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Kritischer Agrarbericht 2014

Kritischer Agrarbericht 2014

Am 16.01. stellte das AgrarBündnis e.V. den Kritischen Agrarbericht 2014 vor. Diesjähriges Schwerpunktthema des von 77 Autoren verfassten, 47 Artikel liefernden und rund 300 Seiten starken Berichts: »Tiere in der Landwirtschaft«.

Sein Schwerpunktthema übergreifend und ergänzend, informiert der Kritische Agrarbericht 2014 zunächst vor allem auch über allgemeine agrarpolitische Entwicklungen. Aufgezeigt wird dabei u. a., dass die im vergangenen Jahr beschlossene, eher enttäuschende EU-Agrarreform doch auch insbesondere für Deutschland Chancen birgt, EU-Gelder für eine umwelt- und tierverträglichere bäuerliche Landwirtschaft einzusetzen. Positiv hervorgehoben wird zudem, dass mit der ebenfalls 2013 auf den Weg gebrachten Reform der EU-Fischereipolitik, der Ernennung eines grünen Agrarministers in Niedersachsen (Hochburg der Intensivtierhaltung) und dem Ruf einer inzwischen deutlichen Mehrheit der Bevölkerung nach einer Agrarwende äußerst zuversichtliche Bewegungen im agrarpolitischen Feld stattfinden.

Schwerpunkt: Tiere in der Landwirtschaft

Was das Schwerpunktthema des Agrarberichts betrifft, so geraten mitunter folgende Themen in den Blick: die gravierenden Folgen der intensiven Massentierhaltung für Umwelt, Mensch und Tier, der hohe Einsatz von Tierarzneimitteln (Antibiotika), Alternativen zum millionenfachen Töten männlicher Küken (Brüder der Legehennen) sowie die Kälberhaltung in Deutschland, die mit hohen Krankheits- und Todesraten einhergeht. Aber auch bisher eher stiefmütterlich behandelte Tierschutzthemen werden erfreulicherweise behandelt, wie die gentechnische Veränderungen und Patentierung von »Nutztieren«, eine bienenfreundliche Landwirtschaft und das Thema Fische, für deren Haltung in Aquakultur EU-weite Erzeugungsstandards u. a. beim Tierschutz gefordert werden.

Deutlich geht insgesamt aus dem Kritischen Agrarbericht hervor, dass die derzeit dominierende Form der Tierhaltung mit ihrer starken räumlichen Konzentration großer Tierbestände, den weiter steigenden Bestandsgrößen und den fortschreitenden Leistungssteigerungen erheblich zu Lasten der Tiergesundheit geht. Konsequenterweise gefordert werden daher vor allem die Verbesserung des Tierschutzgesetzes (u. a. Verbot von Tierverstümmelungen, wie z. B. die Amputation von Schnäbeln), die Förderung weniger intensiver Haltungsformen (z. B. finanzielle Förderung tiergerechterer Ställe; Zahlungen für Weide- und Mutterkuhhaltung) sowie Kennzeichnungspflichten für die Herkunft und Haltungsform der Tiere.

Tierproduktion und -konsum

Neben unerlässlichen Tierschutzforderungen tritt im Agrarbericht vor allem auch der Konsum von Tierprodukten hervor: Problematisiert wird dabei u. a. der global wachsende Fleischhunger mit seinem nicht länger tragbaren Einfluss auf den Klimawandel und die weltweite Ernährungssicherung. Deutlich gefordert wird vor diesem Hintergrund die Senkung des globalen Fleisch- und Milchkonsums, mit dem Hinweis darauf, dass »Staaten mit einem überdurchschnittlichen Konsumniveau […] dabei vorangehen« müssen. Zur Senkung des Fleischkonsums speziell in Deutschland werden verschiedene Möglichkeiten zur Beeinflussung der Fleischerzeugung und des -verbrauchs erörtert, wobei als Forderung an die Politik u. a. die Abschaffung der künstlichen Verbilligung von Fleisch über einen ermäßigten Steuersatz ergeht sowie die Schaffung höherer Arbeitslöhne in der Fleischproduktion, denn momentan stehen »überwiegend aus Osteuropa kommende und zu sklavenähnlichen Bedingungen arbeitende Werkvertragsarbeiter an den Fließbändern«.

