Bio-Essen in Kitas: So klappt es
Die gute Nachricht zuerst: Wenn Eltern für ihren Nachwuchs einen Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte (Kita) suchen, achten sie zunehmend auf die Qualität des dort angebotenen Essens. Deshalb ist es für eine Kita wichtig, trotz knapper Budgets den erhöhten Ansprüchen der Eltern nachzukommen. Erfreulicherweise haben auch viele Erzieherinnen und Erzieher ein großes Interesse an ausgewogener, ökologischer Ernährung. So bietet sich die Chance, die Erwachsenen von morgen schon in den entscheidenden jungen Jahren nachhaltig auf verantwortungsvollen Konsum zu prägen.
Es geht nicht darum, dogmatisch bestimmte Speisen und Zutaten vom Speiseplan zu verbannen. Dogmen und Verbote provozieren nämlich nur, dass genau diese Speisen einen besonderen Reiz auf das Kind ausüben. Altersgemäße Freiwilligkeit bewirkt langfristig mehr! Das führt z. B. dazu, dass sich die fünfjährige Karla seit fast zwei Jahren freiwillig vegan ernährt, während der fast vierjährige Mika aber (noch?) gern auch mal zur (Bio-)Wurst greift, obwohl sich die Eltern von Karla und Mika vegan beziehungsweise vegetarisch ernähren und ihren Kindern diesen Lebensstil auch erklären.
Eine Kita-Leitung von verantwortungsvoller Ernährung zu überzeugen, ist oftmals leichter als gedacht. Am besten schließt man sich mit einigen Gleichgesinnten zusammen und liefert gute Argumente. Da viele Eltern und Kita-Leitungen nicht auf ein Fleischangebot verzichten mögen, macht es vor allem Sinn, auf das Angebot von Bio-Fleisch und insgesamt weniger Fleisch auf dem Speiseplan hinzuarbeiten (das gilt natürlich auch für das Ernährungsangebot zu Hause). Selbstverständlich sollten Kinder, die sich vegetarisch/vegan ernähren wollen, die Möglichkeit hierzu erhalten.
Der Verfasser dieses Artikels hat für die Kita, in der sein Sohn untergebracht ist, ein ausführliches Argumentationspapier zum Thema Ernährung in der Kindertagesstätte mit vielen Literaturhinweisen erstellt. Denn allein zum Thema Bio-Fleisch gibt es zahlreiche Aspekte, die über das richtige Argument »weniger und dafür besseres Fleisch« hinausgehen. Das Papier können Sie hier herunterladen.
Hier einige Gesichtspunkte aus dem Argumentationspapier:
Gesundheit des Kindes
2009 hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) neue Qualitätsstandards für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder herausgegeben. Empfohlen werden pro 5 Tage 60 g (1-3-Jährige) bzw. 80 g (4-6-Jährige) Fleisch und 30 g bzw. 40 g Fisch. Zum Vergleich: ein kleines Bockwürstchen wiegt bereits 40-50 g! Biofleisch ist zwar teurer als Fleisch aus Intensivtierhaltung, dafür gibt es aber keine gesundheitlichen Schäden durch den Antibiotika-Missbrauch in der Intensivtierhaltung und die Verfütterung von gentechnisch verändertem Futter an die Tiere. Fisch ist wegen der Schwermetallbelastung (Wildfang) beziehungsweise Antibiotika-Problematik (Aquakulturen) keine Alternative zu Fleisch.
Giftige Rückstände in Lebensmitteln schaden Kindern stärker als Erwachsenen. Denn Kinder verzehren im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht mehr Nahrung und damit auch mehr Giftstoffe. Da ihr Stoffwechsel aktiver ist, nehmen sie die Schadstoffe auch schneller auf.
Wenn Kinder nur minderwertiges Fleisch verzehren, geht ihnen der Sinn (im wahrsten Sinne des Wortes!) für den »wahren« Geschmack von Fleisch verloren. Kinder machen keinen Unterschied zwischen »Haus- und Nutztieren« und wissen nicht, wie sehr die »Nutztiere« in der Intensivtierhaltung gequält werden, nur damit wir deren Produkte billig kaufen können. Eltern können ihre Kinder ab einem gewissen Alter hierüber aber kindgerecht aufklären.
Eltern haben eine besondere Verantwortung für die Erde, die sie auch ihren Kindern hinterlassen müssen, und sollten daher verstärkt auf nachhaltigen Konsum achten.
Immer wieder wird behauptet, dass vegetarisch ernährte Kinder unter Mangelerscheinungen leiden, zum Beispiel Eiweiß, Eisen, Zink, Jod, Vitamin D oder Vitamin B12, und dass Fleischkonsum diese Mängel behebt. Eine ausreichende Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen ist aber auch bei verringertem Fleischkonsum und auch durch vegetarische Ernährung möglich.
Was aber tut man, wenn eine Kita-Leitung den angeführten Argumenten zwar zustimmt, eine Ernährungsumstellung wegen vermeintlicher Budgetprobleme aber nicht umsetzt? Dann kann man auf zahlreiche Kitas verweisen, die hochwertiges Essen anbieten können, auch ohne horrende Extrabeiträge von den Eltern zu verlangen. Über den wirtschaftlichen Aspekt (und viele weitere) informiert das »Aktionshandbuch zur Umstellung auf Bio-Verpflegung« vom Tollwood Festival und der Stadt München.
In der Kita des Sohnes des Verfassers wurde übrigens dank des Engagements vor allem der Erzieherinnen und Erzieher das Fleischangebot drastisch reduziert und komplett auf Bio umgestellt. Ganz ohne den Druck der Eltern ging das allerdings nicht: Regelmäßig brachten sie das Thema auf den Tisch.
Gastbeitrag von Sven Garber, Förderer der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt und Vater eines dreijährigen Sohnes. Der Artikel ist zuvor bereits im PROVIEH-Magazin erschienen.