Offener Brief an Ministerin Klöckner
Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft
Frau Julia Klöckner
Wilhelmstraße 54
10117 Berlin
Frau Klöckner, beenden Sie endlich Tiertransporte in Länder außerhalb Europas
Sehr geehrte Frau Bundesministerin Klöckner,
das Verwaltungsgericht in Oldenburg hat am 10. Mai 2021 entschieden, dass 270 schwangere Rinder von Aurich nach Marokko transportiert werden dürfen – obwohl die niedersächsische Regierung versucht hatte, das per Erlass zu verhindern. Damit werden ein weiteres Mal Transporte legitimiert, die mit massivem Tierleid einhergehen. Wir fordern Sie, Ministerin Klöckner, erneut dazu auf, diesen Transporten mit einem bundesweiten Gesetz Einhalt zu gebieten. Setzen Sie sich endlich dafür ein, dass Tiertransporte in Länder außerhalb Europas rechtskräftig verboten werden.
Tausende Tiere werden jedes Jahr unter tierschutzwidrigen Bedingungen in Drittländer transportiert, nur um sie dort letzten Endes zu töten. Die Mehrheit der Bundesländer hat aufgrund des öffentlichen Drucks vergeblich versucht, die Tiertransporte per Erlass zu unterbinden. Fälle wie in Niedersachsen zeigen aber, dass nur ein bundeseinheitliches Gesetz für ein Ende der Transporte sorgen kann. Doch trotz anhaltender Kritik und der Aufdeckung großen Tierleids haben Sie es im Laufe Ihrer vierjährigen Amtszeit nicht geschafft, ein Transportverbot auf den Weg zu bringen.
In Ihrer Rede vor dem Untersuchungsausschuss Tiertransporte des Europäischen Parlaments (ANIT) im Oktober letzten Jahres betonten Sie, wie wichtig es sei, gegen die »Defizite« bei den Transporten vorzugehen. Tierschutz stehe demzufolge ganz oben auf Ihrer Agenda. Leider scheinen Sie sich für die Umsetzung der Tierschutzinteressen kaum zuständig zu fühlen. Dabei dürften die Erfahrungen der letzten Jahre auch Ihnen gezeigt haben, dass die Länder ohne Ihr Zutun nur begrenzt handeln können.
Auch das Gutachten zur Möglichkeit eines Verbots von Lebendtiertransporten in Drittstaaten des Parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdienstes des Landtags Nordrhein-Westfalen kommt zu dem Schluss, dass ein »bundeseinheitliches Vorgehen [...] zur Erreichung der Ziele des Tierschutzgesetzes zwingend erforderlich [ist], weil ein Verbot von Lebendtiertransporten in Drittländer nur dann effektiv vollzogen werden kann, wenn es einheitlich für alle Bundesländer gleichermaßen gilt.« Ein Rechtsgutachten der Tierschutzorganisation Vier Pfoten betont ebenfalls die Dringlichkeit und Alternativlosigkeit eines einheitlichen Verbots.
Wirtschaftliche Interessen dürfen nicht länger eine Legitimation dafür sein, europäisches Recht zu umgehen und Tiere zu quälen. Um zu verhindern, dass Gerichte die Erlasse der Länder weiterhin kippen, müssen Sie umgehend eine Gesetzesänderung auf Bundes- und EU-Ebene auf den Weg bringen. Zögern Sie nicht länger und beweisen Sie zum Ende Ihrer Amtszeit als Bundeslandwirtschaftsministerin, dass Sie tatsächlich den Schutz der Tiere ernst nehmen. Setzen Sie dafür die einzig wirksame Maßnahme um: Tiertransporte in Drittländer verbieten.
Mit freundlichen Grüßen
Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt