Tiertransporte: Zahlen und Fakten

Die Nutzung von Tieren ist in Deutschland und den meisten anderen Industrienationen hoch spezialisiert und in verschiedene Bereiche aufgeteilt. Es gibt Zucht- und Vermehrungsanlagen, Brütereien, Mastanlagen, Betriebe für die Ei- oder Milcherzeugung und Schlachthäuser. Dementsprechend werden landwirtschaftlich genutzte Tiere in ihrem Leben oft mehrfach von Betrieb zu Betrieb transportiert.

Die Mehrzahl der Tiertransporte sind sogenannte Schlachttiertransporte. Neben »Masttieren« erwartet auch »Legehennen«, »Zuchtsauen« oder »Milchkühe« ein Ende im Schlachthof – spätestens wenn ihre »Leistung« nachlässt. Da zentrale Großschlachtbetriebe zunehmend dominieren und die kleinen, regionalen Schlachtereien aussterben, werden die Transportwege immer länger. Ab acht Stunden Fahrt spricht man von Langstreckentransporten.

Internationaler Handel mit Tieren

Landwirtschaftliche Betriebe kaufen und verkaufen lebende »Nutztiere« nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern handeln auch mit Betrieben in anderen Ländern. Der Weg von einem Betrieb zum anderen kann daher viele hundert Kilometer lang sein.

Innerhalb der EU werden laut Europäischem Rechnungshof jedes Jahr rund 34,9 Millionen Schweine, 4,3 Millionen Rinder, 2,9 Millionen Schafe und Ziegen sowie 1,3 Milliarden landwirtschaftlich genutzte Vögel (»Geflügel«) transportiert. Hinzu kommen 2,9 Millionen Schafe und Ziegen, eine Million Rinder, eine halbe Million Schweine und 219,3 Millionen Vögel, die aus der EU exportiert oder in die EU importiert werden. Insgesamt sind das 1,6 Milliarden Tiere pro Jahr. Transporte in sogenannte Drittländer, also Länder außerhalb der EU, sind dabei besonders problematisch. Mehr dazu erfahren Sie im Abschnitt »Transporte in Drittländer«.

Deutschland exportierte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2022 über 267 Millionen Rinder, Schweine, Hühner und andere landwirtschaftlich genutzte Tiere in EU- und Nicht-EU-Länder und führte mehr als 159 Millionen von ihnen nach Deutschland ein. Diese Zahlen sind leicht rückläufig.

Die wichtigsten Handelspartner Deutschlands (gemessen an der Anzahl der gehandelten »Nutztiere« laut Statistischem Bundesamt) waren 2022 mit Abstand die Niederlande (mehr als 280 Mio.), gefolgt von Polen, Österreich und Dänemark (zwischen 27 und 51 Mio,), außerdem Belgien, Tschechien, Frankreich, Italien, die Ukraine und Ungarn (zwischen 3 und 9 Mio.).

Europäisches und deutsches Recht zu Tiertransporten

Im Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verpflichten sich die EU und ihre Mitgliedstaaten, »den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung [zu tragen]«.

Auf europäischer Ebene regelt die EU-Tierschutztransportverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1/2005) den Transport von lebenden »Nutztieren«. Laut diesen Bestimmungen hat ein 100 kg schweres Schwein nicht einmal einen halben Quadratmeter Platz und Rinder dürfen bis zu 29 Stunden (inkl. einer Stunde Pause) am Stück transportiert werden.

Die an vielen Stellen zu laschen Vorgaben werden zudem oftmals nicht eingehalten. Im Rahmen eines Fitness Check der EU-Tierschutzgesetze im Jahr 2022 räumte die EU-Kommission ein, dass »die Einhaltung der Vorschriften in Bereichen wie Tiertransporte, insbesondere was lange Beförderungen, den Transport junger oder trächtiger Tiere und die Ausfuhr von Tieren betrifft, nach wie vor eine große Herausforderung [ist].«

Aktuell (Ende 2023) steht eine Aktualisierung der Verordnung aus, nachdem ein Untersuchungsausschuss des EU-Parlament 2021 gravierende Mängel und Verstöße gegen die geltenden Vorschriften feststellte und Empfehlungen aussprach. Um Druck auf die EU auszuüben, hatte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir im Juni 2022 gemeinsam mit Dänemark, Belgien, den Niederlanden und Schweden in einem Positionspapier einen besseren Tierschutz beim Transport gefordert.

