Lebensmittelhändler im Vegan-Check

Unser Ranking der veganfreundlichsten Lebensmittelhändler geht in diesem Jahr in die vierte Runde. Das Ziel: Verbraucher:innen eine Orientierungshilfe bei der Suche nach pflanzlichen Alternativen bieten und Unternehmen dazu anregen, ihr veganes Angebot zu erweitern und zu verbessern. Dafür haben wir große Lebensmitteleinzelhändler unter die Lupe genommen und den Umfang ihres veganen Sortiments bewertet. Auch die Marketing- und Zukunftsstrategien der Unternehmen gingen in die Analyse ein. Das Ergebnis: Rewe und Globus belegen die Spitzenplätze bei den Vollsortimentern, während Aldi Süd und Lidl im Discounter-Segment überzeugen.

Hier können Sie unseren ausführlichen Reader zum Ranking herunterladen.

Die Ergebnisse im Überblick

In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach pflanzlichen Produkten enorm gestiegen. Unsere Untersuchung zeigt, dass der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) darauf mit einem vergrößerten Angebot in allen untersuchten Sortimentskategorien reagiert hat. Besonders bei Fleisch- und Fischalternativen, aber auch bei den Fertiggerichten gab es einen deutlichen Zuwachs an veganen Produkten. Bei den Milchalternativen sehen wir ebenfalls große Fortschritte, während sich bei Süßigkeiten, Backwaren, Snacks, Soßen und Dips ein sehr gemischtes Bild zeigt.

Erfreulich ist, dass viele Unternehmen im LEH mit ihren pflanzlichen Produkten nicht (mehr) nur die kleine vegane Zielgruppe fokussieren, sondern pflanzliche Lebensmittel für alle Kund:innen attraktiv machen wollen. Das spiegelt sich in den Marketingmaßnahmen einiger Unternehmen wider. Andere Unternehmen jedoch halten an veralteten Ideen fest und richten sich immer noch ausschließlich an die vegane Nische – oder aber legen überhaupt keinen Wert darauf, den Anteil tierischer Produkte in ihrem Sortiment zu senken.

Unser Fazit

Bei unserem ersten Ranking im Jahr 2015 hatte es für die ersten Plätze noch gereicht, in einigen Produktkategorien innovative vegane Produkte zu führen. Seitdem hat sich viel verändert. Heute gibt es bei Supermärkten und Discountern so viel pflanzliche Vielfalt wie nie zuvor. Diese Entwicklung begrüßen wir sehr.

Wir sind gespannt, wie sich das pflanzliche Angebot im Lebensmitteleinzelhandel in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird. Klar ist, dass die Unternehmen sich nicht auf ihrem bisherigen Sortiment ausruhen dürfen, sondern das große Potenzial pflanzlicher Produkte nutzen müssen, um nicht hinter die Konkurrenz zurückzufallen.

Das Ranking im Detail

Ergebnisse der Supermärkte

Platz 1: Rewe

Rewe hat sein Sortiment pflanzlicher Produkte deutlich ausgebaut, sodass es jetzt einen verhältnismäßig großen Anteil am Gesamtsortiment ausmacht. In den Kategorien, in denen das Unternehmen 2019 noch schwach positioniert war, ist es mittlerweile führend. Rewe ist insbesondere bei den Fleisch- und Milchalternativen gut bis sehr gut aufgestellt und hat sein Angebot beispielsweise bei Fertiggerichten, Käsealternativen und Speiseeis stark erweitert. Auch bei Strategie und Marketing konnte Rewe punkten. Bei Soßen, Snacks und einigen Convenience-Kategorien gibt es weiterhin Nachholbedarf.

Globus war in unserem letzten Ranking nicht dabei und steigt direkt auf Platz 2 ein. Das Unternehmen ist in allen Sortimentskategorien vorne mit dabei, jedoch machen pflanzliche Produkte bei Globus im Vergleich den kleinsten Anteil am Gesamtsortiment aus. Das wirkt sich negativ auf die Punktzahl aus, denn wir sehen Unternehmen in der Verantwortung, bei einer so großen Produktpalette auch eine entsprechend breite pflanzliche Auswahl anzubieten. Nachholbedarf hat Globus zudem bei Strategie und Marketing rund um vegane Produkte.

