EU-Tierschutz: Käfige abschaffen
Die EU-Vorschriften zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlicher Haltung blieben bisher auf einem minimalen Niveau und weisen seit Jahrzehnten enorme Vollzugsdefizite auf. Daher begrüßt die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, dass die Europäische Kommission im Rahmen der Farm-to-Fork-Strategie die Überprüfung der gesamten EU-Tierschutzvorschriften in einem sogenannten Fitness Check begonnen hat. Gemeinsam mit weiteren Organisationen fordern wir die Kommission auf, die sieben betroffenen Verordnungen und Richtlinien grundlegend im Sinne des Tierschutzes und unter Berücksichtigung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu überarbeiten. In Artikel 13 ist festgelegt, dass Union und Mitgliedstaaten die Bedürfnisse von Tieren als fühlende Wesen in vollem Umfang zu berücksichtigen haben.
Dass die europäischen Tierschutzvorschriften weder dem AEUV noch wissenschaftlichen Erkenntnissen oder gesellschaftlichen Anforderungen genügen, zeigt beispielsweise ein aktuelles Ranking mit dem Titel »Wie nah sind wir einem käfigfreien Europa?«. In der gesamten EU fristen noch über 300 Millionen Schweine, Hennen, Kaninchen, Gänse, Enten, Wachteln und Kälber ihr Leben eingesperrt in Käfigen. In Deutschland betrifft das ca. 8,75 Millionen Tiere. Eine grausame und nicht akzeptable Praxis.
Das neue Ranking, vorgestellt im Rahmen der Europäischen Bürgerinitiative »End the Cage Age«, veranschaulicht, wie nah (oder fern) ein kompletter Ausstieg aus der Käfighaltung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten ist. Darüber hinaus erlaubt es Interessierten einen Tweet an die verantwortlichen Ministerinnen und Minister der Mitgliedstaaten zu senden und sie zum Einsatz gegen Käfighaltung aufzufordern.
Mahi Klosterhalfen, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung: »Die Akzeptanz der Gesellschaft dafür, wie in der Massentierhaltung mit Tieren umgegangen wird, nimmt immer mehr ab. Besonders Käfighaltung, egal für welche Spezies, ist nicht mit ernstgemeinten Tierschutz-Absichten vereinbar. Über 1,5 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger fordern im Rahmen von › End the Cage Age ‹ die Abschaffung der Käfighaltung. Die EU hat jetzt die Chance, endlich starke Tierschutz-Vorgaben zu schaffen, nicht nur gegen Käfige. Das wäre der richtige Impuls, um auch auf nationaler Ebene voranzukommen. Wir haben an der Bundesrats-Entscheidung zum Kastenstand wieder gesehen, dass Deutschland viel zu zögerlich ist, wenn es um die Abschaffung der Massentierhaltung geht. Im Käfig-Ranking liegt Deutschland zwar auf einem der vorderen Plätze, 15 % Käfighaltung bedeuten hierzulande aber Käfigleid für ganze neun Millionen sogenannte Nutztiere. Das sind deutlich mehr als in vielen anderen Ländern. Unsere Verantwortung ist also ungleich größer. Gerade jetzt, da Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft innehat.«
Im Jahr 2018 schloss sich die Albert Schweitzer Stiftung einem breiten Netzwerk von über 170 Tier-, Natur- und Verbraucherschutzorganisationen aus ganz Europa an, um mit vereinten Kräften die Europäische Bürgerinitiative »End the Cage Age« für ein Ende der Käfighaltung auf den Weg zu bringen. Der Erfolg der Kampagne zeigt deutlich, dass eine käfigfreie Zukunft eine Priorität für Menschen auf dem gesamten Kontinent ist und auch deshalb eine Priorität für die EU und nationale Regierungen sein sollte. Eine Überprüfung der EU-Tierschutzvorschriften ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung und muss endlich einen Paradigmenwechsel in der europäischen Tierhaltung herbeiführen.
Noch bis zum 29. Juli können EU-Bürgerinnen und Bürger sowie Interessengruppen ihre Rückmeldung zum vorgeschlagenen Fahrplan des Fitness Checks einreichen.