Deutschland setzt die europäischen Vorgaben mittels der nationalen Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV) um. Sie konkretisiert einige grobe Vorgaben der europäischen Verordnung und regelt manche Bereiche strenger – trotzdem ist auch sie nicht ausreichend, um Leiden bei den transportierten Tieren zuverlässig zu verhindern.

Belastung durch Transporte

Der Transport sogenannter Nutztiere erfolgt in Deutschland und Europa standardmäßig mit ein- oder mehrstöckigen Lkw. Große Tiere wie Rinder oder Schweine stehen in Gruppenabteilen auf den verschiedenen Etagen. Kleine Tiere wie Hühner, Puten oder Kaninchen werden dagegen in gestapelten Boxen oder Käfigen transportiert. Häufig ermöglichen diese Behälter keinen Zugang zu den darin untergebrachten Tieren – ein Zustand, der gegen die Verordnungen verstößt.

Schweinetransport
© Paul Prescott – Shutterstock

Stress und Erschöpfung

Ein Transport bedeutet für die Tiere Stress: Oft beginnt der schon beim hektischen und groben Beladen, wenn sie auf die Ladeflächen der Lkw getrieben oder gefangen und in Transportboxen gepackt werden. Insgesamt ist die Situation für die Tiere ungewohnt und beängstigend. In den Abteilen und Käfigen ist es eng und laut. Unter diesen Umständen und aufgrund der Bewegungen des LKWs ist Ausruhen unmöglich und die Tiere leiden oftmals unter Erschöpfung.

Dem Wetter ausgesetzt

Die Ladeflächen der Transporter sind mit Gittern oder Öffnungen versehen. Das bedeutet, dass die Tiere den Wetterverhältnissen ausgesetzt sind: In heißen Sommermonaten kann sich der Innenraum eines Transporters unerträglich aufheizen, besonders wenn die Tiere dicht gedrängt sind, im Winter ziehen Nässe und Kälte hinein. Die EU-Tierschutztransportverordnung gibt zwar vor, dass Tiere über oder unter bestimmten Temperaturen innerhalb des Transporters nicht transportiert werden sollten, dies wird jedoch regelmäßig missachtet.

Zu wenig Platz

Die Transportboxen oder -käfige für kleine Tiere sind üblicherweise so niedrig, dass die Luft nicht zirkulieren kann. Die Tiere bekommen nicht ausreichend frische Luft. Es ist ihnen auch nicht möglich, aufzustehen und sich zu strecken. In den Boxen können sie nur gebeugt hocken.

Ist in den Gruppenabteilen bei größeren Tieren die Laderaumhöhe zu niedrig, ist die Luftversorgung auch hier ungenügend. Außerdem stoßen die Tiere häufig mit ihren Rücken an die Decke. Besonders bei Rindern ist das ein Problem, da sie ihren Rücken aufkrümmen müssen, um Kot oder Urin abzusetzen. In doppelstöckigen Transportern ist es nahezu unmöglich, Rindern eine angemesse Deckenhöhe zu gewährleisten.

Die EU-Tierschutztransportverordnung gibt für manche Tiere darüber hinaus zu geringe Bodenflächen vor. Die Tiere können so besonders bei langen Fahrten nicht bequem und ohne Verletzungsrisiko liegen.

Erhöhte Verletzungsgefahr

Von der Ausstattung der Transportfahrzeuge können ebenfalls Gefahren ausgehen. Scharfe Kanten, Spalten oder Öffnungen verursachen schmerzhafte Schnitt- oder Quetschverletzungen.

Nicht selten kommt es vor, dass Tiere während des Beladens verletzt werden. Bleiben die Tiere mit ihren Füßen oder Flügeln in Zwischenräumen hängen oder rutschen sie beim Abladen auf den Rampen aus, sind Prellungen, Abschürfungen oder gar Knochenbrüche die Folge. Oft werden sie dann trotzdem abtransportiert, auch wenn die EU-Tierschutztransportverordnung vorgibt, dass verletzte Tiere nicht transportfähig sind.

Im Transporter treffen außerdem einander fremde und verängstigte Tiere aufeinander, die sich nicht aus dem Weg gehen können. Nicht selten verletzen sich die Tiere gegenseitig – absichtlich oder aufgrund der Enge unabsichtlich.

