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Den Dialog suchen: Einsatz beim Tollwood

Regelmäßig sind unsere Aktiven in ganz Deutschland unterwegs, um Menschen über Massentierhaltung zu informieren und sie für eine vegane Ernährung zu gewinnen. Wie es ist, im Outdoor-Einsatz auf Münchens großem, alternativen Stadtfestival »Tollwood« unterwegs zu sein, berichtet Jonas aus unserem Straßenkampagnen-Team.

Für die gute Sache

Das Tollwood gibt es seit 1988. Seit mittlerweile sieben Jahren sind jedes Jahr Ehrenamtliche der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt mit dabei. Meist sind sie als Kühe verkleidet, um im Namen der Tiere mit den Festivalgästen über Massentierhaltung zu sprechen. Annalena, Lena und ich sind für eine Woche aus Berlin angereist, um unsere Münchner Aktionsgruppe bei ihrem Einsatz zu unterstützen. Vor der Theresienwiese, auf der vor einigen Wochen auch das Oktoberfest stattfand, treffen wir Manfred, den Koordinator der Gruppe. Er begrüßt uns herzlich.

Unseren Material-Container teilen wir uns mit Kistenstapeln voller Stoffservietten. Mehrweg statt Einweg, wo immer es praktikabel ist – das Festival kommt seit einigen Jahren ohne Plastikgeschirr aus. Den Anspruch, sich im Großen wie im Kleinen für eine lebenswerte Zukunft einzusetzen, spiegelt auch das diesjährige Festivalmotto wieder: »Gut geht besser« – denn eine bessere Welt ist möglich, wenn wir nur wollen. Geschichten des guten Gelingens im Programm, Speisen ausschließlich aus Bio-Zutaten, grüner Strom und Anregungen zum positiven Handeln für die Gäste sollen diese Möglichkeit Realität werden lassen.

Hier kommen wir ins Spiel: Nachdem ich mein Kuhkostüm über Skiunterwäsche und Fleecejacke gezwängt habe und das Moving Board (ein Rucksack mit Fahne) auf dem Rücken sitzt, schnappen wir uns unsere Listen und ein paar Broschüren und machen uns auf. Unsere »Kuhherde« erregt einiges an Aufmerksamkeit, erntet neben ein paar erstaunten Blicken auch häufig freundliches Lachen. Wir verteilen uns und suchen das Gespräch mit den Festival-Besucher:innen.

»Seid ihr auch gegen die Massentierhaltung?«

Los geht's! Den Anfang finde ich nach wie vor am schwierigsten. »Seid ihr auch gegen die Massentierhaltung?«, frage ich zwei Personen, die gerade den Spruch »Massentierhaltung abschaffen!« auf meiner Rückenfahne lesen. Nach kurzem Zögern folgt ein fragendes »Jaa?« »Möchtet ihr etwas dagegen tun?«, entgegne ich. Daraus entwickelt sich ein kurzes Gespräch über den Zusammenhang von Massentierhaltung, Massenkonsum und über pflanzliche Ernährungsalternativen. Sie freuen sich über die Möglichkeit, selbst etwas verändern zu können, und tragen sich für unsere Woche gegen Massentierhaltung ein. Eine Woche lang werden sie von der Albert Schweitzer Stiftung einen Newsletter mit Tipps und veganen Rezepten erhalten.

So ist es tatsächlich oft: Die Menschen sind schon für unser Anliegen sensibilisiert, interessieren sich dafür, etwas zu verändern, und nehmen gerne die Gelegenheit wahr, die pflanzliche Küche auszuprobieren.

Eines der nächsten Gespräche läuft dann aber doch anders: Zuerst super aufgeschlossen merkt mein Gesprächspartner mittleren Alters bei pflanzlichen Alternativen auf: »Da reden wir ja über zwei verschiedene Dinge: Abschaffung der Massentierhaltung oder keine Tierprodukte, also vegan essen, das ist ja nicht das Gleiche. »Aber ob er da keinen Zusammenhang sähe? »Wir achten beim Fleisch sehr darauf, woher es kommt und haben unseren Bio-Metzger im Viertel.« Wir diskutieren länger, er bleibt hartnäckig. Gerade als ich das Gespräch beenden und mich bedanken möchte, fragt er: »Und wenn ich mich da jetzt eintrage, was passiert dann?« Einfach mal eine Woche lang ausprobieren, sich informieren. Und dann trägt er sich zu meiner Überraschung doch noch ein.

So sprechen wir im Verlauf der Woche mit vielen Menschen und machen ihnen ein Angebot. Manche antworten im Vorbeigehen, viele fragen nach. Ein paar Mal unterhalten sich Menschen in unserer Nähe auffällig laut darüber, wie lecker Schnitzel doch schmecken würden. Andere wollen schon unterschreiben, bevor ich ihnen erklärt habe, worum es geht. Mit zwei jungen Frauen unterhalte ich mich fast eine Viertelstunde: Sie sind gerade selbst in ihrer veganen Ausprobierphase, super motiviert und haben noch einige Fragen. Eine freundliche Vegetarierin besteht darauf, mir ihren gerade erworbenen Glühwein zu schenken.

Kalte Hände, aber warm um’s Herz

Zur Aufwärmpause geht es in den sogenannten »Hexenkessel«, eines der Livemusik-Zelte. Erst als ich sitze, merke ich, wie kalt meine Finger und Zehenspitzen geworden sind. Morgen nehme ich mir definitiv Handschuhe und ein paar Extrasocken mit! Ich tausche mich mit den anderen Aktiven über unsere Erfahrungen aus: Erstaunlich viele Menschen geben an, nur Bio-Fleisch zu kaufen oder vegetarisch zu leben, deutlich mehr als bei meinen letzten Aktionen in Berlin. Generell merken wir jedoch alle: das Tollwood-Publikum ist aufgeschlossen für das Thema pflanzliche Ernährung.

Wir beenden unseren Einsatz, als es gegen 20 Uhr richtig voll wird und immer mehr Besucher:innen anfangen, Glühwein oder Punsch zu trinken. Heute übernachten wir drei bei einer Aktiven aus München. Sie lässt es sich auch nicht nehmen, uns nach einem langen Tag zum selbstgekochten Drei-Gänge-Menü einzuladen. Und so klingt der Abend bei vietnamesischer Phở-Udon-Suppe, alkoholfreiem Rotwein und netten Gesprächen aus.

Wir sind sehr dankbar für diese wunderbare Gastfreundschaft und die tolle Zusammenarbeit mit den Festival-Veranstalter:innen. Beeindruckt hat uns der unermüdliche Einsatz der Aktionsgruppe, ihr seid super! Zurück bleibt das gute Gefühl, vielen Menschen dabei geholfen zu haben, ihre ethischen Grundsätze Schritt für Schritt in der eigenen Ernährung umzusetzen.

(jb)

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