Interview mit Monika Schindler-Hoch
Am 26. Mai jährt sich zum zehnten Mal der Todestag des Gründers der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, Wolfgang Schindler. An diesem Tag im Jahr 2013 verloren wir – viel zu früh – einen außergewöhnlich beeindruckenden Menschen, der sich mit Herz und Verstand für eine bessere Welt für die Tiere einsetzte und der trotz seiner wegweisenden Erfolge stets bescheiden blieb. In einem Interview blickt seine Schwester Monika Schindler-Hoch zurück auf das bewegte Leben eines Mannes, dessen Werk die Grundlagen für so vieles legte, was wir bis heute erreichen konnten. Die Fragen stellte unser Präsident Mahi Klosterhalfen.
Mahi Klosterhalfen: Was hat Wolf motiviert, für die Tiere zu kämpfen? Wie ist er zum Thema Tierschutz gekommen?
Monika Schindler-Hoch: Wolf war ein sehr mitfühlender Mensch. Es war ihm ein Anliegen, das bestehende Unrecht gegenüber unseren Mitgeschöpfen zu mildern und er hat erkannt, dass er als Rechtsanwalt sehr gute Möglichkeiten hatte, hier Einfluss zu nehmen und spürbare Veränderungen herbeizuführen.
Auch sind wir vegetarisch aufgewachsen. Unser Vater hatte schon in den 1960er Jahren ein großes Wissen über gesunde Ernährung.
MK: Siehst du einen Unterschied zu der Tierschutzarbeit damals und heute?
Monika Schindler-Hoch: Ja natürlich. In den letzten Jahren hat sich das Bewusstsein der Konsument:innen stark gewandelt. Sie fragen immer mehr Produkte nach, die gesünder, tierfreundlicher und besser für die Umwelt sind. Und der Handel passt sein Angebot entsprechend an.
Pflanzliche Ernährung ist heute nichts Ungewöhnliches mehr. Politik und Industrie fühlen den immer stärker werdenden Druck. Ich denke, dass es in der Tierschutzarbeit daher jetzt weniger darum geht, ob das Angebot an veganen Alternativen größer werden muss und ob bessere Haltungsbedingungen nötig sind. Es geht mehr darum, wie viel wie schnell erreicht werden kann und muss und wie das am besten gelingt.
Der äußerst erfolgreiche Beitrag der Stiftung zu dieser Entwicklung zeigt dabei die große Wirkung, die Wolfs Lebenswerk weiterhin hat.
MK: Wieso hat er sich besonders für Legehennen eingesetzt?
Monika Schindler-Hoch: Sicher bin ich mir nicht. Ich glaube, ein wichtiger Aspekt war, dass das Thema zu der Zeit die beste Aussicht auf Erfolg hatte. Und dieser Erfolg, nämlich das Urteil 1999 vor dem Bundesverfassungsgericht, war deshalb so wichtig, weil er enorme Strahlkraft hatte und zugleich eine enorm große Anzahl von Tieren betroffen hat.
MK: Wie war er so als Mensch?
Monika Schindler-Hoch: Ich hätte mir/Wir hätten uns keinen besseren Bruder wünschen können. Er war hilfsbereit, großzügig, emphatisch, humorvoll, familiär, interessiert an so vielen Themen …
MK: Was war sein (veganes) Lieblingsessen?
Monika Schindler-Hoch: Das kenne ich leider nicht. Bevor er krank wurde, war er oft in vegetarischen Restaurants essen. Dort hat er sicher alle veganen Gerichte probiert und sie genossen.
MK: Hat er die Nähe von Tieren gesucht und wenn ja, gibt es schöne Anekdoten dazu?
Monika Schindler-Hoch: Er hatte zeitweise einen Hund. Mehr kann ich dazu leider nicht berichten. Ich denke aber, ich kann mit Sicherheit sagen, dass ihm alle Tiere wichtig waren.
MK: Warum »Albert Schweitzer Stiftung« und nicht »Wolfgang Schindler Stiftung«?
Monika Schindler-Hoch: Ich glaube, ihm hat Albert Schweitzer sehr imponiert. Auch ging es ihm nie darum, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, sondern ihm war die Sache wichtig. Und Albert Schweitzers umfassender Ethik-Begriff spiegelte dabei das wider, was er auch mit der Stiftung angestrebt hat.
MK: Warum hat er überhaupt eine Organisation gegründet?
Monika Schindler-Hoch: In Organisationen wie der Albert Schweitzer Stiftung bündeln sich die Kräfte, Erfahrungen und die Expertise vieler Einzelner. Das gibt ihnen viel größere und weitreichendere Einflussmöglichkeiten als Einzelpersonen sie haben. Vor allem auch wenn es um politische und juristische Entscheidungen geht.
MK: Was war seine Vision?
Monika Schindler-Hoch: Er hat davon geträumt, dass keine Tiere mehr zu Nahrungszwecken geschlachtet werden müssen. Ein wichtiger Weg dahin war für ihn auch das »cultured meat«, also künstliches Fleisch. Daneben hat er schon sehr früh das große Potenzial der Erzeugung von Fleischalternativen über Fermentationsprozesse erkannt – lange vor der Gründung der ersten Startups in diesem Bereich, die leider erst nach seinem Tod entstanden sind.
MK: Was waren seine Interessen (auch neben dem Tierschutz)?
Monika Schindler-Hoch: In seiner Freizeit war er oft segeln, ist viel gereist und hat gerne gelesen.
MK: Wäre unsere Arbeit heute weiter in seinem Sinne?
Monika Schindler-Hoch: Absolut! Er wäre sehr glücklich darüber. Denn die vielen Erfolge, die die Stiftung in seinem Sinne erreicht, zeigen, dass ihr auf dem richtigen Weg seid. Und er wäre auch weiterhin zufrieden mit seiner damaligen Wahl von dir, Mahi, als Geschäftsführer und mit der Arbeit des Vorstands.
MK: Liebe Monika, wir danken dir für deine Zeit und dass du diese wertvollen Erinnerungen mit uns geteilt hast.