Unzureichende Versorgung unterwegs

EU-Tierschutztransportverordnung macht Vorgaben zur Wasser- und Futterversorgung der Tiere beim Transport, diese werden jedoch regelmäßig missachtet. Tränken im Laderaum sind leer, funktionieren nicht oder passen nicht zur transportierten Spezies, sodass die Tiere zum Beispiel nicht herankommen. Auch Einstreu muss in ausreichender Menge vorhanden sein. Je länger die Tiere unterwegs sind, desto mehr Fäkalien sammeln sich jedoch an, die meist nicht entfernt werden. Zudem werden Pausen- und Melkzeiten oft nicht eingehalten.

Keine Begrenzung der Transportzeit

Die Tiere sind den Belastungen des Transports stundenlang, teilweise über Tage und manchmal sogar mehrere Wochen lang ausgesetzt. Zwar besagt die EU-Tierschutztransportverordnung, dass Transporte nicht länger als acht Stunden dauern sollten und der EU-Ausschuss für Tiergesundheit und Tierschutz (EFSA) hebt in seinen Stellungnahmen hervor, dass das Wohlbefinden der Tiere sich immer weiter verschlechtert, je länger die Beförderung andauert. Trotzdem setzt die Verordnung keine absolute Begrenzung der Transportzeit fest.

Innerhalb Deutschlands ist die Transportdauer in der nationalen Tierschutztransportverordnung auf höchstens acht Stunden begrenzt – jedoch werden im gleichen Paragraphen Bedingungen angegeben, unter denen der Transport wesentlich länger dauern darf. Somit sind also Langstreckentransporte auch nach der deutschen Verordnung erlaubt.

Transport nicht entwöhnter Kälber und Lämmer

Kälber, die eigentlich noch auf die Milch ihrer Mütter angewiesen wären, leiden besonders auf Tiertransporten. Meist handelt es sich dabei um männliche Tiere, die »Nebenprodukte« der Milchindustrie sind. Für Länder wie Irland, die eine ausgeprägte Milchindustrie aber nicht so großen Bedarf an Kalbfleisch haben, ist der Export der Kälber eine einfache Lösung. Die Tiere werden möglichst kurz nach der Geburt, oft schon im Alter von zwei bis drei Wochen, billig zur Mast verkauft. Bis zu 72 Stunden sind manche von ihnen dann unterwegs, wie eine Untersuchung der Eurogroup for Animals zusammen mit Compassion in World Farming zeigt.

Die Kälber leiden nicht nur unter der frühzeitigen Trennung von ihrer Mutter, sie nehmen in diesem Alter auch noch keine feste Nahrung zu sich und haben kaum Energiereserven. Sie sind auf Kuhmilch oder »Milchaustauscher« angewiesen, die sie mehrmals am Tag erhalten müssen, insbesondere während eines belastenden Transports. Oft macht sich auf Transporten oder selbst auf Zwischenstationen jedoch niemand die Mühe, die Tiere adäquat zu versorgen.

Da das Immunsystem dieser Kälber noch nicht voll entwickelt ist und sie ihre Körpertemperatur nicht regulieren können, sind sie, vor allem wenn sie nicht gut versorgt werden, besonders anfällig für die Belastungen des Transports.

In der gesamten EU betrifft das jährlich mehrere Hunderttausend Kälber. Allein von Deutschland nach Spanien gingen im Zeitraum Oktober 2021 bis April 2023 23.388 Tiere, die nach offiziellen Angaben im Schnitt 21 Stunden unterwegs waren, inoffiziell noch länger (siehe dazu: Tricksereien bezüglich Start und Ziel).

Immerhin: In Deutschland gilt seit dem 1. Januar 2023 ein Transportverbot von Kälbern, die jünger als 28 Tage sind. Innerhalb der restlichen EU ist das jedoch weiterhin möglich.

Ähnlich problematisch ist der Transport von etwa 300.000 nicht entwöhnten Lämmern, die jedes Jahr vor allem aus Rumänien und Ungarn nach Italien transportiert werden. Sie enden dort bevorzugt als Oster- oder Weihnachtsbraten.

Schaftransport
© Animal Equality

Krankheit und Tod durch Transport

Transporte bergen auch immer die Gefahr, Krankheitserreger zu verbreiten. Durch den erlebten Stress beim Transport sind die Tiere laut EFSA anfälliger für Infektionen. Die beengten Bedingungen im Transporter fördern zusätzlich die Verbreitung der Erreger zwischen den Tieren. Gefährlich ist das letztendlich auch für Menschen, da stets die Gefahr besteht, dass manche Erreger auch auf den Menschen übergehen.

