Interview mit Mahi Klosterhalfen: aktiv im Tierschutz
Das folgende Interview hat eine befreundete Organisation vor kurzem mit Mahi Klosterhalfen, unserem geschäftsführenden Vorstand, geführt. Wegen der Rückmeldungen, dass es besonders für junge Aktive interessant ist, veröffentlichen wir es jetzt auch auf unserer Seite.
Hallo Mahi, Du hast als Student die Initiative »Käfigfreie Mensa« gegründet. Wann war das und wie kam es dazu?
Das war im Jahr 2006. Im Jahr davor habe ich die Autobiografie von Gandhi gelesen, bin daraufhin Vegetarier und zwei Monate später Veganer geworden. Damit war ich ein Jahr lang sehr zufrieden, bis der Wunsch in mir wuchs, mehr für die Tiere zu tun als mich »nur« aus ihrer Ausbeutung herauszuhalten. Über die Webseite www.vegan.com erfuhr ich von der Cage Free Campus campaign in den USA, über die Studenten gecoacht werden, Gespräche mit ihren Mensachefs zum Thema Käfigeier zu führen. Die Idee fand ich super, und so griff ich zum Telefonhörer, um die US-Tierschützer zu fragen, ob sie mir Tipps geben können für den Start der Kampagne in Deutschland. Eine Woche später saß ich dann mit zitternden Knien im Büro des Mensachefs des Studentenwerks Düsseldorf.
Was Du in Düsseldorf angefangen hast, hat sich dann auf Unis in ganz Deutschland verbreitet. Wie hast Du Deine Mitstreiter gefunden und was habt Ihr erreicht?
Damals noch über das StudiVZ. Kennt man das überhaupt noch? Auf jeden Fall habe ich dort eine Gruppe gegründet und zusammen mit Freunden ganz viele Leute eingeladen. Für Düsseldorf haben wir Helferinnen und Helfer für eine Unterschriftensammlung gesucht, und wir haben zusätzlich neue Aktive für ganz Deutschland gefunden. In Düsseldorf haben wir innerhalb von einer Woche 2.500 Unterschriften für den Umstieg auf Freilandeier gesammelt, die den Mensachef restlos überzeugten. Und auch in anderen Städten hat sich schnell viel getan, sodass inzwischen mehr als zwei von drei deutschen Mensen komplett auf Käfigeier verzichten.
Ab 2012 ist die Käfighaltung in der EU verboten – wie es aussieht, wird gerade die Übergangslösung von Kleingruppenkäfighaltung gekippt. Das heißt, ab Januar ist für Hühner, die für die Eierlegung eingesperrt werden, nur Bodenhaltung erlaubt. Inwiefern verändert das die Arbeit der Initiative?
Das stimmt so nicht ganz. So wie es momentan aussieht, wird die Hennenhaltung in sogenannten »ausgestalteten Käfigen« in Deutschland bis 2020 erlaubt sein. In den meisten europäischen Ländern werden diese Käfige sogar dauerhaft legal sein und der Import dieser Eier ist und bleibt erlaubt. Von daher ändert sich wenig an der Arbeit. Außer dass wir inzwischen die gewonnenen Kontakte nutzen, um auch Themen aufzugreifen, die Mensachefs meistens etwas fremder sind als das Thema Käfigeier. Vor allem geht es darum, das vegane Angebot zu stärken. Dafür empfehlen wir den Studentenwerken Kochschulungen mit dem VeganHeadChef Björn Moschinski – und die kommen wahnsinnig gut an. Björn war mit seinen Schulungen inzwischen schon in etlichen Mensen.
Wie kann man sich für die Initiative konkret engagieren?
Am besten schaut man mal auf www.kaefigfreie-mensa.de/erfolge, ob das eigene Studentenwerk schon käfigfrei ist. Wenn das nicht der Fall zu sein scheint, schreibt man einfach an die Mensaleitung und bittet um eine Umstellung der Eier und der Eiprodukte (Flüssigei). Wenn nach zwei Wochen keine Antwort da ist (was nur manchmal vorkommt), muss man hartnäckig bleiben. Und wenn das auch nicht hilft, nimmt man einfach Kontakt zu uns auf – die Daten stehen natürlich auf unserer Webseite. Wir besprechen dann die weiteren Schritte.
Wenn sich junge Leute engagieren wollen – was rätst Du ihnen, wie sie am besten anfangen sollen?
Der mit Abstand beste Tipp, den ich jungen (und alten) Aktivisten geben kann, ist, immer wieder über den eigenen Schatten zu springen. Die Leiden der Tiere sind viel zu groß, als dass wir uns in unserer Komfortzone ausruhen dürften. Es geht darum, in Zukunft noch viel mehr zu bewegen als bislang. Wenn wir in den entscheidenden Momenten den Mut zusammennehmen, um Mensachefs, Restaurantbetreiber, Supermarktleiter usw. freundlich darum zu bitten, die tierfeindlichsten Produkte aus dem Sortiment zu nehmen und das veg* Angebot zu stärken, erreichen wir schon mal etwas. Wenn wir uns mit Schweigen oder Absagen nicht zufrieden geben, sondern weiter konstruktive Überzeugungsarbeit leisten, verändern wir Schritt für Schritt die Welt für viele Millionen Tiere.
Wie lange lebst Du vegan und wie wurdest Du Veganer?
Das war im Jahr 2005, kurz bevor ich 26 wurde. Ich las in der Autobiografie von Gandhi folgende Szene: Gandhi ist schwer krank. Seine britischen Ärzte geben ihm zu verstehen, dass er sterben wird, wenn er keine Hühnerbrühe trinkt. Gandhi sagt (sinngemäß): »Erstens glaube ich euch nicht und zweitens würde ich lieber sterben als einem Tier das Leben nehmen zu lassen«. Das hat mich sehr bewegt. Ich beschloss auf der Stelle, einen vegetarischen Testmonat einzulegen. Damals hatte ich noch alle Vorurteile gegen Vegetarier und Veganer, die man so haben kann, deshalb bitte ich um Nachsicht, dass mein Beschluss nicht weitreichender ausfiel. Aber dem einen Testmonat schloss sich ein zweiter an. Und dann wurde ich neugierig und fragte mich, was denn diese Veganer gegen Milch und Eier haben können. Ich sah mir ein paar Videos im Internet an und erfuhr, dass glückliche Kühe und glückliche Legehennen vor allem ein Werbemärchen sind. Ich weiß noch genau, wie ich vor dem Bildschirm saß und dachte: »Oh, ich glaube, du bist jetzt Veganer«. Dabei blieb es, und es war sicherlich eine der besten Entscheidungen meines Lebens.
Du bist heute geschäftsführender Vorstand der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt. Was ist dort Deine Aufgabe?
Mein Beruf ist wahnsinnig vielseitig, was einer der Gründe ist, weshalb ich ihn so liebe. Heute habe ich mit unserem Designer unsere neue Veggie-Einstiegsbroschüre fertig gestellt, danach hatte ich einen Termin bei einer großen Supermarktkette, um über Tierschutzfragen und das vegane Angebot zu sprechen. An anderen Tagen entwickle ich Kampagnenkonzepte, oder ich treffe mich mit Politikern in Berlin oder Brüssel. Und ich habe das große Glück, ein hervorragendes Team leiten zu dürfen. Übrigens alles nur, weil ich damals den Grundstein für meine Tierschutzkarriere gelegt habe, indem ich über meinen eigenen Schatten gesprungen und auf meinen Mensachef zugegangen bin. Wie gesagt: Der beste Tipp, den ich geben kann.