessern: »Man verweist darauf, dass die Einhaltung der Tierschutzvorschriften dem jeweiligen Schlachthofbetreiber obliegen. Die Politik muss aber endlich selbst tätig werden und durchgreifen, anstatt Zuständigkeiten hin und her zu schieben«, kommentiert Mahi Klosterhalfen.
Das Ministerium setzt zumindest bezüglich der Schlachtung schwangerer Kühe erste Impulse und fordert in Brüssel ein EU-weites Verbot. Nach offiziellen Angaben werden jährlich 180.000 schwangere Kühe geschlachtet – die Kälber ersticken qualvoll im Mutterleib. »Die europäischen Mühlen mahlen langsam. Dass Minister Schmidt davor zurückscheut, schnell eine bundesweite Lösung voranzutreiben, ist enttäuschend«, sagt Klosterhalfen.
Gerade Werkvertragsnehmer in Schlachthöfen werden häufig bei wenig Lohn in überfüllten Sammelunterkünften untergebracht; Schichten von bis zu 13 Stunden und wenige oder fehlende Sozialleistungen sind keine Seltenheit. In seinem Antwortschreiben verweist das Ministerium diesbezüglich auf den seit August 2014 verbindlichen Mindestlohntarifvertrag. Ob dadurch wirklich grundlegende Verbesserungen der Bedingungen erreicht werden können, bleibt abzuwarten. Laut Medienberichten erhöht sich der Lohn für Werkvertragsnehmer meist lediglich auf dem Papier: Man reduziert die Arbeitszeit in den Verträgen, jedoch wird effektiv genauso lange gearbeitet wie zuvor.
Laut Albert Schweitzer Stiftung leiden unter den derzeitigen Zuständen in deutschen Schlachthöfen Mensch und Tier. Im Rahmen ihrer Petition »Qualschlachtungen stoppen!« hat die Stiftung knapp 40.000 Unterschriften gesammelt.