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Schafwolle: Tierschutz- und umweltrelevant

Die kalte Jahreszeit ist da und in vielen Geschäften hat die neueste Wintermode Einzug gehalten. Viele Menschen greifen nun gerne zu Wollprodukten, da diese als besonders warm und qualitativ hochwertig gelten. Die tierliche Naturfaser findet sich nicht nur in Kleidungsstücken, sondern wird auch beim Hausbau als Isolationsmaterial genutzt. Darüber hinaus setzt die Kosmetikindustrie das aus der Schafwolle herausgewaschene Wollwachs (Lanolin) in vielen Produkten ein. Als »nachwachsender« Rohstoff hat Wolle bislang einen guten Ruf – wir zeigen Ihnen, warum es dennoch sinnvoll ist, Wollprodukte zu meiden und auf alternative Fasern zurückzugreifen.

Tierschutzaspekt – Vom Schaf bis zur Wolle

In Deutschland wird Schafwolle größtenteils aus Ländern wie Australien oder Neuseeland importiert. Die heimische Wolle kann mit der Qualität der Importwolle nicht mithalten und ihr Verkauf ist daher nicht rentabel. Doch unabhängig woher die tierliche Faser stammt: Bis das Reinprodukt fertig ist, müssen Schafe viele schmerzhafte Prozeduren über sich ergehen lassen.

Schon kurz nach der Geburt darf bei unter acht Tage alten Lämmern das Schwanzkupieren ohne Schmerzausschaltung vorgenommen werden, obgleich der Europarat für die EU empfiehlt, diese Prozedur bei Lämmern möglichst zu vermeiden. Sie wird in der Regel durchgeführt, um zu verhindern, dass Kot die Schwänze der Tiere verunreinigt und verkrustet  – denn das könnte zu Krankheiten führen. Der Eingriff kann operativ mittels Skalpell oder mit elastischen Ringen erfolgen – beide Methoden sind für das Schaf sehr schmerzhaft und können mit starken Komplikationen einhergehen. Männliche Schafe werden zudem betäubungslos kastriert. Auch dies sollte laut Empfehlung des Europarats vermieden werden, weil der Eingriff starke Schmerzen und Stress verursacht.

Mulesing

In Australien, dem weltgrößten Exporteur für Merinoschafwolle und lebende Lämmer, werden mehr als 70 Millionen Schafe gehalten und fast ein Drittel der gesamten Rohwolle weltweit produziert. Um möglichst kostengünstig zu produzieren, sind die Herden in den Betrieben riesig, was einen sorgsamen Umgang mit den Tieren praktisch unmöglich macht. Der Großteil der gehaltenen Schafe – rund 80 % – sind Merinoschafe, die durch eine angezüchtete faltige Haut besonders viel Wolle liefern. In den Hautfalten der Tiere sammelt sich schnell Feuchtigkeit und am Hinterteil Kot und Urin. Das feuchte Klima in den Hautfalten zieht Goldfliegen an, die ihre Eier dort ablegen. Bei befallenen Tieren kann es zu tiefreichenden Hautverletzungen kommen und giftige Stoffwechselprodukte der Maden können zum Tod führen. Um diesem Fliegenbefall vorzubeugen, werden den Lämmern ohne Betäubung große Hautfalten rund um After, Vulva und Schwanz herausgeschnitten. Die offenen Wunden werden nicht versorgt; häufig legen die Fliegen auch hier vor dem Abheilen ihre Eier ab. Diese in Deutschland verbotene Verstümmelung der Tiere ist in Australien noch immer gängige Praxis.

Zucht und Scheren

Was den meisten Menschen nicht bewusst ist: Schafe müssen nur geschoren werden, weil sie auf die Ausbildung enormer Wollmassen hin gezüchtet wurden. Ein nicht domestiziertes Schaf hat lediglich so viel Wolle, wie es braucht, um sich vor extremer Kälte zu schützen. Wie unnatürlich diese Züchtungen sind, macht dieser Medienbericht über ein entlaufenes Schaf mit übermäßiger Wollmasse deutlich.

Der Prozess des Scherens selbst kann für Schafe enorm belastend sein, da für die Fluchttiere der körperliche Kontakt mit dem Menschen mit erheblichem Stress verbunden ist, wenn sie nicht daran gewöhnt sind. Die Angst und das Unbehagen der Tiere sind beim Scheren nicht klar erkennbar, weil sie in eine Art Schockstarre verfallen.

Probleme bei der Schur entstehen außerdem dadurch, dass die Arbeit in der Regel unter Zeitdruck geschieht. In Australien wird für die Schur nicht nach Stunden, sondern nach Wollmenge bezahlt und der ungeduldige und ruppige Umgang mit den Schafen, beispielsweise das Ziehen am Fell, führt zu Schmerzen. Bei dem Versuch, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Schafe zu scheren, entstehen oft auch große Schnittwunden, die zum Teil nur unachtsam und ohne Betäubung genäht werden.

In der Regel wird im Frühjahr geschoren, wenn Schafe ihr Winterfell abwerfen. Durch den schlagartigen Verlust der Wolle kommt es bei den nun kälteempfindlichen Tieren jährlich zu Erfrierungstoden, wenn sie zu früh geschoren werden und somit ohne ihre Wolle enormer Kälte ausgesetzt sind. Gerade in Australien kommt es außerdem in den heißen Sommermonaten bei den Merinoschafen aufgrund des Übermaßes an Wolle zu erhöhten Sterberaten durch Überhitzung.

Transport und Schlachtung

Wenn die Wollproduktion von Schafen abnimmt, werden die Tiere zur Schlachtung verkauft. Dann erwartet sie zumeist ein tagelanger Transport in den Nahen Osten und nach Nordafrika. Allein aus Australien werden circa vier Millionen Schafe jährlich verschifft. Die Schafe werden dazu auf überfüllte Containerschiffe verfrachtet – häufig ohne ausreichend Nahrung und Zugang zu Wasser. Zahlreiche Tiere überleben diese Fahrten nicht. Auf die Schafe, die eine solche Reise überleben, wartet in den Ankunftsländern in der Regel eine Halal-Schlachtung, bei der die Tiere nicht betäubt werden und somit bei Bewusstsein ausbluten.

Umweltbilanz von Wolle

Bei konventioneller Schafwolle werden allein zur Erzeugung einer Tonne Rohfaser 67 Hektar Land benötigt. Im Vergleich dazu bedarf es für eine Tonne Chemiefasern aus Zellulose (z. B. Viskose) 0,8 Hektar und für eine Tonne Baumwolle 1,3 Hektar Land. Häufig dient zur Schafhaltung zwar Grasland, dennoch könnten Wiesen und Weiden auch anders genutzt bzw. der Natur zurückgegeben werden.

Abgesehen von dieser uneffektiven Bodennutzung ist die Herstellung von Schafwolle klimarelevant: Die riesigen Tierherden produzieren als Wiederkäuer bei der Verdauung große Mengen Methangas, welches 25 Mal klimaschädlicher ist als CO2. Zudem kommen bei der konventionellen Produktion von Wolle umweltschädliche Pestizide zum Einsatz, um vermeintliche Schädlinge sowohl von den Schafen als auch von den Weideflächen fernzuhalten. Und auch das Rohmaterial Wolle wird mit einer Vielzahl an chemischen Substanzen behandelt, bis es in die Verarbeitung geht.

Eine Analyse der Organisation MADE-BY, in der die Umweltauswirkungen (Treibhausgasemissionen, Humantoxizität, Ökotoxizität, Energie-, Wasser- und Landnutzung) unterschiedlicher Fasern verglichen werden, bewertet Wolle entsprechend als wenig nachhaltig. Auch der Anbau von konventioneller Baumwolle ist aufgrund des hohen Wasserverbrauchs und des Einsatzes von Pestiziden, Düngemitteln und gentechnisch veränderten Baumwollpflanzen kritisch zu sehen. Empfohlen werden stattdessen vor allem Fasern wie Leinen und Hanf aus biologischem Anbau. Ebenso werden recycelte Fasern als besonders nachhaltig eingestuft.

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