Es kommt auch vor, dass Tiere während des Transports sterben. Bei Vögeln ist eine gewisse Sterberate sogar fest einkalkuliert. Sie wird als »Death on arrival«, also »Tod bei Ankunft« bezeichnet. Bei besonders ungünstigen Umständen wie Sommerhitze, nasskalten Wintertemperaturen oder ungenügenden Transportmitteln kann die Todesrate durchaus mehrere Prozent erreichen.

»Masthühner« und »Mastschweine« sind aufgrund ihrer Überzüchtung besonders anfällig für die Strapazen des Transports. Erheblich gefährdet sind auch Jungtiere, die noch auf flüssige Nahrung angewiesen sind. Auch Tiere, die trotz Verletzung oder Erkrankung transportiert werden, haben ein erhöhtes Sterberisiko.

Verstöße sind die Regel

Für die Kontrollen der Tiertransporte sind in Deutschland die Veterinärbehörden der Bundesländer zuständig. Teilweise erhalten sie Unterstützung von der Polizei oder dem Zoll. Die Ergebnisse der Kontrollen muss Deutschland an die Europäische Kommission übermitteln.

Bei den Kontrollen im Jahr 2018 wurden in Deutschland insgesamt etwa 6.000 Verstöße beim Transport von Rindern, Schweinen, Vögeln, Schafen und Ziegen festgestellt. Bei den Rindern betrafen die meisten Verstöße (insgesamt fast 45 %) die Transportfähigkeit der Tiere. Insbesondere fanden die Kontrolleur:innen hochschwangere oder kranke bzw. verletzte Tiere auf den Transportern. Auch bei Schweinen wurde meist der Transport von verletzten oder kranken Tieren bemängelt. Bei allen Tierarten fanden die Kontrolleur:innen Verstöße gegen die Vorgaben der Ladedichte vor, die Transporter waren also überladen. Das betraf vor allem in Behälter zusammengepferchte Vögel.

Bei anderen Verstößen ging es um die Dokumentation oder das Transportmittel. 430 Mal wurden außerdem die Vorgaben zum Tränken und Füttern oder zur Transport- oder Ruhedauer nicht eingehalten.

Was der Bericht von 2018 nicht berücksichtigt: Transportunternehmen umfahren bestimmte Regionen gezielt oder wählen gänzlich andere Routen, um häufigen oder strengeren Kontrollen zu entgehen. Da sich außerdem das Strafmaß für dieselben Vergehen von Land zu Land innerhalb der EU immer noch unterscheidet, nehmen die Transportunternehmen sogar längere Wege in Kauf, um strenge Strafen zu vermeiden.

Insgesamt wird außerdem zu wenig kontrolliert und selbst wenn Verstöße entdeckt werden, bleibt dies meist ohne rechtliche Konsequenzen. Genehmigungen für Transporte werden außerdem ohne genaue Prüfung erteilt. Besonders bei Langstreckentransporten in Drittländer ist das fatal.

Hühnertransport
© Andrew Skowron

Transporte in Drittländer

Transporte in Drittländer sind besonders tierschutzwidrig: Die Tiere werden teilweise tausende Kilometer weit und über mehrere Tage oder Wochen hinweg transportiert – nicht nur auf der Straße, sondern auch per Zug, Schiff oder gar Flugzeug. Wartezeiten an den EU-Grenzen und in den Zollhäfen verlängern das Leid der Tiere zusätzlich. Die klimatischen Bedingungen in den Zielländern, von großer Hitze in Afrika bis hin zu extremer Kälte in Asien, können ebenfalls extrem belastend sein. Tierschutzvorschriften werden dabei routinemäßig ignoriert und spielen in den Drittländern eine noch geringere Rolle als in der EU.

Die katastrophalen Zustände im Zusammenhang mit solchen Transporten sind dabei hinlänglich bekannt und dokumentiert, zum Beispiel durch die Dokumentationen des Journalisten Manfred Karremann (»Geheimsache Tiertransporte«, »Rinder für den Orient«).

Ungeplante Wartezeiten

An den EU-Außengrenzen oder in Zollhäfen kommt es häufig zu ungeplanten Wartezeiten, die die Transportzeit teils um Tage verlängern. Besonders kritisch ist es an der EU-Grenze zur Türkei, wo es häufig zu langen Wartezeiten kommt. Die Tiere sitzen dann ohne Versorgung und im Sommer bei großer Hitze in den Transportern fest.

Fehlende Versorgungsstationen

Gerade im EU-Ausland fehlen oft Versorgungsstationen, um Tiere für einen Zwischenstopp abzuladen und zu versorgen. Obwohl Transporte laut EU-Tierschutztransportverordnung eigentlich nur genehmigt werden dürfen, wenn auf dem Weg ausreichend Versorgungsstationen liegen, wird dies so gut wie nie überprüft.

Tricksereien bezüglich Start und Ziel

Laut einer Untersuchung der Eurogroup for Animals gemeinsam mit Compassion in World Farming wird mit den Start- und Zielpunkten der Transporte getrickst. Die Transporte sind dadurch meist noch länger, als in den Papieren angegeben.

Demnach starten 60 % der Tiertransporte offiziell erst am Sammlungszentrum. Dorthin sind die Tiere jedoch von verschiedenen Betrieben aus transportiert worden. Es kann sein, dass sie dazu bereits den ganzen Tag unterwegs waren, weil ein Transporter auf dem Weg zum Sammlungszentrum verschiedene Betriebe abgefahren hat, um die Tiere einzusammeln.

Dasselbe gilt für das Ziel der Reise: Wird ein Verteilzentrum oder auch ein Betrieb angegeben, bedeutet das nicht, dass die Tiere danach nicht noch weiter transportiert werden. Es kommt vor, dass dann auf dem Papier ein neuer Transport beginnt, in Wahrheit aber dieselben Tiere nach kurzer Pause erneut über viele Stunden ins nächste Land gefahren werden. In den Datenbanken gibt es keine Möglichkeit zu erkennen, dass die beiden Transporte dieselbe Gruppe Tiere betreffen.

Diese Tricksereien ermöglichen den Transportunternehmen, Pausenzeiten einzusparen, da von der EU vor dem Start und nach dem Ende eines Transports kürzere Ruhezeiten vorgegeben sind als bei Zwischenstopps.

Transport schwangerer Kühe

Die Untersuchung der Tierschutzorganisationen zeigt auch: Besonders beliebt für den Export sind schwangere Kühe, da der Zielbetrieb die Tiere schnell und ohne etwas dafür getan zu haben für die Milchproduktion nutzen kann und mit dem Kalb ein weiteres Tier für die Milchproduktion oder Mast dazu bekommt. Die EU-Staaten exportierten im Jahr 2022 etwa 30.000 schwangere Kühe.

Besonders übel: Der Seeweg

Transporte per Seeweg sind aus Tierschutzsicht eine Katastrophe. Vornehmlich Rinder und Schafe werden aus der EU über das Mittelmeer nach Nordafrika und in den Mittleren Osten verschifft. Die Begrenzung der Transportzeit fällt hier gänzlich weg.

Der Transport erfolgt in ausgemusterten Autofähren oder Frachtern. Eine Prüfung auf ihre Tauglichkeit für den Transport lebender Tiere fehlt bei den meisten Schiffen. Laut der Untersuchung der Eurogroup for Animals zusammen mit Compassion in World Farming sind diese Schiffe im Schnitt 41 Jahre alt, sehr wahrscheinlich verseucht mit Asbest und anderen Altlasten und insgesamt ziemlich marode. Zwischen 60 und 80 dieser schwimmenden Sicherheits- und Gesundheitsrisiken, auf denen Tiere und Menschen zum Teil mehrere Wochen verbringen müssen, gibt es.

Der Wechsel des Transportgefährts sorgt für weitere Wartezeiten, da die Fahrzeiten der Trucks oftmals schlecht mit den Fahrzeiten der Schiffe koordiniert sind. Deshalb müssen die Tiere vor dem Verladen oftmals stundenlang ausharren.

Der von der EU-Tierschutztransportverordnung vorgeschriebene Check, ob die Tiere fit genug für die Weiterfahrt sind, erfolgt derweil oftmals nicht, wie eine Untersuchung im Auftrag der EU-Kommission ergeben hat.

Auf den Schiffen leiden die Tiere unter Hitzestress und giftigen Gasen, die durch Einstreu und Fäkalien entstehen, weil die Schiffe oftmals schlecht durchlüftet werden und die Transporte überwiegend in den warmen Monaten durchgeführt werden. Hohe Besatzdichten verschlechtern die Situation zusätzlich. Hinzu kommt, dass die Bewegungen des Schiffes, besonders bei rauem Seegang, für die Tiere sehr beängstigend sind. Gerade Schafe können unter diesen Bedingungen jeglichen Appetit verlieren und hungern dann.

Obwohl das vorgeschrieben wäre, ist oftmals niemand auf dem Schiff für die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zuständig, die das Wohl der Tiere sicherstellen sollen. Eine Untersuchung der Animal Welfare Foundation zeigt, dass verschmutzte Tränken, nasse Einstreu und ein zu geringes Platzangebot keine Seltenheit sind. Auch Veterinär:innen gibt es nicht an Bord – sie sind gar nicht erst vorgeschrieben.

Niemand fühlt sich zuständig

Theoretisch gelten die Tierschutzvorgaben der EU bis zur Ankunft der Tiere im Zielland, das entschied der Europäische Gerichtshof (C-424/13). Faktisch scheint sich jedoch niemand zuständig zu fühlen, dies auch zu gewährleisten. Genehmigungen werden ohne ausreichende Prüfung erteilt, wirksame Kontrollen finden nicht statt. In den Zielländern, in denen die Tiere über teils lange Strecken bis zu einem Schlachthof oder Betrieb transportiert werden, fehlen häufig jegliche Tierschutzstandards.

Hohe Dunkelziffer

Wie viele Tiere tatsächlich in Drittländer exportiert werden, darüber hat die Europäische Union keine vollständigen Daten, wie die Untersuchung der Eurogroup for Animals zusammen mit Compassion in World Farming zeigt. Besonders Exporte aus Spanien, Portugal, Irland und Rumänien fehlen in der offiziellen Datenbank »Traces«. Das bestätigte auch der Europäische Rechnungshof: Transporte in Drittländer werden dort nur erfasst, wenn sie durch EU-Staaten führen. Für die Ausfuhren auf dem Seeweg im Jahr 2018 hat die EU-Kommission geschätzt, dass »Traces« nur 31,6 % der Rinder und 3,5 % der Schafe erfasst hat, die von Tiertransportschiffen aus Kroatien, Slowenien, Spanien, Frankreich, Irland, Portugal und Rumänien zusammen ausgeführt wurden.

Situation in Deutschland

Deutschland hatte laut einer Kleinen Anfrage der Grünen an den Bundestag mindestens 16 Abkommen zu Lebendtiertransporten mit Drittländern geschlossen, darunter Algerien, Ägypten, Mexiko und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Nachdem die Langstreckentransporte aber immer mehr unter öffentlichen Druck gerieten, stellten zwischen 2019 und 2020 die meisten Bundesländer den Transport von »Nutztieren« in Drittländer ganz oder teilweise ein.

Laut den offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamts machten Ausfuhren in Drittländer im Jahr 2022 noch 2 % der Tiertransporte aus Deutschland aus (Importe noch weniger) – die Zahl der betroffenen Individuen ist dennoch hoch: Zielländer waren vor allem die Ukraine (mehr als 4 Millionen Hühner), Russland (über 460.000 »Nutztiere«, v. a. Hühner), die Schweiz (mehr als 326.000 »Nutztiere«, v. a. »Geflügel«) und das Vereinigte Königreich (mehr als 175.000 »Nutztiere«, v. a. Rinder und »Geflügel«). Des Weiteren gingen mehr als 17.000 »Nutztiere« (v. a. Schweine) nach Bosnien und Herzegowina, mehr als 14.000 »Nutztiere« (v. a. Schweine) in die Republik Moldau und mehr als 12.000 Hühner nach Serbien. Weitere Ziele waren vor allem Kanada (fast 6.000 Enten), Ägypten (fast 5.000 Rinder), Marokko (fast 3.000 Rinder), Südkorea (fast 3.000 Enten) und Norwegen (über 1.000 Enten). Diese Zahlen sind aufgrund der oben genannten Datenlücken und -Manipulationen jedoch mit Vorsicht zu betrachten.

Nach jahrelanger Kritik entschloss sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) 2022 dazu, die bilateralen Veterinärbescheinigungen für Exporte lebender Rinder, Schafe und Ziegen zur Zucht in Länder außerhalb der EU zurückzuziehen. Dies gilt seit dem 1. Juli 2023. Ausgenommen sind die EU-Beitrittskandidaten. Veterinärbescheinigungen für »Mast- und Schlachttiere« gibt es bereits seit 2010 nicht mehr (siehe dazu auch: Zuchttiertransporte).

Die Veterinärbescheinigungen vereinfachen bisher die Abwicklung der Transporte und regeln die Transportbedingungen. Das Zurückziehen dieser bedeutet jedoch nicht, dass die Transporte künftig nicht mehr möglich sind, denn eine mit dem BMEL abgestimmte Veterinärbescheinigung ist für den Transport nicht zwingend nötig. Außerdem werden Tiere auch weiterhin über Umwege in Drittländer transportiert. Auch wenn das Zurückziehen ein wichtiges Zeichen war, änderte sich für die Tiere erstmal nichts.

Um die Transporte in Drittländer effektiv zu unterbinden, braucht es ein nationales und vor allem ein EU-weites Verbot.

Schaftransport
© Animal Equality

Zuchttiertransporte

Bei Tiertransporten unterscheiden Industrie und Recht danach, ob die Tiere als »Schlacht«- oder »Zuchttiere« unterwegs sind. Es ist allerdings zu bezweifeln, dass das einen entscheidenden Unterschied macht – sowohl beim Transport als auch im Zielland. Letztendlich werden auch »Zuchttiere« irgendwann geschlachtet.

Laut Statistischem Bundesamt exportierte Deutschland im Jahr 2022 insgesamt mehr als 20 Millionen »Nutztiere« für Zuchtzwecke. Die meisten davon waren Hühner, gefolgt von Rindern und Schweinen.

Export der Massentierhaltung

Abgesehen davon, dass in Europa gezüchtete Tiere meist nicht an die klimatischen Bedingungen in anderen, oft sehr heißen, Regionen der Welt angepasst sind und dann unter Hitzestress leiden, ist der Export europäischer »Zuchttiere« gleichbedeutend mit dem Export des Systems Massentierhaltung.

So sind beispielsweise »Zuchtsauen« so gezüchtet, dass sie sehr große Würfe von Ferkeln bekommen. Große Würfe sind eine wesentliche Ursache für zahlreiche Probleme, die das Wohlergehen sowohl der Sauen als auch der Ferkel betreffen, darunter eine höhere Ferkelsterblichkeit und längere Geburten. Sehr große Würfe haben außerdem dazu beigetragen, dass die Sauen in Käfigen, sogenannten Ferkelschutzkörben, gehalten werden. Außerdem übersteigt bei großen Würfen die Zahl der lebend geborenen Ferkel in der Regel die Zahl der Zitzen. Dies hat dazu geführt, dass Ammensauen und künstliche Aufzuchtsysteme eingesetzt werden, um überzählige Ferkel zu bewältigen, was beides mit ernsten Tierschutzproblemen verbunden ist.

Durch den Export von »Zuchtsauen« und anderen »Hochleistungstieren« exportiert die EU ihr Modell der tierquälerischen Massentierhaltung daher in andere Teile der Welt.

Transport von Fischen

Wenig bekannt ist, dass auch lebende Fische transportiert werden. Zudem sind die Daten dazu unvollständig. Laut einer Untersuchung der Eurogroup for Animals waren es 2019 54.000 Tonnen lebende Tiere, die zwischen EU-Mitgliedsländern ausgetauscht wurden. 75 % davon waren Forellen, Karpfen, Aale und Blauflossenthunfisch. Diese Tiere werden nicht als Individuen, sondern nur nach Gewicht erfasst. Zusätzlich wurden im Jahr 2019 5.484 Tonnen lebende Fische in die EU eingeführt, 50 % davon Blauflossenthunfisch. In Drittländer gingen 2019 noch einmal 3.760 Tonnen Tiere, 40 % davon waren Karpfen.

Die Belastungen für die Tiere sind ähnlich wie bei Säugetieren und Vögeln: Auch Fische müssen auf Transporten höhere Besatzdichten ertragen. Das Be- und Entladen ist sehr stressvoll und kann zu Verletzungen führen. Außerdem kann die Wasserqualität unter bestimmten Umständen schnell abnehmen. Jedoch reichen auch vermeintlich kleine Veränderungen der Wasserqualität, um das Wohlergehen der Fische mit der Zeit sehr zu beeinträchtigen.

