Kampagne gegen die Kastenstandhaltung in Österreich
In Österreich ringen Tierschützer, Schweinezüchter und Landwirtschaftsministerium um Einschränkungen bei der Kastenstandhaltung von Schweinen. Bei dieser fast ausschließlich angewendeten Haltungsform werden Sauen vor und während der Schwangerschaft sowie nach der Geburt ihrer Ferkel (Abferkelgitter) in körpergroßen Käfigen gehalten, in denen sie sich praktisch nicht bewegen, geschweige denn ihre Grundbedürfnisse ausleben können.
Das österreichische Gesundheitsministerium veröffentlichte vor sieben Monaten einen Verordnungsentwurf, der die Kastenstandhaltung von Mutterschweinen, vor allem während der Säugezeit, stark einschränken würde. Allerdings hat das Landwirtschaftsministerium ein Vetorecht gegen jede neue Verordnung zum Tierschutzrecht und brachte nun einen Vorschlag ein, der keine wesentlichen Verbesserungen der Haltungsbedingungen vorsieht: Lediglich während der Trächtigkeit soll der Kastenstand zehn Tage statt bislang vier Wochen eingesetzt werden dürfen. Für diese Reduktion, die keinerlei Umbaumaßnahmen bei den Schweinehaltern erfordert, sei eine unerträglich lange Übergangsfrist von 25 Jahren eingeplant. Tierschutzverbände sehen in dem Vorschlag keine Diskussionsgrundlage für einen Kompromiss; sie fordern, dem schwedischen Vorbild zu folgen und die Kastenstände vollständig durch Laufbuchten zu ersetzen.
Schweden ist derzeit das einzige Land der EU, in dem Kastenstände sowohl während der Trächtigkeit als auch während der Säugezeit verboten sind. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Gegenargumente der Agrarlobby haltlos sind: In der freien Buchtenhaltung sterben nicht mehr Ferkel als in der Kastenstandhaltung, wenn den Muttersauen mindesten 5 m² Platz zur Verfügung gestellt wird. Prof. Bo Algers von der schwedischen University of Agricultural Science hat als Vorsitzender der Arbeitsgruppe der European Food Safety Authority zu Schweinen wissenschaftliche Stellungnahmen erarbeitet und zahlreiche Beiträge zum Thema Schweinezucht veröffentlicht. Im Rahmen einer 9-jährigen Untersuchung ist Prof. Algers zu Ergebnissen gekommen, die kaum verwundern: Er konnte anhand von Stresshormonmessungen belegen, dass Mutterschweine in den Kastenständen extrem leiden. Sie werden deutlich häufiger krank und auch der Geburtsvorgang dauert im Schnitt eine Stunde länger als bei Tieren in freien Buchten. Der angebliche Schutz der Ferkel vor ihrer eigenen Mutter ist wissenschaftlich nicht haltbar. Der eigentliche Zweck der Käfighaltung von Muttersauen liegt darin, so der Experte, noch mehr Schweine auf immer engerem Raum halten zu können.
Bis jetzt ist in ganz Europa die lebenslange Käfighaltung für Mutterschweine erlaubt. Ab 2013 tritt eine EU-Richtlinie in Kraft, die die maximale Zeit im Kastenstand auf 6 Monate pro Jahr einschränkt, was im Hinblick auf den Tierschutz immer noch als völlig unzureichend einzustufen ist. Schweden zeigt, dass ein Kastenstandverbot problemlos umsetzbar ist. Andere Länder, nicht nur Österreich, müssen sich ein Beispiel nehmen.
Details über die grausamen Bedingungen in der Sauenhaltung und der Schweinemast finden Sie in unserem Hintergrundartikel.