Aktuelle Beiträge

Nicht so leicht: Nachhaltig einkaufen im Supermarkt

Erste gute Ansätze sind erkennbar, doch noch haben die deutschen Supermärkte beim Thema Nachhaltigkeit deutlich Luft nach oben – insbesondere, wenn es darum geht, die nachhaltigen Optionen attraktiv zu machen. Das ist eine der Erkenntnisse aus der Studie »Superlist Umwelt Deutschland« des Think Tanks Questionmark. Dieser hat Nachhaltigkeitsstrategien und -ziele der sechs großen deutschen Supermarktketten – Aldi Nord und Süd, Lidl, Kaufland, Edeka und Rewe – untersucht. Und zwar in Bezug auf Klimaschutz, die sogenannte Proteinwende und verantwortungsvollere Landwirtschaft. Questionmark hat dazu mit der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, ProVeg, Madre Brava und PAN International zusammengearbeitet.

Besonders nachhaltig: Weniger Tier, mehr Pflanze

Die in der Superlist Umwelt berücksichtigten Einzelhändler repräsentieren zusammen mehr als 60 % des deutschen Markts. Sie spielen somit eine entscheidende Rolle auf dem Weg zu einer nachhaltigen, gesunden und tierfreundlicheren Lebensmittelversorgung und damit auch zur Klimaneutralität.

Ein besonders wirksamer Hebel für eine nachhaltige Ernährung ist es, den Anteil pflanzlicher Proteine im Supermarkt im Verhältnis zu tierlichen zu steigern. Proteine sind deshalb eine sinnvolle Messgröße, weil Tierprodukte meist einen hohen Proteingehalt haben. Wenn Supermärkte den Anteil pflanzlicher Proteine steigern, lässt sich daran direkt ablesen, wie stark wir uns von einer tierbetonten hin zu einer nachhaltigeren, pflanzenbasierteren Ernährungsweise entwickeln – viel genauer als durch das bloße Zählen der Produkte.

Erfreulich: Lidl hat sich bereits ein Proteinziel gesetzt. Im Einklang mit den Empfehlungen der Planetary Health Diet will der Discounter den Anteil an pflanzlichem Protein an seinem Umsatz bis 2050 auf 60 % steigern. Damit nimmt Lidl eine Vorreiterrolle ein und will das Zwischenziel von 20 % pflanzlichem Anteil bereits bis 2030 erreichen. Rewe hat immerhin nach dem Ende der Datenerhebung für die Superlist angekündigt, aktuell an seiner Proteinstrategie zu arbeiten.

Lidl und Kaufland (Schwarz-Gruppe) veröffentlichen auch bereits Zahlen über die jeweiligen Proteinquellen. Aldi Süd berichtet lediglich über den Anteil seines gesamten pflanzlichen Angebots.

Wie Supermärkte Kaufentscheidungen beeinflussen

Welche Produkte wir Kund:innen im Supermarkt kaufen, entscheiden wir zwar letztendlich selbst. Aldi, Rewe und Co. beeinflussen unsere Entscheidungen jedoch stark, und zwar nicht nur dadurch, ob sie nachhaltige Projekte überhaupt anbieten.

Werbung, die Preisgestaltung und die Platzierung in den Märkten sind wichtige Faktoren, die bestimmen, ob wir zu pflanzlichen Produkten greifen und diese als normal empfinden. Dabei geht es nicht vorrangig darum, Veganer:innen zu erreichen, die gezielt nach solchen Produkten suchen, sondern vor allem um die große Mehrheit der Kund:innen, die sich heute noch für Fleisch und morgen schon für eine pflanzliche Alternative entscheiden könnte. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Tierprodukte würden nur noch einen kleinen Teil des Sortiments und der Werbung ausmachen und wären teurer als pflanzliche Produkte (was sie, berücksichtigt man Folgekosten für die Umwelt, auch eigentlich sein müssten). Dann wäre es für viele Menschen normaler und leichter, pflanzliche Alternativen zu wählen.

Ebenfalls relevant ist die Größe der jeweiligen Portionen. Sie hat Einfluss auf die Verkaufsmengen, den Fleischkonsum und auch darauf, wie viel weggeworfen wird, zum Beispiel wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum vor dem Verkauf abgelaufen ist oder wenn die Portion für einen kleinen Haushalt zu groß ist.

Die Superlist-Studie zeigt, welche Maßnahmen die deutschen Supermärkten bereits ergreifen und wo noch Nachholbedarf besteht:

  • Preis: Nur Edeka, Kaufland und Lidl bieten pflanzliche Alternativen inzwischen vermehrt zum gleichen Preis wie die tierlichen Äquivalente an. Lidl wirbt dazu passend hin und wieder für sein pflanzliches Sortiment mit dem Slogan »Du hast die Wahl«.
Laut ProVeg sind pflanzliche Produkte im Schnitt noch 16 % teurer als Tierprodukte.
  • Position: Nur Lidl positioniert pflanzliche Alternativen in allen Märkten neben den Tierprodukten, um den Zugang zu erleichtern.
Um neue Kund:innen für pflanzliche Alternativen zu gewinnen, ist es am besten, wenn die Produkte neben den entsprechenden Tierprodukten stehen. Werden die pflanzlichen Alternativen zusätzlich wie bisher in einem eigenen veganen Bereich einsortiert, kommen alle Kund:innen auf ihre Kosten. Vorteil der doppelten Platzierung: Die Produkte sind noch präsenter.
  • Prospekte (Werbung): Im Durchschnitt sind nach wie vor 92 % der in den wöchentlichen Prospekten beworbenen Proteine tierlichen Ursprungs, also Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Eier. Keiner der Supermärkte sticht hier positiv hervor. Immerhin: Die meisten Supermärkte kommunizieren neue pflanzliche Produkte in ihrem Sortiment offensiv.
  • Portionen: 68 % der Schnitzel, Burger und Cordon bleus im Sortiment sind extragroße Portionen, das heißt schwerer als 150 g. Und das, obwohl die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, nicht mehr als 300 g Fleisch pro Woche zu verzehren. Rewe hat insgesamt noch den geringsten Anteil an extragroßen Portionen (52 %).
Niederländische Supermärkte bewerben in ihren Prospekten bereits zu 19 % pflanzliche Proteine und bieten nur 47 % extragroße Portionen an.
  • Information: Rewe zeigte im Januar 2023 in einigen seiner Filialen und auf seinen Social-Media-Kanälen Klimakosten für eine Reihe von Lebensmitteln an.
Darstellung der Ergebnisse zur Protein-Diversifizierung

Fazit: Supermärkte müssen mutiger werden

Das Ergebnis der Superlist-Studie: Nicht nur könnten die deutschen Supermärkte mehr für den Klimaschutz tun und nachhaltige Landwirtschaft besser fördern, sie könnten es ihren Kund:innen auch deutlich einfacher machen, nachhaltige Kaufentscheidungen zu treffen. Die Verantwortung dafür, dass mehr nachhaltige Produkte gekauft werden, liegt nicht allein bei den Kund:innen. Supermärkte, die das behaupten, machen es sich zu leicht und verschleiern, welchen Einfluss sie eh schon auf Kaufentscheidungen nehmen.

Wir empfehlen den Supermärkten, sich 1. messbare Proteinziele zu setzen, 2. regelmäßig transparent und einheitlich über den Stand der Dinge zu berichten und 3. mehr konkrete Maßnahmen wie die oben erwähnten zu ergreifen, um nachhaltige Kaufentscheidungen zu fördern.

Achten Sie beim nächsten Einkauf einmal darauf, ob Ihr Supermarkt Sie motiviert und es Ihnen leicht macht, pflanzliche Produkte zu wählen. Wir helfen Ihnen auf jeden Fall gerne mit Informationen rund um eine pflanzlichere Ernährung, damit Sie auch so nachhaltige Entscheidungen treffen können.

Sie möchten nichts Wichtiges verpassen?
Sie erfahren, wie Sie sich für die Tiere einsetzen können, und erhalten Informationen über wichtige Tierschutzthemen.