Krebstiere
Krebstiere, zu denen mindestens 52.000 Arten wie u. a. Krabben, Hummer und Garnelen zählen, sind beeindruckende Lebewesen: So wird geschätzt, dass beispielsweise Hummer bis zu 100 oder sogar 140 Jahre alt werden können. Ihre Entwicklung geht zurück bis ins Kambrium, ein Zeitalter vor rund 500 Millionen Jahren. Durch ihr festes Außenskelett sind Krebstiere, die in verschiedensten Lebensräumen im Süß- und Salzwasser leben, gut vor äußeren Einflüssen geschützt.
Der Konsum von Krebstieren, die im Küchenjargon »Krustentiere« genannt werden, ist besonders in der sogenannten Gourmetküche beliebt. Hummer werden als Delikatesse serviert, Krabben und Garnelen werden mittlerweile auch in der Alltagsküche immer häufiger verwendet. Dass die Tiere jedoch bei der Zucht, beim Fang, beim Transport und der Tötung teils große Qualen erleiden, bleibt häufig unerwähnt. Im Folgenden erklären wir die gängigen Praktiken und zeigen Alternativen auf.
Fang und Aquakultur in Deutschland und der Welt
Krebstiere werden zum Teil auch in Deutschland gezüchtet und gefangen: Die Flotten der deutschen Seefischerei fingen 2022 insgesamt 9.260,80 Tonnen Garnelen und Krebse. Im Schnitt verzehrte ein Mensch in Deutschland im Jahr 2022 1,8 kg (Fanggewicht) wild gefangene Krebs- und Weichtiere. Zusätzlich erzeugten 2022 25 deutsche Aquakultur-Betriebe insgesamt 31 Tonnen Krebstiere.
Der Großteil der »Krebstier-Produktion« findet jedoch außerhalb von Deutschland statt: Laut der Welternährungsorganisation (FAO) wurden 2019 weltweit knapp 10,5 Millionen Tonnen Krebstiere in Aquakultur gezüchtet. In Tieren umgerechnet, ging das britische Projekt Fishcount für das Jahr 2017 (mit 8,6 Millionen Tonnen Krebstiere laut FAO) von 43-75 Milliarden Krebsen, Krabben und Hummern und 210-530 Milliarden Garnelen in Aquakultur aus. Für Garnelen schätzt ein Bericht der Weltbank bis zum Jahr 2030 einen Produktionsanstieg der Aquakultur von über 10 %.
Die Menge an wild gefangenen Krebstieren belief sich in 2019 laut FAO auf weltweit 6,1 Millionen Tonnen und liegt somit etwa ein Drittel unter der in Zucht gewonnen Menge. Allein die Menge an gefangenen Garnelen belief sich auf rund 3,1 Millionen Tonnen. Weitere Zahlen zu Aquakultur und Wildfang von Krebstieren finden Sie auch hier.
Krebstiere werden übrigens nicht nur wegen ihres Verzehrs gezüchtet und gefangen, sondern auch wegen ihres Chitosans: Ein Stoff, der aus den chitinhaltigen, stabilen Körpern gewonnen wird und u. a. in Kosmetik, Lebensmitteln sowie pharmazeutischen Produkten enthalten ist. Wer sich frei von tierlichen Inhaltsstoffen ernähren und pflegen möchte, sollte auf diese Zutat achten.
Problematische Fangmethoden bei wilden Krebstieren
Viele der Krebstiere, die für den menschlichen Konsum verwendet werden, werden in Süß- oder Salzwasser als Wildtiere mit unterschiedlichen Methoden eingefangen.
Hummer werden meist mit Hilfe spezieller Lebendfallen, sogenannter Korbreusen, aus der Wildnis gefangen. Transport und Lagerung erfolgen überwiegend lebend, in engen Kisten und mit zusammengeschnürten Scheren, da tote Hummer schnell verderben. Die Tiere während ihrer oft wochenlangen Lagerung zu füttern, würde durch die entstehenden Exkremente das Wasser verschmutzen. Deshalb wird die Fütterung schlichtweg unterlassen.
Auch Krebse werden mittels Korbreusen gefangen und zum Teil lebend transportiert und gelagert.
Der Fang von Garnelen geschieht meist mithilfe von Grundschleppnetzen, die über den Meeresboden geschleift werden. Dabei wird der empfindliche Lebensraum für viele weitere Tiere und Pflanzen aufgewühlt und zerstört. Zudem ist der sogenannte Beifang bei dieser Methode riesig: Bis zu 9 kg pro 1 kg Krabben kann der Anteil an anderen Tieren wie Fischen und Schildkröten sein, die in den Netzen, an Bord oder verletzt zurück ins Meer geworfen einen qualvollen Tod erleiden.
Krebstiere in Aquakultur
Die Aquakultur, das Züchten von Fischen und Krebstieren in Teichen, Tanks oder abgeteilten Meeresabschnitten, gehört zu den am schnellsten wachsenden Sektoren im Bereich der sogenannten Tierproduktion. Vor allem Garnelen werden in Aquakultur gehalten.
Um die auf engstem Raum gehaltenen Krebstiere vor Krankheiten zu schützen und ihr Wachstum anzuregen, erhalten sie häufig Medikamente wie Antibiotika, deren Zulassung und Einsatz sich von Land zu Land stark unterscheidet und besonders im asiatischen Raum unklar ist.
Zudem können soziale und umweltbezogene Belastungen als Folge der Aquakultur aufgezeigt werden: So mussten etwa ganze Mangrovenwälder in Thailand weichen, um Platz für die Aquakulturen zu schaffen. Außerdem fließen Chemikalien und Nährstoffe, die ins Wasser gegeben werden, dort regelmäßig ungefiltert in die Umwelt.
Schmerzempfinden von Krebstieren
Wie bei Fischen konnte inzwischen entgegen häufiger Annahmen auch bei Krebstieren nachgewiesen werden, dass sie Schmerz empfinden. Wissenschaftliche Ergebnisse verdeutlichen, dass Krebstiere beispielsweise Reaktionen wie ein ausgeprägtes (Schmerz-)Vermeidungsverhalten oder andere körperliche Anzeichen von Schmerz zeigen: Vermeidungslernen konnte beispielsweise bei Krabben nachgewiesen werden, die einen hellen Bereich im Aquarium mieden, wenn dort kurz zuvor ein Elektroschock auftrat. Weitere Verhaltensbeobachtungen zeigen: Steingarnelen rieben sich die Fühler, wenn diese mit Säure in Berührung kamen ‒ im Vergleich zu Wasser, bei dem sich die Garnelen nicht kratzten. Eine schmerzlindernde Wirkung, ausgedrückt durch z. B. weniger Reiben, konnte durch die Gabe von Morphinen erreicht werden, was ebenfalls für das Vorhandensein von Schmerz spricht. Außerdem gibt es auch bei Krebstieren Hinweise auf ein zentrales Nervensystem. Die Beobachtung einfacher Mechanismen wie die Entscheidung von Einsiedlerkrebsen, in ihrer Muschel zu bleiben oder eine neue zu beziehen, ist ein Hinweis auf Kognition bei diesen Tieren.
Mehr Hintergründe zu Schmerzen bei Krebstieren finden Sie hier.
Tötung der Krebstiere
Das Vorhandensein von Schmerz bei Krebstieren lässt erhebliche Kritik an den üblichen Tötungsmethoden aufkommen. Häufig werden Hummer, Krebse und Garnelen lebendig in kochendes Wasser geworfen – obwohl nachgewiesen werden konnte, dass etwa Krebse noch für zweieinhalb Minuten die Hitze und damit Schmerzen fühlen können. Weitere Methoden zur Betäubung und Tötung je nach Tierart sind das Zerteilen, das Durchstechen der Ganglien (Teile des Gehirns), Vergasen, Einfrieren, Abkühlen und das Eintauchen in Süßwasser oder Salzlösung. Die derzeit als am wenigsten belastend geltende Tötungsmethode für Krebstiere, bei der das Tier vor der Verarbeitung in einer mit Wasser gefüllten Wanne durch einen Elektroschock betäubt wird (»Crustastun«), hat sich bisher noch nicht als Standard durchgesetzt.
Mehr Informationen zu den verschiedenen Betäubungs- und Tötungsmethoden finden Sie hier.
