Gabel statt Skalpell – Filmbesprechung
Gabel statt Skalpell – so lautet der Titel einer im September mit deutschen Untertiteln erschienenen US-Dokumentation, die die Zusammenhänge von Ernährung und Krankheiten bzw. Gesundheit auf unterhaltsame Weise aufzuzeigen versucht. Dem Film zugrunde liegen unter anderem die Forschungsergebnisse der sogenannten »China Study«, einer der umfangreichsten jemals durchgeführten Ernährungsstudien, die zu dem Schluss kommt, dass eine pflanzenbasierte Ernährungsweise viele gesundheitliche Vorteile mit sich bringen kann.
Alarmierende Zahlen
Gleich zu Beginn des Films wird der Zuschauer in einer schnell zusammengeschnittenen Collage von Statements aus Nachrichtensendungen und Expertenzitaten mit allerlei schockierenden Fakten zum Thema Ernährung und Krankheit konfrontiert. Das ganze mutet typisch amerikanisch an, und auch die Zahlen des ganzen Films beziehen sich auf die USA, dem sollte sich der Zuschauer bewusst sein.
Diabetes, Krebs, Herz- und Kreislaufleiden sowie Übergewicht zählen zu den Zivilisationskrankheiten unserer Zeit, und die Krankheitsraten nehmen immer bedrohlichere Ausmaße an. Laut des Filmemachers könnte die jetzige US-Generation die erste sein, die kürzer als die Elterngeneration lebe; 40% der US-Bürgen seien übergewichtig und die Hälfte der Bürger lebe mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Außerdem sei das Gesundheitsbudget der USA fünfmal so hoch wie das der Verteidigung, und dennoch sei man so krank wie nie zuvor. Eine mögliche Lösung dieser Probleme wird prompt geliefert: Eine vollwertige, pflanzliche Ernährungsweise. Dies scheint fast zu einfach, um wahr zu sein.
Umstellung der Ernährung
Der Filmemacher Lee Fulkerson macht den 12-wöchigen Selbstversuch, um zu schauen, was eine Ernährungsumstellung bei ihm bewirken kann. Sich selbst eine gute Gesundheit attestierend, muss er feststellen, dass seine Blutwerte eine andere Sprache sprechen: alarmierend erhöhte Entzündungs- und Cholesterinwerte.
Unter dem Motto »Let food be thy medicine«, zu Deutsch »Lass Nahrung deine Medizin sein« (Hippokrates), werden zusätzlich zu Lee Fulkerson fünf weitere Personen auf dem Weg ihrer Ernährungsumstellung und ihres Genesungsprozesses begleitet. Aufbauend auf den Ergebnissen von Dr. Colin Campbell und Dr. Esselstyn gibt es immer mehr Ärzte, die die positiven Auswirkungen einer pflanzenbasierten Ernährung anerkennen, und bei denen eine Ernährungsumstellung Teil der ärztlichen Behandlung ist. Campbell und Esselstyn weisen in ihrer Biografie einige entscheidende Parallelen auf. So sind beide auf landwirtschaftlichen Betrieben groß geworden und teilten lange Zeit die Tradition ihrer Familien. Campbell selbst hielt Milch für die perfekte Nahrung, und er war entsprechend stolz darauf, Teil ihrer »Produktion« zu sein - bis seine Forschung andere Ergebnisse zu Tage brachte.
Ergebnisse der »China Study«
Seine »China Study« stellte hochsignifikante Zusammenhänge zwischen einer Ernährung mit viel tierischem Eiweiß und weitverbreiteten Krankheiten fest. Bei Bevölkerungsgruppen, die keine oder kaum tierische Produkte zu sich nehmen, treten die gleichen Krankheiten nur begrenzt auf. Eine auf Pflanzen basierende Ernährungsweise könne demnach dazu beitragen, Krankheitsbilder zu verhindern, zu lindern oder sogar rückgängig zu machen, worauf auch Esselstyn bei seinen Untersuchungen stößt. Zu erwähnen ist, dass die Ergebnisse der »China Study« von Campbell dahingehend vorsichtig interpretiert werden müssen, dass seine Art der Studie keine Rückschlüsse über die kausalen Zusammenhänge der von ihm festgestellten Wechselbeziehungen zulässt. Dies ist ein Problem aller Untersuchungen sogenannter Korrelationen.
Beachtlich sind allerdings die Einzelschicksale der begleiteten Patienten. Viele waren auf eine Vielzahl von Medikamenten angewiesen und galten teilweise nach Auffassung ihrer bisherigen Ärzte als unheilbar. Mit der Ernährungsumstellung setzten viele gleichzeitig ihre Medikamente ab, die Blutwerte verbesserten sich deutlich, und Krankheitssymptome verschwanden.
Mit ihren bis dato ungewöhnlichen Ansätzen machten sich die Wissenschaftler nicht nur Freunde. Im Gegenteil, oft gleicht ihre Arbeit in Bezug auf ihre Kollegen und andere Wissenschaftler einem Kampf gegen Windmühlen, der sich teilweise auch negativ auf ihre eigenen wissenschaftlichen Karrieren auswirkt.
Gabel statt Skalpell – das Fazit
In »Gabel statt Skalpell« werden hauptsächlich gesundheitliche Motive für eine pflanzliche Ernährungsweise genannt, ethische Überlegungen treten ganz in den Hintergrund. Am Rande wird hier jedoch auf die Haltungsbedingungen von Milchkühen eingegangen, und auch die Arbeit von Gene Baur, Mitgründer von Farm Sanctuary, wird vorgestellt. Ohne erhobenen Zeigefinger wird gezeigt, dass eine pflanzliche Ernährungsweise nicht nur positive Auswirkungen auf den Gesundheitszustand von Menschen haben kann, sondern auch tierfreundlich ist und der Umwelt zugute kommt.
Die typisch amerikanische Note zieht sich durch den gesamten Film. Oft wünscht man sich als Zuschauer die deutschen Zahlen zum Vergleich. So erwischt man sich möglicherweise bei dem Gedanken, dass die Situation in Deutschland sicherlich weniger dramatisch ist. Doch das Bundesministerium für Bildung und Forschung fand heraus, dass in Deutschland rund ein Drittel aller Kosten im Gesundheitswesen durch Krankheiten verursacht werden, die direkt oder indirekt durch Ernährungsfaktoren begünstigt werden. Und auch die Verstrickungen der Agrarindustrie mit der Politik finden sich ebenso wie in den USA auch in Deutschland.
Auch wenn in der Dokumentation sicherlich vieles sehr generalisiert dargestellt wird, kann uns der Film daran erinnern, über unsere Ernährungs- und Lebensweise nachzudenken.
Zum Film gibt es auch ein Buch mit weiteren Hintergrundinformationen sowie ein Kochbuch, beides jedoch nur auf Englisch.
Hier können Sie sich den deutschen Trailer anschauen: