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Bericht: Käfigfrei ist besser für alle

Die Abschaffung der Käfighaltung wäre ein Sieg für den Tierschutz und würde das Leid von Millionen Tieren lindern. Darüber hinaus könnte sie helfen, Landwirtschaft nachhaltiger und sozialer zu gestalten. Wie das funktioniert, hat das Institute for European Environmental Policy (IEEP) im Auftrag der Tierschutzorganisation Compassion in World Farming untersucht. Der Bericht »Transitioning towards cage-free farming in the EU« wurde im Oktober 2020 im Zusammenhang mit der Europäischen Bürgerinitiative »End the Cage Age« veröffentlicht. Er zeigt, welche ökologischen und sozioökonomischen Vorteile es haben könnte, wenn die Käfighaltung von Sauen, Hennen und Kaninchen in Europa abgeschafft würde.

Je mehr Wandel, desto besser

Grundsätzlich macht der Bericht klar: Je eher Tierschutzmaßnahmen in eine umfassende europaweite Agrarwende eingebunden sind, desto mehr Vorteile ergeben sich für Menschen, Tiere und Umwelt. Käfige einfach durch andere Formen der Massentierhaltung zu ersetzen, ist daher das denkbar schwächste Szenario. Wenn jedoch auch soziale, ökologische und ökonomische Aspekte beachtet werden, ist der Käfigausstieg ein erster Schritt hin zu einer nachhaltigen und fairen Landwirtschaft in Europa.

Die Autor:innen verschweigen nicht, dass die Umstellung auf käfigfreie Systeme erst einmal hohe Kosten verursachen würde – aktuell leben in der EU noch etwa 50 % aller »Legehennen« (ca. 180 Millionen), rund 60 % aller »Zuchtsauen« (ca. 8 Millionen) und rund 94 % aller »Mastkaninchen« (ca. 160 Millionen) in Käfigen. Zudem wäre der »Ertrag«, z. B. an Fleisch, geringer, wenn die Tiere mehr Bewegungsfreiheit hätten und aktiver wären. In vielen Fällen würde das Weglassen der Käfige alleine nicht reichen. Es bräuchte weitere Verbesserungen der Haltungsbedingungen, damit sich die Tiere angesichts extrem gedrängter Verhältnisse in den Ställen nicht gegenseitig verletzen. Insgesamt würden weniger Tiere gehalten. Um die Kosten trotzdem zu decken, müssten die Preise steigen.

Mit der richtigen politischen und wirtschaftlichen Steuerung entstünden aus der Umstellung jedoch Vorteile für die Menschen: Landwirt:innen würden besser für ihre Arbeit entlohnt. In der Region entstünden neue Arbeitsplätze, da käfigfreie Haltungsformen aufwendiger zu managen sind. Tierhaltende Betriebe würden kleiner und wären lokal ausgerichtet. Das Risiko für gefährliche Keime und Belastungen durch die Betriebe sänke. Die Tierprodukte hätten eine höhere Qualität.

Je mehr Betriebe dadurch auf Bio umstellen, desto besser wäre der Käfigausstieg auch für Umwelt und Klima. Besonders nachhaltig wäre es zudem, wenn in der EU nur so viele Tiere genutzt würden, wie mit den Ressourcen der EU-Länder auch versorgt werden könnten. So wäre die europäische Tierhaltung nicht weiter für Umweltzerstörung und Raubbau in anderen Teilen der Welt verantwortlich. Dass man so alle Europäer:innen satt bekommen könnte, belegt eine Studie, die die Autor:innen anführen. Demnach reichen 92 % der landwirtschaftlichen Flächen der EU aus, um alle EU-Bürger:innen zu ernähren, sofern die landwirtschaftliche Tierhaltung um etwa 40 % reduziert wird.

