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Deutsche wollen weniger Fleisch, mehr Tierschutz

Wie denken die Menschen in Deutschland zum Thema Fleischkonsum und Tierschutz? Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beauftragte für seinen mittlerweile vierten Ernährungsreport das Meinungsforschungsinstitut Forsa damit, rund 1.000 Bundesbürger:innen zu ihren Ess- und Einkaufsgewohnheiten zu befragen. Die Ergebnisse passen zu denen einer Greenpeace-Umfrage: Für die Umweltschutzorganisation fragte Emnid ebenso viele Deutsche nach ihren Vorsätzen im Hinblick auf den eigenen Fleischkonsum.

Zusammen betrachtet zeichnen die Aussagen der Befragten ein interessantes Stimmungsbild der Gesellschaft: Aktuell herrscht ein hohes Bewusstsein für ökologische, gesundheitliche und Tierschutz-Aspekte, sowohl in Bezug auf die eigene Ernährung als auch in Bezug auf die Produktion von Lebensmitteln. Wie sich dies auf den Umgang mit Tierprodukten auswirkt, haben wir uns genauer angesehen.

Das Bewusstsein ist da

Die meisten Menschen kennen gute Gründe dafür, ihren Fleischkonsum zu reduzieren und sind auch bereit dazu: Laut Greenpeace wollen 54 % der Befragten im Jahr 2019 weniger Fleisch essen. Menschen über 40, die diesen Vorsatz gefasst haben, sind dabei öfter auf die eigene Gesundheit bedacht. Jüngere sorgen sich eher um die Umwelt und 30-bis 49-Jährige am allermeisten um die Tiere. Aus der Umfrage des BMEL ergibt sich ein weiteres Motiv: 74 % aller Befragten gaben an, dass sie unter anderem die Verringerung des Fleischkonsums für geeignet halten, die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung zu gewährleisten. Besonders Unter-30-Jährige sehen hier Handlungsbedarf.

Mit 38 % ist die Zahl derer, die pflanzlichen Fleischersatzprodukten gegenüber aufgeschlossen sind, schon recht groß. Fleisch aus Zellkulturen (auch »Clean Meat«) zu kaufen, können sich immerhin 17 % vorstellen. Die Akzeptanz ist bei 14-bis 29-Jährigen deutlich größer als in anderen Generationen: 50 % der jüngeren Befragten würden pflanzliche Fleischalternativen und 32 % Fleisch aus Zellkulturen kaufen. Der Marktanteil dieser Produkte wird also voraussichtlich weiter wachsen.

Fleisch verliert an Bedeutung

Dass immer mehr Menschen Bedenken gegenüber dem Verzehr von Fleisch haben, lässt sich auch an den Zahlen des Deutschen Fleischer-Verbands ablesen: Demnach aß im Jahr 2017 jeder Mensch in Deutschland durchschnittlich 59,7 kg Fleisch. 2011 waren es noch 62,8 kg. Laut Ernährungsreport sinkt auch der Anteil derer, die täglich Fleisch- und Wurstwaren konsumieren: 2015 waren es 34 % der Befragten, 2018 nur 28 %. Allerdings ist der Anteil derjenigen, die täglich Milchprodukte konsumieren, gestiegen, er liegt bei 64 %. Als die Frage 2016 erstmals gestellt wurde, waren es 59 % der Umfrageteilnehmer:innen.

Immerhin essen 71 % der Befragten auch täglich Obst und Gemüse und 1 % gab gegenüber dem BMEL an, vegan zu leben. Der Anteil an Vegetarier:innen liegt sogar bei 6 %. Unter jüngeren Menschen ist er noch höher: Von den 14-bis-29-Jährigen leben bereits 11 % vegetarisch. An den jüngeren Generationen lässt sich erahnen, dass Fleisch in Zukunft weiter an Bedeutung verlieren wird.

Erwartungen an Landwirtschaft und Handel

Welche Erwartungen haben die Umfrageteilnehmer:innen an landwirtschaftliche Betriebe? Auch dies fragte das Bundesministerium. Hier nannten 70 % eine artgerechte Haltung der Tiere. 68 % erwarten zudem einen schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen, 54 % die Anwendung umweltschonender Produktionsmethoden und 37 % eine Verringerung von Emissionen in der landwirtschaftlichen Produktion. All diese Wünsche erfordern, dass zukünftig weniger Tiere gehalten und weniger Tierprodukte hergestellt werden.