Vegane Ernährung als Alternative

Als besonders erfreulich am diesjährigen Kritischen Agrarbericht kann die mehrfache Berücksichtigung der veganen Ernährung und des veganen Landbaus gelten: So wird hinsichtlich der aktuellen Debatte um eine Weiterentwicklung des Biolandbaus (»Bio 3.0«, »Organic 3.0«) darauf hingewiesen, dass die Biobranche die wachsende Zahl der Veganer nicht unbeachtet lassen und dem Vorbild einiger Biohersteller folgen sollte, die etwa bereits mit veganen Köchen kooperieren. Erwähnenswert sind außerdem die Beiträge des Autorenduos Franz-Theo Gottwald und Isabel Boergen, Vorstand und Mitarbeiterin der Schweisfurth-Stiftung, sowie von Konstantinos Tsilimekis, Leiter des Wissenschaftsressorts der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt:

Erstere erörtern aus ökologisch-bäuerlicher Sicht die Gründe für eine vegane Ernährungsweise und die Rolle landwirtschaftlich genutzter Tiere, mit dem Schluss, dass eine intensive Massentierhaltung zwar »weder ökologisch noch moralisch« vertretbar sei und der generelle Konsum tierischer Produkte »mindestens halbiert« werden müsse. Eine konsequente vegane Ernährung sehen die Autoren jedoch aus landwirtschaftlichen und ernährungssichernden Gründen eher als individuelle Entscheidung, denn als gesamtgesellschaftlich »sinnvoll« an.

Konstantinos Tsilimekis wählt bezüglich des massenhaften Konsums von Tieren und Tierprodukten einen anderen Ansatz: So rückt er nicht die eher theoretisierende Frage in den Mittelpunkt, ob eine letztlich weltweit umgesetzte vegane Ernährung nebst bio-veganem Landbau möglich wäre oder nicht. Stattdessen weist er u. a. darauf hin, dass es zwischen den Vertretern einer ökologisch-bäuerlichen und den Vertretern einer veganen Ausrichtung hinsichtlich der agrarindustriellen Behandlung von Tieren in einem ersten Schritt vor allem darum gehen sollte, nach möglichst gemeinsamen Lösungsansätzen zur Senkung von Tierleid und -konsum zu suchen. Dabei sollte generell an einer ethischeren Behandlung von Tieren, an einer drastischen Reduzierung der Tierbestände und des Tierkonsums sowie in verstärkten Maßen an der Verbreitung pflanzlicher Ernährungsalternativen gearbeitet werden.

Kritischer Agrarbericht 2014: Ein empfehlenswerter Überblick

Mit dem Kritische Agrarbericht 2014 liegt ein hervorragender Überblick über aktuelle agrarpolitische Entwicklungen vor, der neben den genannten Themen auch noch weitere wichtige behandelt, wie z. B. das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU und die Tropenwaldzerstörung durch die gegenwärtige Agrarproduktion. In Sachen Tierschutz zeigt der Agrarbericht Missstände auf, aber auch Erfolge, wie die des Netzwerks »Bauernhöfe statt Agrarfabriken«, das in den vergangenen Jahren immer mehr Megaställe erfolgreich verhindern konnte und auch an wichtigen gesetzlichen Veränderungen im Bau- und Tierschutzrecht beteiligt war. Abschließend noch einmal gesondert hervorzuheben ist die verstärkte Berücksichtigung des Themas vegane Ernährung, die auch zukünftig weiter fortgeführt werden sollte.

Der vom AgrarBündnis e. V. herausgegebene Kritische Agrarbericht 2014 erschien im ABL-Verlag und kann hier bestellt werden. Das Vorwort des Berichts kann hier gelesen, das Inhaltsverzeichnis hier eingesehen werden.

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