Tierschutz und Nachhaltigkeit gehören zusammen

Die oben genannten und weitere ökologische und sozioökonomische Vorteile einer umfassenden Agrarwende, inklusive Käfigausstieg, ordnen die Autor:innen konkret den Nachhaltigkeitszielen der EU zu. Auf diese Ziele haben sich die Mitgliedsstaaten 2015 mit der Agenda 2030 geeinigt. Zwar ist Tierschutz keines davon. Tierschutzmaßnahmen, wie die Abschaffung der Käfighaltung, können jedoch zum Erreichen vieler der 17 Nachhaltigkeitsziele beitragen:

  • Geringere Besatzdichten und gesündere Tiere verringern das Risiko von Zoonosen und multiresistenten Keimen für Menschen (Ziel Nr. 3: »Gesundheit und Wohlergehen«).
  • Eine nachhaltigere, tierschutzgemäßere Tierhaltung bzw. Landwirtschaft wäre ein wichtiger Beitrag zu verantwortungsvollerem Konsum und Verbrauch (Ziel Nr. 12: »Nachhaltige/r Konsum und Produktion«).
  • Ein Rückgang der Tierhaltung würde Landflächen für den Anbau von Nahrungsmitteln für Menschen freigeben, die zuvor für den Futteranbau genutzt wurden (Ziel Nr. 2: »Kein Hunger«).
  • Eine reduzierte und nachhaltigere Tierhaltung verbraucht weniger Wasser und belastet Gewässer weniger (Ziel Nr. 6: »Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen«).
  • Weniger Tierhaltung bedeutet auch weniger Treibhausgase und damit einen wichtigen Beitrag gegen die Erderhitzung (Ziel Nr. 13: »Maßnahmen zum Klimaschutz«).
  • Eine reduzierte Tierhaltung belastet die Umwelt weniger und wirkt sich weniger negativ auf die Artenvielfalt aus (Ziel Nr. 15: »Leben an Land«).
  • Käfigfreie Systeme sind aufwendiger und hochwertiger, das bedeutet mehr Arbeitsplätze und eine bessere Bezahlung für die Produzent:innen (Ziel Nr. 8: »Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum«).

Fazit: Die Agrarwende muss und wird kommen

Die Abschaffung der Käfighaltung wird in einigen Bereichen große Veränderungen bedeuten. Die EU hat jedoch – z. B. in ihrer »Farm to Fork«-Strategie – klargemacht, dass eine Agrarwende aus verschiedenen Gründen erforderlich ist, erinnern die Autor:innen. Die Frage ist also weniger ob, sondern eher wie der Umbau angegangen werden kann. Im IEEP-Bericht finden sich dazu einige Beispiele aus der Praxis, die Lösungsansätze bieten.

Die Autor:innen betonen jedoch auch, dass die Politik in Europa für rechtliche Sicherheit sorgen und die Agrarwende vorantreiben müsse, z. B. durch Förderprogramme. Wichtig sei insbesondere, dass EU-Betrieben keine Nachteile durch außereuropäische Konkurrenz drohe, die sich nicht an die EU-Regeln halten muss. Auch Handel und Wirtschaft könnten für mehr Sicherheit sorgen, z. B. durch Abnahmegarantien, Festpreise, Selbstverpflichtungen oder angepasste Vermarktungsstrategien.

Die Verbraucher:innen müssten ebenfalls »mitgenommen« werden. Dazu brauche es eine größere Transparenz, z. B. durch die Haltungskennzeichnung und eine nachhaltige Preispolitik. Und nicht zuletzt müsse das Wohlergehen der Tiere auch messbar sein, schreiben die Autor:innen des Berichts. Hierzu sind weitere Forschung und eine Reform der Ausbildung für Landwirt:innen notwendig.

Der IEEP-Bericht zeigt, dass ein europaweiter Ausstieg aus der Käfighaltung eine lohnende Investition in eine nachhaltige Zukunft sein kann, wenn man ihn richtig angeht. Das »End the Cage Age«-Bündnis hat ihn daher an verschiedene Entscheider:innen geschickt – verbunden mit der Aufforderung, den Käfigausstieg als Teil der notwendigen Agrarwende zu diskutieren.

(jw)

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