An den Handel haben die Teilnehmer:innen beider Umfragen eine klare Botschaft: Tierschutz darf auch etwas kosten. 89 % der von Greenpeace Befragten sind bereit, für tierfreundlicher erzeugtes Fleisch auch mehr zu zahlen. Das Bundesministerium stellte die Frage konkreter: Wie viel mehr würden sie zahlen? Die Antworten sind deutlich: Wenn ein Kilogramm herkömmliches Fleisch 10 € kosten würde, wären 12 % der Befragten bereit, bis zu 12 € für ein Kilogramm aus tiergerechter Haltung zu zahlen. 50 % würden weitere 5 € zusätzlich zahlen und und immerhin 22 % wären bereit, das Doppelte zu zahlen.

Mehr Informationen gewünscht

Um sich für tiergerechtere Produkte entscheiden zu können, brauchen die Verbraucher:innen Informationen. 86 % der der vom BMEL Befragten finden daher Angaben zu den Haltungsbedingungen wichtig – das sind mehr als in den Jahren zuvor. 82 % interessieren sich zudem dafür, ob ein Produkt umweltfreundlich erzeugt wurde und 35 % finden Verpackungsangaben wichtig, die Auskunft darüber geben, ob Lebensmittel vegan oder vegetarisch sind.

Dementsprechend orientieren sich viele Menschen an den Angaben der Produzent:innen: 42 % achten bereits auf Tierwohllabel. Auf Bio-Siegel, bei denen viele Menschen ebenfalls davon ausgehen, dass die Tiere unter besseren Bedingungen lebten, achtet sogar die Hälfte aller Befragten. Gegenüber Greenpeace gaben zudem 81 % an, 2019 verstärkt auf Haltungskennzeichnungen achten zu wollen.

Das Bundesministerium arbeitet bereits an einem staatlichen Tierwohllabel. Insgesamt 80 % der für den Ernährungsreport Befragten halten ein solches Siegel für wichtig oder sehr wichtig, wenn es sicherstellt, dass Tiere besser gehalten werden, als es gesetzlich vorgeschrieben ist. Das staatliche Label werden die Produzent:innen freiwillig verwenden können, womit fraglich bleibt, wie viele Tiere davon letztlich tatsächlich betroffen sind; 85 % der von Greenpeace Befragten wünschen sich jedoch eine verpflichtende Kennzeichnung.

Unser Fazit: Ein deutlicher Handlungsauftrag

Der Mehrheit der Bundesbürger:innen sind die negativen Auswirkungen der Massentierhaltung und des Fleischkonsums bewusst. Sie wünschen sich eine deutlich bessere Tierhaltung und würden gerne weniger Fleisch essen. In ihrem Kauf- und Essverhalten sind erste entsprechende Tendenzen zu erkennen: Fleisch wird weniger gegessen, muss für die meisten nicht täglich auf den Tisch und besonders jüngere Generationen sind offen gegenüber Alternativen. Das ist eine Entwicklung, die sich in Zukunft verstärken dürfte.

Damit die Menschen in Deutschland bessere Entscheidungen für Tiere, Umwelt und die eigene Gesundheit treffen können, wünschen sie sich Informationen und ein verantwortungsvolles Handeln von den Verantwortlichen. Eine gesetzlich vorgeschriebene Haltungskennzeichnung und höhere Preise empfinden sie z. B. als geeignete Maßnahmen.

Die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt fordert von der Politik, diese Maßnahmen zügig umzusetzen. Darüber hinaus sollten Tierhalter:innen von Politik, Wirtschaft und Handel motiviert und darin unterstützt werden, zunehmend tierfreundlicher und nachhaltiger zu wirtschaften. Die Entwicklung von Fleischalternativen und eine pflanzliche Ernährung sollten grundsätzlich gefördert werden, z. B. indem vegane Gerichte in öffentlichen Einrichtungen angeboten werden.

Für Menschen, die sich schon jetzt – auf dem eigenen Teller – gegen Massentierhaltung entscheiden möchten, bieten wir zahlreiche Tipps und Rezepte in unserer Vegan Taste Week.

(jw)

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