Subventionierung des Fleischkonsums - Fachgespräch
Das »Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft« veranstaltete vor wenigen Tagen ein Fachgespräch zum Thema Subventionsabbau, bei dem unter anderem über die Subventionierung des Fleischkonsums diskutiert wurde. Wir waren in der Landesvertretung Sachsen-Anhalt in Berlin, um uns einen Eindruck zu verschaffen, wie weit die Diskussion bereits gereift ist.
Zu hoher Fleischkonsum in Deutschland
»Der Fleischkonsum in Deutschland ist aus ökologischer und gesundheitlicher Perspektive zu hoch«. So die Ausgangsthese, mit der im Rahmen des FÖS-Fachgesprächs zu »Potentialen für Ressourcenschonung durch den Abbau umweltschädlicher Subventionen« innerhalb einer eigenen Arbeitsgruppe die Subventionierung des Fleischkonsums in Deutschland diskutiert wurde. Dass die Ausgangsthese grundsätzlich nicht in Frage zu stellen ist, darüber waren sich die teilnehmenden Vertreter – unter anderem von Greenpeace, der Verbraucherzentrale NRW, dem Deutschen Bauernverband sowie Mitglieder des Deutschen Bundestags bzw. Mitarbeiter von MdB-Büros – erfreulicherweise schnell – in einigen Fällen mehr, in anderen weniger – einig. Weitestgehende Einigkeit herrschte außerdem darin, dass die Überproduktion und der Überkonsum von Fleischprodukten wesentlich durch derzeitig bestehende fiskalische Anreizstrukturen, d. h. durch bestimmte Subventionsprogramme oder finanzpolitische Ausnahmeregelungen, gefördert werden. Diskutiert wurde daher hauptsächlich die Frage nach potentiellen Ansatzpunkten, um der übermäßigen Produktion und dem maßlosen Konsum von Fleisch entgegenzuwirken.
Produktions- und konsumseitige Ansätze
Unterschieden wurden im Laufe der Diskussion zum einen produktionsseitige Ansätze – wie z. B. der mögliche Einbezug der landwirtschaftlichen Tierzucht in den Emissionshandel – und konsumseitige Ansätze – wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Fleisch und Fleischprodukte von derzeit sieben auf 19 Prozent.
Zu verzeichnen war dabei überwiegend die Ansicht, dass vorrangig produktionsseitig angesetzt werden müsse, wenngleich sich auch etwa der Emissionshandel vor allem aus Gründen der uneindeutigen Messbarkeit von landwirtschaftlichen Emissionen nicht als politisches Instrument einsetzen ließe, um bislang externe Kosten zu internalisieren, also z. B. Kosten, die durch Umweltbelastungen entstehen, vom Verursacher und nicht durch die Allgemeinheit in Form von Steuern oder einer schlechteren Umweltqualität begleichen zu lassen. Fokussiert werden sollten nach Ansicht der Arbeitsgruppe eher die Einführung einer Ressourcensteuer auf Futtermittel sowie die Abschaffung von Exportsubventionen.
Konsumseitig wollten einige Experten dagegen kaum ansetzen: Da der Konsum von »tierischen Produkten ja nicht per se schlecht« sei, könne etwa die Erhebung einer besonderen Verbrauchersteuer nach dänischem, französischem und ungarischem Vorbild auf Produkte, die besonders viel gesättigte Fettsäuren enthalten, insofern nicht gerechtfertigt werden, als dass davon auch all diejenigen Verbraucher betroffen wären, die solche Produkte maßvoll konsumieren. Und auch von der Erhöhung der Mehrwertsteuer sei eher abzusehen: hier wurde hauptsächlich die Befürchtung angeführt, dass im Falle einer tatsächlichen Steuererhöhung noch schlechtere Produktionsbedingungen für Fleisch entstehen könnten, weil ein erheblicher Teil der Produzenten unter allen Umständen versuchen würde, die unakzeptabel niedrigen Marktpreise von Fleisch aufrechtzuerhalten. Zu letzterem ist jedoch hinzuzufügen, dass schon jetzt täglich Gesetze gebrochen werden, um Fleisch möglichst billig zu produzieren.
Fazit
Die hier nur kurz zusammengefassten Ergebnisse der Arbeitsgruppe des Fachgesprächs sind aus unserer Sicht kaum zufriedenstellend: Denn selbst einen - wie auch immer dimensionierten - »maßvollen Konsum« von Fleisch sehen wir kritisch. Sollten wir nicht grundsätzlich einen Umgang mit den Tieren finden, der unnötige Gewalt möglichst ausschließt? Und wenn dies in der Breite nicht kurzfristig umzusetzen ist, sollte nicht die Unterstützung des Mästens und Tötens von Tieren über das eigene Konsumverhalten zumindest mit (moderaten) Steuern belegt werden? Leider ergeben sich solche Schlussfolgerungen erst, wenn man den Fleischkonsum nicht mehr aus egoistischen Motiven (z. B. die Intakthaltung der Umwelt allein zur Sicherung des Fortbestehens der Menschheit) betrachtet, was hier zu wenig geschehen ist.
Enttäuschend war es auch, dass die im vorab verteilten FÖS-Eckpunktepapier aufgeführte Tatsache, dass allein »im Jahr 2008 im Rahmen des Agrarinvestitionsförderprogramms rund 80 Millionen Euro für den Neubau von Ställen für die Schweine- und Geflügelmast bereitgestellt wurden«, nicht weiter aufgegriffen und diskutiert wurde. Auch über die Bindung von Subventionszahlungen an deutlich erhöhte Tierschutzstandards wurde sich nur am Rande der Gesamtdiskussion ausgelassen. Doch liegen nicht gerade in der Diskussion der beiden zuletzt genannten Punkte zwei wesentlichen Ansätze, um den zukünftigen Fleischkonsum nicht nur einzudämmen, sondern auch erheblich zurückzufahren? Es bleibt weiterhin viel zu tun.