Kaufland hat im Vergleich zu unserem letzten Ranking zwei Plätze gutgemacht und seinen Sortimentsausbau konsequent vorangetrieben. Bei Fertiggerichten ist Kaufland mittlerweile vergleichsweise gut aufgestellt und bei Milchalternativen und Snacks befindet sich das Unternehmen im soliden Mittelfeld. Allerdings sehen wir noch deutlichen Nachholbedarf bei den Fleischalternativen. Wir bemängeln außerdem, dass pflanzliche Produkte nur einen verhältnismäßig geringen Anteil am Gesamtsortiment ausmachen. Verbesserungspotenzial sehen wir auch bei Strategie und Marketing.

Famila Nordost hatte 2019 noch den ersten Platz unseres Rankings belegt. In diesem Jahr reicht es jedoch nur für den vierten Platz, da die Konkurrenz mittlerweile besser aufgestellt ist. Insbesondere bei Fleisch- und Milchalternativen hat Famila viel aufzuholen. Bei Strategie und Marketing fielen einige Ansätze positiv auf, aber wir sehen noch viele Möglichkeiten zur Verbesserung.

Tegut hatte 2015 noch den ersten Platz in unserem Ranking belegt. Seitdem verschlechterte sich das Unternehmen in jedem Ranking weiter und landet jetzt auf Platz fünf. Obwohl Tegut die Relevanz pflanzlicher Lebensmittel schon früh erkannt hat, baut das Unternehmen sein Sortiment in den letzten Jahren nicht mehr so stark aus wie seine Mitbewerber. Bei den Fleischalternativen liegt Tegut im Mittelfeld und bei allen anderen Kategorien auf den letzten Plätzen. Bei Strategie und Marketing sehen wir gute Ansätze, jedoch werden die Prioritäten falsch gesetzt.

Leider bildet Edeka erneut das Schlusslicht unseres Rankings. Bei den Fleisch- und Milchalternativen, den Snacks und den Fertiggerichten liegt das Unternehmen im hinteren Mittelfeld. Lediglich bei den Soßen ist das pflanzliche Sortiment im Vergleich zur Konkurrenz gut aufgestellt. Insgesamt kann das vegane Angebot durch die selbstständig geführten Märkte der Edeka-Kaufleute stark schwanken. Es ist enttäuschend, dass Edeka das große Potenzial einer pflanzlicheren Sortimentsgestaltung flächendeckend nur ungenügend nutzt und dadurch viele Chancen verschenkt. Zudem hat Edeka uns nur wenige Einblicke in Strategie und Marketing gegeben, weshalb wir auch hier keine Pluspunkte vergeben konnten.

Ergebnisse der Discounter

Platz 1: Aldi Süd

Nachdem Aldi Süd im letzten Ranking von Platz 1 auf Platz 2 gerutscht war, steht das Unternehmen jetzt wieder an der Spitze unseres Discounter-Rankings. Bei Aldi Süd machen pflanzliche Produkte einen verhältnismäßig großen Anteil am Gesamtsortiment aus. Das Unternehmen überzeugt mit einem guten Angebot an pflanzlichen Fertiggerichten, Snacks und Soßen. Allerdings sehen wir bei Fleisch- und Milchalternativen noch Nachholbedarf. In Strategie und Marketing zeigt Aldi Süd zahlreiche gute Ansätze.

Lidl hat im Vergleich zum letzten Ranking Fortschritte gemacht und ist um zwei Plätze nach oben geklettert. Das liegt daran, dass der Discounter dem Thema »pflanzlich« mittlerweile eine hohe Priorität einräumt. Lidl überzeugt besonders mit seinem gewachsenen Angebot an pflanzlichen Fertiggerichten. Bei den Fleisch- und Milchalternativen landet das Unternehmen jedoch nur im Mittelfeld und hat teilweise Aufholbedarf. Besonders in Anbetracht des aktuellen Fleischskandals bei Lidl wäre es eine gute Strategie, hier noch deutlicher auf pflanzliche Produkte zu setzen. Positiv bewerten wir, dass pflanzliche Produkte einen verhältnismäßig großen Anteil am Gesamtsortiment ausmachen und dass Lidl viele gute Ansätze in Strategie und Marketing zeigt.

Penny landet wie im letzten Ranking auf Platz 3 und ist bei den Milch- und Fleischalternativen gut bis sehr gut aufgestellt. Bei den Fertiggerichten, Soßen und Snacks liegt das Unternehmen im Mittelfeld und hat Aufholbedarf. Der Discounter hat zwar sein vegan-vegetarisches Sortiment in den letzten Jahren deutlich erweitert, könnte aber mehr tun, um den Anteil pflanzlicher Produkte am Gesamtsortiment zu erhöhen. Auch bei Strategie und Marketing sehen wir Raum für Verbesserungen.

