Tierschützer in Österreich vor Gericht
In Österreich begann gestern ein Prozess gegen 13 Tierschützer:innen, denen teilweise keine konkreten Straftaten vorgeworfen werden. Trotzdem drohen ihnen bis zu fünf Jahre Haft.
Was sich derzeit in Österreich abspielt, klingt nach einem ausgemachten Justizskandal: Dreieinhalb Jahre wurde in der Tierschutzszene ermittelt. Den Höhepunkt bildeten nächtliche Hausdurchsuchungen von Polizeikommandos und eine rund 100-tägige Untersuchungshaft für zehn Tierschützer. Eine eigens gebildete Sonderkommission wollte Beweise für etliche Straftaten gefunden haben. Ab dann wurde es peinlich: Ein angeblich von Tierschützern abgefackelter Jagdstand entpuppte sich als von einem Jäger überhitzter Heizofen; aus Tarnanzügen und Spritzen bei fast allen Beschuldigten wurde ein einziger Tarnanzug und die Einwegspritzen von Tierpfleger:innen; angebliche Wurfgeschosse für Brandanschläge entpuppten sich als eine einzige Öllampe und aus Sägen, die angeblich zum Umsägen von Hochständen verwendet würden, wurden die Werkzeuge eines Angeklagten, der sein Haus mit Holz beheizt.
Wohl um die immensen Kosten der Überwachungen zu rechtfertigen, geht man gegen die Tierschützer:innen nun mit einem Paragraphen vor, der eigentlich verabschiedet wurde, um terroristische und mafiöse Strukturen aufzubrechen. Den Tierschützern wird vorgeworfen, im Sinne des § 278a des österreichischen Strafgesetzbuches eine kriminelle Organisation gebildet zu haben, die für die Rechte der Tiere kämpft.
Der Haken: Außer wenn man das Verschlüsseln von E-Mails als Straftat werten will, haben sich die Gründer der Organisation selbst anscheinend praktisch nichts zu Schulden kommen lassen. Sie sollen aber angeblich andere dazu inspiriert haben, Scheiben eingeschlagen, Autos beschädigt und Stinkbomben geworfen zu haben. »Mit solchen Konstrukten kann man für alle ungelösten Fälle Erklärungen finden, aber mit Rechtsstaatlichkeit hat das nicht mehr viel zu tun. Die Ermittler scheinen etwas zu viel Phantasie zu haben«, kommentiert Wolfgang Schindler, Rechtsanwalt und Präsident der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt.
Besonders zweifelhaft sind die Vorwürfe, weil mehrere der Angeklagten über lange Zeit zutiefst zerstritten waren, und so kaum auf die Idee gekommen sein dürften, gemeinsam eine kriminelle Organisation zu gründen.
So kritisiert dann auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International das Verhalten der österreichischen Beamten scharf: »Lästige Zivilgesellschaft und organisierte Kriminalität sind zwei Dinge, die sauber auseinander zu halten sind«, mahnt Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich.