Regionale Lebensmittel werden überschätzt
Die Idee, regionale Lebensmittel zu bevorzugen, ist in den letzten Jahren immer populärer geworden. Konsument:innen und Unternehmen gehen davon aus, dass der Konsum lokal produzierter Produkte nachhaltig ist und zu einer Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks führt. Doch hat die Herkunft unserer Lebensmittel wirklich einen so großen Einfluss? Erkenntnisse aus dem Global Change Data Lab an der University of Oxford zeigen, dass es eine viel relevantere Stellschraube gibt: Wer seinen CO2-Fußabdruck verringern möchte, sollte darauf achten, was er isst – und weniger darauf, wo es herkommt.
Der Transport verursacht nur einen kleinen Teil der Emissionen
Wenn der Transport eines Lebensmittels einen erheblichen Anteil an dessen CO2-Fußabdruck hätte, wäre es aus Klimaschutzsicht angebracht, nur regionale Lebensmittel zu essen. Doch genau das ist nicht der Fall: Treibhausgasemissionen aus dem Transport machen bei den meisten Lebensmitteln nur einen sehr kleinen Anteil an den Gesamtemissionen aus. Der größte Anteil am CO2-Fußabdruck der meisten Lebensmittel geht stattdessen auf ihre Produktion zurück. Viele Treibhausgasemissionen entstehen etwa als Folge der Landnutzungsänderungen und in den Prozessen im landwirtschaftlichen Betrieb, zum Beispiel durch die Anwendung von Düngemitteln oder bei der Produktion von Methan im Magen von Rindern.
Lebensmittel im Vergleich
Diese interaktive Grafik von Our World in Data zeigt die Treibhausgasemissionen (als CO2-Äquivalente) pro Kilogramm Lebensmittel. Außerdem stellt sie dar, aus welchem Produktionsschritt die Emissionen jeweils stammen.
Beispiel Rindfleisch: Pro Kilogramm entstehen 99 kg CO2-Äquivalente – ein Vielfaches der CO2-Emissionen der meisten anderen Lebensmittel. Ob das Fleisch regional produziert oder vom anderen Ende der Welt importiert wurde, spielt dabei keine große Rolle: der Transport trägt lediglich mit 0,5 % zu den Gesamtemissionen bei. Erbsen verursachen dagegen insgesamt knapp 1 kg CO2-Äquivalente pro Kilogramm. Auf den Transport entfallen 0,1 kg CO2-Äquivalente.
Produkt | CO2-Äquivalente pro Kilogramm Produkt | CO2-Äquivalente, die auf den Transport entfallen |
Rindfleisch | 99 kg | 0,49 kg |
Schweinefleisch | 12 kg | 0,5 kg |
Käse | 24 kg | 0,14 kg |
Hühnerfleisch | 9,87 kg | 0,38 kg |
Milch | 3,2 kg | 0,09 kg |
Sojamilch | 0,98 kg | 0,11 kg |
Tofu | 3,16 kg | 0,18 kg |
Haferflocken | 2,5 kg | 0,09 kg |
Tomaten | 2,1 kg | 0,18 kg |
Erbsen | 0,98 kg | 0,1 kg |
Kartoffeln | 0,46 kg | 0,09 kg |
Der Vergleich zeigt, dass tierische Produkte generell einen größeren Fußabdruck haben als pflanzliche Lebensmittel. Es wird auch deutlich, dass der Transport bei den meisten Lebensmitteln einen sehr geringen Einfluss auf die Emissionen hat. Unterm Strich gilt: Wer seinen CO2-Fußabdruck verringern will, sollte vor allem darauf achten, pflanzliche Lebensmittel zu essen. Woher sie stammen, ist zweitrangig.
Unter Umständen kann ein regional produziertes Lebensmittel sogar mehr Emissionen verursachen als ein importiertes Produkt – nämlich dann, wenn beispielsweise eine Gemüsesorte in einem regionalen Gewächshaus angebaut wird, weil die Kund:innen sie auch außerhalb der Saison nachfragen. Studien zeigen, dass importierte Waren oftmals einen kleineren Fußabdruck haben als Produkte aus dem Gewächshaus.
Luftfracht ist klimaschädlich
Obwohl den Transportemissionen ein kleineres Gewicht zukommt, als man vielleicht vermuten würde, bedeutet das nicht, dass sie völlig irrelevant sind. Lebensmittel, die per Luftfracht transportiert werden, können sehr hohe Emissionen aufweisen, da die Luftfracht 50-mal mehr CO2-Äquivalente emittiert als der Seetransport. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass nur sehr wenige Lebensmittel per Flugzeug transportiert werden.
Den Einfluss regionaler Lebensmittel nicht überschätzen
Wer seinen CO2-Fußabdruck verringern will, hat viel bessere Hebel zur Verfügung, als auf den Transportweg seiner Lebensmittel zu schauen. Der größte davon ist der Umstieg auf eine pflanzliche(re) Ernährungsweise. Haben Sie Lust, die vegane Ernährung unverbindlich auszuprobieren? Dann schauen Sie doch bei unserer Vegan Taste Week vorbei!
Bei tierischen Lebensmitteln wird zudem häufig angenommen, dass regionale Produkte besonders tierfreundlich seien. Auch das ist ein Trugschluss: evtl. müssen die Tiere weniger lange Transporte über sich ergehen lassen, aber wie gut oder schlecht die eigentliche Tierhaltung ist, darüber gibt die Regionalität keinerlei Auskunft.