WHO: Antibiotika verlieren Wirksamkeit
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im April 2014 wie schon im Jahr 2011 erneut vor dem Eintreten einer »post-antibiotischen Ära« gewarnt, also einem Zeitalter, in dem Antibiotika ihre medizinische Wirksamkeit auch für den Menschen verlieren.
Diese Ära kann uns relativ schnell bevorstehen, wenn wir unseren Umgang mit Antibiotika nicht grundlegend verändern. Als eines der Hauptproblemfelder nennt die WHO den hohen und unverantwortlichen Antibiotikaeinsatz in der »Nutztierhaltung«, der rund die Hälfte des weltweiten Verbrauchs ausmacht. Konkret bemängelt die WHO die routinemäßige Antibiotikaverwendung, die u. a. erfolgt, weil die hygienischen Grundvoraussetzungen in der Intensivtierhaltung so schlecht sind, dass die Tiere schon vorbeugend behandelt werden (auch wenn die Agrarindustrie das immer wieder abstreitet). Das Problem: Je häufiger Antibiotika eingesetzt werden, desto höher das Risiko, dass Krankheitserreger Resistenzen bilden. Bei Fehlern in der Anwendung wie einer zu kurzen oder zu niedrig Dosierung, potenziert sich dieses Risiko.
Hierzulande haben wir schon vor mehreren Jahren angefangen, dazu beizutragen, das Thema mit einem Online-Appell und unserer Öffentlichkeitsarbeit auf die politische Agenda zu setzen. Inzwischen berichten nicht nur die Medien regelmäßig, sondern es wurde auch ein neues Tierarzneimittelgesetz verabschiedet und das Ziel ausgesprochen, den Antibiotikaeinsatz deutlich zu reduzieren.
Antibiotika-Ziele nur mit Abkehr von Massentierhaltung erreichbar
Sicherlich kann die Antibiotikaverwendung in der Agrarindustrie reduziert werden, indem besonders unverantwortliche und/oder unqualifizierte Halter ihren Tieren weniger Medikamente verabreichen. Aber das Grundproblem, dass ein System, das die Tiere unter schlechten Bedingungen ans Limit ihrer »Leistungsfähigkeit« zwingt, ohne den hohen Einsatz von Antibiotika nicht funktionieren kann, wird damit nicht gelöst. Und solange der Antibiotikaverbrauch in Tonnen gemessen wird, besteht noch ein ganz anderes Problem: Reduktionsziele können recht problemlos erreicht werden, indem die Agrarindustriellen auf Medikamente umsteigen, die dieselbe Wirkung bei weniger Gewicht haben.
WHO-Warnung ernst nehmen
Wenn die Warnung vor der post-antibiotischen Ära nicht eintreffen soll, müssen u. a. die Mindestandards in der Tierhaltung erhöht werden (ob und wann eine Abschaffung realistisch wird, ist aus unserer Perspektive nicht abzusehen): Die Überzüchtung muss zurückgefahren werden und die Tiere brauchen mehr Platz, Licht, Luft, Beschäftigungsmaterial und Bewegung. Wir unterstützen eine europäische NGO-Initiative, die sich in Brüssel für diese und andere Maßnahmen rund um den verantwortungsvolleren Umgang mit Antibiotika einsetzt.
Detaillierte Informationen zum Thema Antibiotika in der Intensivtierhaltung finden Sie im Buch Die Natur schlägt zurück von Dr. Hermann Focke.