Aldi Nord ist von Platz 1 im Jahr 2019 auf Platz 4 abgerutscht. Der Discounter landet in allen Kategorien nur im hinteren Mittelfeld oder bildet das Schlusslicht. In einigen Produktkategorien haben wir sogar eine Abnahme an pflanzlichen Alternativen festgestellt, etwa bei Speiseeis und Wurstalternativen. Punkten konnte das Unternehmen allerdings mit einem verhältnismäßig hohen Anteil pflanzlicher Produkte am Gesamtsortiment. Obwohl es einige positive Ansätze in Strategie und Marketing gibt, hat Aldi Nord das Thema »pflanzliche Lebensmittel« in den letzten Jahren nicht ausreichend vorangetrieben, um mit der Konkurrenz mithalten zu können.

Netto lag schon im letzten Ranking deutlich hinter den Mitbewerbern. Das Unternehmen hat zwar ein gutes bis sehr gutes Sortiment bei Fleisch- und Milchalternativen sowie Fertiggerichten, aber die pflanzlichen Produkte machen nur einen recht geringen Teil des Gesamtsortiments aus. Bei Strategie und Marketing ist Netto das Schlusslicht.

Norma belegt erneut den letzten Platz in unserem Ranking. Das Unternehmen hat in fast allen Kategorien deutlichen Aufholbedarf und bietet insgesamt nur wenige pflanzliche Produkte an. Auch bei Strategie und Marketing bekommt das Thema »vegan« nicht die nötige Aufmerksamkeit.

Wie wurden die Daten erhoben?

Unsere Bewertung basiert auf den zwei Säulen "veganes Sortiment" und "Strategie und Marketing". Im Februar 2023 haben wir deutschlandweit in fünf Filialen jedes Unternehmens Datenerhebungen durchgeführt, um einen Überblick über das Angebot zu erhalten. Zusätzlich haben wir in einer Umfrage ermittelt, nach welchen Strategien die Unternehmen beim Ausbau des pflanzlichen Sortiments und der Reduktion tierischer Produkte arbeiten. Die Ergebnisse beider Säulen wurden kombiniert und die Unternehmen anhand ihres Gesamtergebnisses auf die Plätze 1 bis 6 eingestuft. Wir haben Discounter und Supermärkte getrennt analysiert, da Discounter insgesamt ein kleineres Sortiment haben, aber durch ihre Eigenmarken viele Gestaltungsmöglichkeiten besitzen.

Was haben wir bewertet?

Veganes Sortiment

Wir haben uns bei der Erstellung des Rankings auf ausgewählte Lebensmittelgruppen konzentriert, in denen aktuell noch viele Tierprodukte verwendet werden und die daher besonders großes Potenzial für mehr pflanzliche Zutaten bieten:

  • Pflanzliche Alternativen zu Fleisch, Wurst und Fisch
  • Pflanzliche Alternativen zu Milchprodukten
  • Pflanzliche Fertig- und Halbfertiggerichte
  • Pflanzliche Süßigkeiten, Backwaren, Snacks
  • Pflanzliche Brotaufstriche und Soßen

Die Lebensmittelgruppen wurden bei der Bewertung unterschiedlich gewichtet. Besonders relevant waren pflanzliche Alternativen, die Produkte mit einem hohen Anteil tierischer Zutaten ersetzen. Hierzu zählen Fleisch- und Milchalternativen sowie Produkte wie Fertiggerichte, die außerdem einen hohen Convenience-Wert für die Kund:innen haben. Snacks, Soßen und Backwaren wurden mit etwas weniger Gewicht bewertet. Da hier kleine Änderungen der Zutaten große Mengen tierischer Produkte reduzieren können, sehen wir viel Potenzial für unkomplizierte Rezepturanpassungen und starke Kategoriezuwächse in den nächsten Jahren.

Strategie und Marketing

Die Ergebnisse der Säule "Strategie und Marketing" basieren auf einer Erhebung, bei der die Unternehmen zu verschiedenen Themen befragt wurden. Unter anderem wollten wir wissen, welche Zielgruppen die Unternehmen ansprechen, wie sie dafür sorgen, dass vegane Produkte leicht in den Einkaufswagen finden und wie Aktionsangebote für pflanzliche Lebensmittel gestaltet werden. Auch die konkreten Ziele der Unternehmen für die Erweiterung des pflanzlichen Sortiments, die Reduktion tierischer Produkte und die Nutzung von Labels haben uns interessiert.

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