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Warum die Fleischkonsum-Prognosen nicht eintreffen werden

Fleischkonsum - Lösung
Lösung zum Fleischkonsum © photocanal25 – iStock

Für den weltweiten Fleischkonsum wurden im Jahr 2012 rund 300 Mio. Tonnen Fleisch produziert. Die vielzitierte Welternährungsorganisation FAO geht davon aus, dass sich diese Zahl bis zum Jahr 2050 auf ca. 500 Mio. Tonnen erhöhen wird. Allein die Auswirkungen auf die Umwelt wären verheerend – von den zusätzlichen Tieren, die für den Fleischkonsum leiden und sterben müssten, ganz zu schweigen.

Lineare Prognosen

Um die Prognosen der FAO beurteilen zu können, muss man zunächst verstehen, wie sie zustande kommen. Die FAO geht im Wesentlichen davon aus, dass der Fleischkonsum in den reichen Ländern stagnieren und in den sogenannten Entwicklungsländern drastisch zunehmen wird. Die Grundlage dafür ist die Annahme, dass der Wohlstand in vielen Entwicklungsländern zunehmen wird, was (wie die Vergangenheit in anderen Ländern zeigt) mit einem steigenden Fleischkonsum einhergeht. Außerdem geht die FAO davon aus, dass die Produktion von Soja, Getreide etc. deutlich zunehmen kann, um weiterhin billige Futtermittel für billiges Fleisch bereitzustellen.

Solche Prognosen werden als »lineare Prognosen« bezeichnet: bestehende Trends werden in die Zukunft gerechnet. Für die Vorhersage kurz- und mittelfristiger Entwicklungen funktioniert das relativ gut, für langfristige Betrachtungen dagegen relativ schlecht, denn zu vieles kann sich im Laufe der Jahrzehnte ändern – auch beim Fleischkonsum.

Was übersehen wird

Auch wenn vieles dafür spricht, dass die von der FAO verwendeten Grundannahmen auf wackeligen Füßen stehen (ob z. B. die Natur die relativ jungen Entwicklungen in der Agrochemie lange aushält, ist völlig offen), ist es aus unserer Sicht etwas völlig anderes, was die linearen Prognosen zum Fleischkonsum zur Makulatur machen wird: Innovationen.

Innovationen, die den Fleischkonsum drastisch reduzieren werden

So beeindruckend die bisherigen Ergebnisse in der Entwicklung von Fleischalternativen teilweise bereits sein mögen, so klar ist auch, dass das erst der Anfang ist. Die nächste Generation von Alternativen zu Tierprodukten steht schon in den Startlöchern. Dass diese Produkte mindestens so gut schmecken (bzw. bei industrieller Verwendung »funktionieren«) müssen wie ihr tierliches Pendant, ist dabei eine Mindestanforderung. Neu ist jedoch die immer häufiger anzutreffende Zielsetzung, auch preislich günstiger zu sein als das entsprechende Tierprodukt.

Die dafür betriebene Forschung und Entwicklung (F&E) nimmt derzeit völlig neue Dimensionen an. Während die F&E-Abteilungen in der Vergangenheit oft langsam mit den Produzenten von Tierproduktalternativen mitgewachsen sind und finanziell knapp ausgestattet sind/waren, etabliert sich jetzt die neue Herangehensweise, zuerst massiv in F&E zu investieren und dann Produkte auf den Markt zu bringen.

Die Ablöser der Tierproduktkonzerne

Allein die deutsche Fleischindustrie bringt es auf einen Jahresumsatz von über 31 Mrd. Euro pro Jahr. Hinzu kommen etliche weitere Milliarden aus der Eier- und Milchindustrie. Diese Sektoren aufzurollen, deren Innovationskräfte nahe dem Nullpunkt liegen, wird zunehmend für Investoren interessant. In den USA investieren bereits mehrere Venture-Kapital-Gesellschaften (VCs) in genau dieses Vorhaben. VCs sind, grob gesagt, spezialisiert darauf, vielversprechende Jungunternehmen zu entdecken, frühzeitig zu investieren, beim Wachstum zu helfen und ihre Anteile nach einigen Jahren mit großem Profit zu verkaufen (dagegen spricht aus unserer Sicht absolut nichts, wenn faire Verträge abgeschlossen werden, was bei etablierten VCs meist die Regel ist). An einer dieser Venture-Capital-Firmen ist auch Bill Gates beteiligt.

Einige Beispiele: Das Unternehmen Khosla Ventures investiert in Hampton Creek, ein Unternehmen, das Ei-Alternativen für industrielle und private Anwendungen herstellt, die in Tests meist besser als Eier abschneiden und trotzdem günstiger sein werden als Käfigeier. Hier ein spannendes Video inkl. Verkostung (englisch). Khosla investiert außerdem in Sand Hill Foods (Fleischalternativen) und Jasper Ridge Creamery (Käsealternativen). Die Venture-Kapital-Gesellschaft Kleiner Perkins sowie zwei Mitbegründer von Twitter sind bei Beyond Meat  (Fleischalternativen) engagiert – die ersten Produkte sind bereits in den USA und Kanada erhältlich und sollen in Zukunft günstiger werden als Fleisch.

Ausblick zum Fleischkonsum

Bis diese Innovationen den Tierproduktindustrien wirklich zu schaffen machen werden, wird es noch mehrere Jahre dauern, doch bleibt es aus unserer Sicht nur noch eine Frage der Zeit, da einer zwar großen, aber lahmenden Industrie auf der einen Seite hochinnovative Unternehmen auf der anderen Seite gegenüberstehen, die von professionellen und finanziell gut ausgestatteten Investoren unterstützt werden. Und selbst wenn die nächste Generation von Fleisch- und anderen Tierproduktalternativen noch keine gravierende Wirkung entfalten sollte: die folgenden Generationen werden es bestimmt. Deshalb werden auch die linearen Prognosen der FAO zum Fleischkonsum nicht eintreffen.

Die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt unterstützt diese Entwicklungen als Vermittler: zum einen nutzen wir unsere Kontakte in die Lebensmittelwirtschaft, um Innovationen bekannt zu machen und ihnen so zu einem erfolgreichen Start zu verhelfen, zum anderen bauen wir Kontakte zu Venture-Capital-Gesellschaften auf, um den Informationsfluss zwischen Innovatoren und Investoren zu verbessern. Auch letztere bitten wir, mit uns in Kontakt zu treten.

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