Rechtliche Bestimmungen
Leider genießen Krebstiere nur wenig konkret auf sie zugeschnittenen, rechtlichen Schutz: Die Europäische Union hat einige Regelungen und Empfehlungen zu Ressourcen- und Umweltthemen bezüglich der Fischerei verfasst (Gemeinsame Fischereipolitik (GFP)), die u. a. eine Fangerlaubnis für das Fischen mit Grundschleppnetzen vorschreiben (VO (EG) Nr. 734/2008), Nachhaltigkeit in der Aquakultur fördern sollen und Kontrollen im Fischereibetrieb zumindest etwas verschärfen (VO (EG) Nr. 1224/2009). Es werden Verordnungen verabschiedet, die Fangmethoden und -gebiete für die gesamte Fischerei vorschreiben, z. B. die Beschaffenheit von Netzen oder Bemühungen zur Verhinderung von Beifang (VO (EG) Nr. 43/2009). Spezielle Vorschriften für Krebstiere direkt gibt es nicht, sie fallen unter die generellen Fischerei-Regelungen.
Die deutsche Tierschutzschlachtverordnung (TierSchlV) äußert sich etwas genauer: Sie erlaubt das Lagern von lebenden Krebstieren in Wasserbecken, jedoch nicht auf Eis (Abschnitt 3, §11). Außerdem ist vorgeschrieben, dass Krebstiere nur durch Eintauchen in kochendes Wasser getötet werden dürfen und Taschenkrebse darüber hinaus auch durch Zerteilen (Abschnitt 3, §13, Punkt 8) – dass diese jedoch keine »schonenden« Methoden darstellen, konnte, wie oben beschrieben, bereits nachgewiesen werden.
Vermeidbarkeit und Forderungen
Bezüglich des Fangs und der Tötung von Krebstieren ist vor allem hinsichtlich ihrer Schmerzfähigkeit die generelle Erarbeitung und Durchsetzung konkreter Schutzvorschriften zu fordern, die den bisher vorherrschenden Transport-, Lagerungs- und Tötungsbedingungen entgegenwirken: So sollten die Zucht, Haltung und Schlachtung etwa möglichst an einem Ort stattfinden (um z. B. die Belastung vor der Tötung – Aufbewahrung von lebenden Tieren ohne Fütterung bis zum Tod – zu minimieren) und schonende Betäubungs- und Schlachtmethoden, die einen schnellen Bewusstseinsverlust garantieren und Stress und Schmerz so gering wie möglich halten, gesetzlich verankert werden.
Was speziell die in Aquakultur aufgezogenen Krebstiere betrifft, müssen zudem folgende Forderungen zur Züchtung, Haltung und Tötung erfüllt werden:
- Verbindliche Vorschriften zur Besatzdichte mit definierten Höchstgrenzen für jede Art sind gesetzlich festzulegen.
- Der künstliche Lebensraum ist mit artgemäßen Strukturierungen anzureichern, die ein artgerechteres Verhalten ermöglichen.
- Die ethologische Erforschung einer Art bezüglich ihrer essenziellen Bedürfnisse muss ihrer Domestizierung vorausgehen. Können diese Bedürfnisse in einer Aquakultur nicht erfüllt werden, dann sollte diese aquatische Art auch nicht domestiziert werden.
Was Sie tun können
- Da Krebstiere ebenso wie Fische und andere Tiere Individuen sind, die Schmerz empfinden und die durch die gängigen Fang- und Tötungsmethoden großes Leid erfahren, raten wir vom Verzehr von Krebstieren generell ab.
- Sehen Sie auch vom Verzehr von Krebstieren ab, die in Ratgebern (z. B. vom WWF) als aus ökologischer Sicht noch konsumierbar gelten: Wenn der Konsum generell zu hoch ist, ist es langfristig wirkungslos, den Konsum auf die bislang stabilsten Arten umzulenken, da diese dann früher oder später auch überfischt sein werden.
- Auch vom Verzehr von Krebstieren mit Nachhaltigkeitssiegel (wie z. B. MSC) raten wir ab, da ihre Kriterien praktisch keine Tierschutzstandards enthalten und somit aus Tierschutzsicht keine Lösung sind.
- Als Hauptargument für den Konsum von Krebstieren wie Garnelen und Krebsen gilt ihr hoher Anteil an Proteinen bei gleichzeitig niedrigem Kalorien- und Fettgehalt. Der menschliche Eiweißbedarf lässt sich jedoch genauso gut und fettarm beispielsweise mit Sojaprodukten, Getreide und Hülsenfrüchten decken.
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