Es ist zudem üblich, Fische vor dem Transport hungern zu lassen, aus Managementgründen und damit das Wasser nicht so schnell verdreckt. Bei diesem Vorgehen können jedoch Fehler passieren, die den Fischen schaden.

Ein Transport beeinflusst die Tiere auch noch Tage später. Für Fische bietet die EU-Tierschutztransportverordnung wenig konkrete und erst Recht keine spezies-spezifischen Vorgaben. So fehlen zum Beispiel Vorgaben zur Wasserqualität.

Forderungen

Transporte von lebenden Tieren vermeiden

Lebendtiertransporte ließen sich vermeiden, wenn stattdessen zum Beispiel Samenzellen oder Fleisch verschickt werden würden.

Transportverbot für bestimmte Tiergruppen

  • EU-weites Transportverbot für nicht entwöhnte und schwangere Tiere

Bessere rechtliche Vorgaben

  • Anpassung der EU-Tierschutztransportverordnung an den aktuellen Stand der Wissenschaft
  • Präzisierung des Textes der EU-Tierschutztransportverordnung und Überarbeitung der jeweiligen Fassungen in den Landessprachen
  • Vorgaben für den Transport von Wassertieren

Kürzere Transportdauer

  • zeitliche Begrenzung der Tiertransporte innerhalb Europas auf maximal acht Stunden (zuzüglich maximal zwei Stunden Ladezeit)
  • Verbot von Langstreckentransporten (über acht Stunden)
  • zeitliche Begrenzung der Tiertransporte innerhalb Deutschlands auf maximal vier Stunden (zuzüglich maximal zwei Stunden Ladezeit)

Keine Transporte in Drittländer

Die Albert Schweitzer Stiftung fordert gemeinsam mit dem Bündnis für Tierschutzpolitik ein Verbot von Tiertransporten in Drittländer sowie effektive Kontrollen.

Tiergerechtere Transportmittel

  • an die Tiere angepasste Höhe der Tiertransporter und Transportboxen, so dass beispielsweise auch Vögel und Kaninchen aufrecht stehen können
  • Verbot doppelstöckiger Tiertransporter für Rinder
  • eingestreute Ladefläche für Rinder, Schweine und kleine Wiederkäuer auch beim Transport unter acht Stunden
  • Einführung einer zentralen europäischen Zulassungsstelle für die Ausstattung der Fahrzeuge

Kontrollen und Sanktionen

  • Einführung eines bundesweit einheitlichen und wirksamen Kontrollsystems inkl. wirksamen, ordnungsrechtlichen Sanktionen für in- und ausländische Tiertransporte
  • verbindliche Kontrollen des Be- und Entladens, der Transportfähigkeit sowie der Ladedichte bei Transporten über acht Stunden durch vor Ort anwesende Amtstierärzt:innen
  • umfassende Kontrollen der transportierten Einzeltiere, Transportmittel und des Transportverlaufs bei Ankunft am Schlachthof
  • Stärkung der Kontrollen im Straßenverkehr und Einführung eines Kontrollsystems bei Transporten auf dem Seeweg
  • Anpassung des Niveaus der Kontrollen und Strafen innerhalb eines Landes und zwischen den EU-Ländern, um Umfahrungen zu vermeiden

Schweinetransport
© Andrew Skowron

Transportverbote sind möglich

Die australische Regierung hat 2018 erklärt, die Exporte von lebenden Schafen aus Australien auf dem Seeweg schrittweise einzustellen.

In Neuseeland ist die Ausfuhr von lebenden »Nutztieren« auf dem Seeweg seit dem 30. April 2023 verboten. Die neue Regierung plant jedoch, das Verbot aufzuheben.

Im November 2023 kündigte auch die britische Regierung an, dass sie ein Gesetz zum Verbot des Exports von »Schlacht- und Masttieren« erlassen werde.

In Brasilien, einem wichtigen Exporteur von Rindern in den Nahen Osten, entschied am 25. April 2023 ein Gericht in São Paulo, dass keine lebenden Tiere aus den brasilianischen Häfen exportiert werden dürfen. Der Richter begründete sein Urteil mit drei Aspekten:

  • Das Wohlergehen der Tiere während der langen Seetransporte in den Nahen Osten ist sehr schlecht.
  • Die Schlachtpraktiken im Nahen Osten sind in Brasilien illegal.
  • Tiere sind fühlende Wesen.

Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.

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