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EU überarbeitet Tierschutzgesetze

Die Europäische Union bereitet sich aktuell darauf vor, ihre Tierschutzgesetzgebung, insbesondere für landwirtschaftlich gehaltene Tiere, im Rahmen der Farm-to-Fork-Strategie zu überarbeiten. Wie nötig das ist, zeigt eine Untersuchung der früheren EU-Tierschutzstrategie.

Die »Strategie für den Schutz und das Wohlergehen von Tieren« hatten die EU-Staaten 2012 im Rahmen ihrer Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) verabschiedet. Sie formulierte sechs Ziele und 20 Maßnahmen, die bis 2015 umgesetzt, beziehungsweise erreicht werden sollten. Die letzten Maßnahmen wurden noch bis 2018 abgeschlossen. Danach gab es keine übergeordnete Strategie mehr für EU-Tierschutzmaßnahmen.

Im Zuge der anstehenden Überarbeitung hat die EU-Kommission nun die Wirksamkeit der Strategie auswerten lassen. Das Ergebnis ist mager: Die meisten Probleme, die mit der Strategie angegangen werden sollten, sind nach wie vor relevant und keines der Ziele wurde vollständig erreicht.

Die EU-Tierschutzstrategie 2012: unkonkret, unambitioniert, unverifizierbar

Am wirksamsten habe die Strategie dazu beigetragen, die Durchsetzung bestehender Tierschutzgesetze in den Mitgliedstaaten zu verbessern und die Forschung zum Wohlergehen von Fischen in Aquakulturen voranzutreiben. »Risikobereiche« für die Einhaltung der Vorschriften blieben jedoch, zum Beispiel bei Tiertransporten, beim Kupieren von Schweineschwänzen, bei der Schlachtung, in der Hühnermast und bei der Kontrolle von Betrieben. Aus den Erkenntnissen zum Wohlergehen der Fische folgten zudem keine Konsequenzen.

In geringem Maße konnten durch die EU-Tierschutzstrategie Synergieeffekte mit der GAP genutzt und die internationale Zusammenarbeit verbessert werden. Zum Beispiel durch die Aufnahme von Tierschutzbestimmungen in Handelsabkommen.

Die EU-Staaten haben es mit ihrer Strategie nicht geschafft, die Versorgung der Verbraucher:innen mit geeigneten Informationen über Tierschutzthemen zu verbessern oder den rechtlichen Rahmen für den Tierschutz zu vereinfachen. Ein Problem, das in der Untersuchung zusätzlich herausgestellt wird, wurde in der Strategie von Anfang an nicht bedacht: Die verschiedenen Tierarten sind nicht in gleichem Maße durch die Gesetze geschützt. Während es zum Beispiel für Hennen in der Eierindustrie und Schweine eigene Richtlinien gibt, existieren zum Beispiel für Puten, Ziegen oder »Milchkühe« keine solchen konkreten Regeln.

Die Untersuchung kommt zu dem Fazit, dass die EU-Tierschutzstrategie zwar damals eine angemessene und verhältnismäßige Reaktion auf die Tierschutzprobleme war, dass ihre Ziele jedoch teils zu unkonkret, zu unambitioniert oder schlecht messbar waren.

Tierschutz relevanter denn je

Trotz ihrer Unzulänglichkeiten habe die Strategie jedoch auch einen unerwarteten Beitrag geleistet, indem sie eine Plattform für den gemeinsamen Dialog und gemeinsame Prioritäten geschaffen habe. Dadurch konnten die Länder ihre Tierschutzpolitik und -aktivitäten besser koordinieren und auf nationaler Ebene Ergebnisse erzielen, die ohne die Strategie nicht wohl möglich gewesen wären.

Die Ergebnisse der Untersuchung werden in die Überarbeitung der EU-Tierschutzgesetze einfließen. Wir erwarten, dass sich die EU-Staaten – insbesondere Deutschland – in Zukunft mehr ins Zeug legen. Seit 2012 sind das Interesse der Bürger:innen an Tierschutzfragen und das Wissen über landwirtschaftlich genutzte Tiere stetig gewachsen. Währenddessen haben sich die globalen Handelsbeziehungen weiterentwickelt. Es ist daher wichtiger denn je, eine gemeinsame EU-Tierschutzpolitik zu stärken, die den Werten der Europäischen Union entspricht.

Wir sehen die anstehende Überarbeitung der Tierschutzgesetze, das Vorhaben, Käfighaltung EU-weit abzuschaffen, und die Forderung des EU-Parlaments, aus Tierversuchen auszusteigen, als wichtige Schritte in die richtige Richtung.

Unsere Forderungen für neue EU-Tierschutzgesetze für »Nutztiere«

Im Rahmen einer öffentlichen Befragung zu der anstehenden Überarbeitung haben wir und andere Tierschutzorganisationen bereits konkrete Verbesserungsvorschläge und Forderungen an die EU übermittelt. Diese sind vor allem:

  • Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zum Wohlergehen von Tieren einbeziehen und artspezifische Regelungen für die Haltung und die Tötung formulieren, auch für Fische (egal ob in Aquakulturen gehalten oder wild gefangen), Kopffüßer, Krebstiere, Insekten und andere Wirbellose.
  • Lebendtiertransporte möglichst durch den Transport von Fleisch und Zuchtmaterial ersetzen und ansonsten auf maximal acht (perspektivisch vier) Stunden beschränken sowie konkrete Anforderungen formulieren.
  • Qualzucht als Grundübel der Tierhaltung angehen.
  • Verbot von Vollspaltenböden, Anbindehaltung, allen Formen der Käfighaltung (die Forderungen von »End the Cage Age« umsetzen), Amputationen und anderen Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit der Tiere, der Haltung von Tieren zur Pelzgewinnung, der Betäubung von Vögeln im Elektro-Wasserbad, der CO2-Betäubung von Schweinen, elektrischen Treibhilfen für alle Tierarten, dem Lebendexport in Drittländer, Transporten per Schiff und doppelstöckigen Rindertransportern.
  • Verpflichtendes artspezifisches Training für alle Menschen, die mit Tieren in Berührung kommen und Haftungspflicht für die Tierhalter:innen.
  • Strenge Kontrollen und Regeln für Betriebe und Schlachthöfe unabhängig von der Größe.
  • Ein EU-weites Label zur leicht verständlichen Kennzeichnung tierlicher Produkte nach strengen, wissenschaftlich fundierten Kriterien.
  • Für importierte Tierprodukte müssen Tierschutzanforderungen gelten, die mit denen der EU vergleichbar sind.
  • Um den Tierschutz in Europa zu verbessern, müssen zudem die Zahl der gehaltenen Tiere und der Konsum von Tierprodukten in Europa sinken. Das muss die EU aktiv vorantreiben, zum Beispiel durch die Förderung pflanzlicher Alternativen.

Wir werden Ihnen hier berichten, was die EU-Kommission aus dem Input der Tierschutzverbände macht.

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