EU beschließt neues Gesetz zu Antibiotika
Am 25. Oktober stimmten die Abgeordneten des EU-Parlaments mit großer Mehrheit dem neuen EU-Tierarzneimittelgesetz zu (siehe unser voriger Artikel dazu). Es soll den Einsatz von Antibiotika in landwirtschaftlichen Betrieben einschränken und somit der Entstehung von Antibiotikaresistenzen vorbeugen.
Das neue Gesetz spricht eine deutliche Sprache: »Tierarzneimittel dürfen unter keinen Umständen dazu dienen, die Leistungsfähigkeit der Zuchtbetriebe zu erhöhen oder zum Ausgleich für schlechte Bedingungen in der Tierzucht eingesetzt werden«, heißt es in der Pressemitteilung des EU-Parlaments.
Folgende Änderungen bringt es mit sich:
- Prophylaktisch, also vorbeugend, ohne dass es Krankheitsanzeichen gibt, dürfen nur noch einzelne oder eine begrenzte Anzahl von Tieren mit Antibiotika behandelt werden. Und das auch nur dann, wenn sie ein hohes Infektionsrisiko haben und die möglichen Folgen einer Ansteckung schwerwiegend wären.
- Bei einer Erkrankung nur einzelner oder weniger Tiere wurde in der Vergangenheit oft gleich die gesamte Gruppe behandelt. Diese sogenannte metaphylaktische Behandlung ist nun nur noch dann erlaubt, wenn das Infektionsrisiko hoch ist und es keine Alternativen gibt.
- Generell müssen Tierärzt:innen die Verschreibung von Antibiotika gut begründen und die Behandlung darf nur über eine begrenzte Zeit erfolgen.
- Fleischprodukte, die in die EU importiert werden, müssen den neuen EU-Normen ebenfalls entsprechen. So dürfen neben Fleisch von prophylaktisch oder metaphylaktisch behandelten Tieren auch keine Produkte von Tieren importiert werden, bei denen Antibiotika genutzt wurde, um das Wachstum zu fördern. Innerhalb der EU ist letzteres bereits seit 2006 verboten.
- Die EU-Kommission wird eine Reihe Antibiotika bestimmen, die nur noch für Menschen genutzt werden dürfen.
- Darüber hinaus sieht die neue Verordnung einige Maßnahmen vor, um die Entwicklung neuer Antibiotika zu fördern.
Frist für die Länder bis zur Umsetzung
In einer weiteren Abstimmung stimmten die Abgeordneten dafür, dass vergleichbare Regelungen auch für Futtermittel gelten, die zur Behandlung der Tiere mit Antibiotika versetzt sind.
Der Einigung gingen mehrjährige Verhandlungen von Vertreter:innen des EU-Parlaments und der EU-Staaten voraus. Der Neuregelung wird demnächst noch der Rat der Mitgliedstaaten formell zustimmen. Die Staaten haben danach drei Jahre Zeit, die neuen Vorschriften umzusetzen.
Passend dazu forderte das Umweltbundesamt die EU-Mitgliedstaaten im November auf, konkrete Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Antibiotika in der Umwelt zu ergreifen. Die meisten Medikamentenwirkstoffe und resistenten Bakterien gerieten durch tierlichen Dünger auf Äcker und dann über Lebensmittel oder Gewässer zum Menschen.
Verdopplung der gefährlichen Infektionen
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht aktuell davon aus, dass in Europa, Nordamerika und Australien bis 2050 rund 2,4 Millionen Menschen durch multiresistente Bakterien sterben würden, wenn nichts unternommen werde. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) errechnete kürzlich, dass sich die Zahl der Infektionen mit resistenten Keimen in der EU von 2007 bis 2015 bereits fast verdoppelt hat. Im Jahr 2015 starben etwa 33.000 Menschen an resistenten Keimen, 8000 mehr als 2007.
Auch wenn die einzelnen Länder sich mit der Umsetzung bis 2021 Zeit lassen können, ist das neue Gesetz ein deutlicher Fortschritt zur Reduktion von Antibiotikaresistenzen. Wir begrüßen, dass es von Halter:innen innerhalb und außerhalb der EU fordert, die Gesundheit ihrer Tierbestände zukünftig stärker durch artgemäße Haltung und sorgfältige Pflege zu gewährleisten.
(jw)