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Stopfleberproduktion

Bei der Herstellung von Stopfleber (»foie gras«) wird Enten und Gänsen zwangsweise Nahrungsbrei in den Magen gepumpt. 2015 lag die Produktionsmenge in der EU bei fast 24.000 Tonnen Stopfleber. Trotz des Verbots dieser qualvollen Prozedur in Deutschland und einigen anderen EU-Ländern betreiben Frankreich, Ungarn, Belgien, Bulgarien und Spanien noch immer die Stopfmast. Stopfleberprodukte sind auch noch auf dem deutschen Markt erhältlich.

Die Zwangsfütterung

Hierbei bekommen die Enten und Gänsen ein Metallrohr oder Schlauch über Schnabel und Speiseröhre in den Magen geschoben. Innerhalb weniger Sekunden wird entweder manuell oder mechanisch die Futterportion von bis zu 500 g Maisbrei in den Magen gepumpt, zum Teil zusätzlich mit Fett angereichert.

© Animal Equality

Diese Prozedur heißt »Stopfen« und erfolgt zwei bis dreimal am Tag. Durch die Mechanisierung der Zwangsfütterung kann eine Person bis zu 1.000 Tiere pro Stunde stopfen. Die Stopfmast der Enten erfolgt über 12 bis 15 Tage, Gänse werden bis zu 21 Tage gestopft.

Der sensible Schnabel- und Schlundbereich der Vögel ist natürlicherweise mit einem Würgereflex ausgestattet, um das Eindringen von Flüssigkeiten in die Luftröhre zu verhindern. Die Zwangsfütterung ignoriert diesen Reflex – was die Vögel als qualvoll empfinden. Das Einführen der Fütterungsvorrichtung in den von Nerven durchzogenen Schnabel ist qualvoll und kann Knotenbildungen an den Nervenfasern (Neurome) mit länger anhaltenden Schmerzen zur Folge haben.

Quälende Prozedur

Das täglich mehrmalige Einführen und Herausziehen der Metallröhre bzw. des Schlauches verursacht schmerzhafte Verletzungen oder sogar Risse in der Speiseröhre und innere Blutungen. Ein falsches Einbringen des Futterbreis in die Luft- statt in die Speiseröhre kann sogar zum Erstickungstod der Tiere führen.

Zu Beginn einer Stopfmastperiode verhalten sich die Vögel aufgeregt und nervös, nach dem fünften Tag der Zwangsfütterung bewegen sie sich kaum mehr von selbst. Auch das Federkleid verändert sich, da die Vögel ihr Gefieder nicht mehr pflegen können. Die normalerweise glänzend-weichen Nackenfedern erscheinen nach einigen Tagen gekräuselt und klebrig – ein bei den Mastbetrieben als »wet neck« oder »cou mouillé« bekanntes Phänomen.

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Die Stopfmast verursacht starke Leiden bei den Enten und Gänsen. Die Tiere zeigen Abneigungen gegenüber der Fütterungsperson und Fluchtverhalten. Normalerweise reagieren von Hand gefütterte Tiere positiv auf die fütternde Person. Stopfleberproduzenten beteuern hingegen die leidfreie Produktion und rechtfertigen die Stopfprozedur mit anatomischen Besonderheiten bei Wasservögeln. Beispielsweise verharmlosen sie mit dem Vergleich der Ernährungsweisen von Wildgänsen, die große Fische verspeisen können, die entstandenen Schmerzen, Leiden und Schäden der zwanghaften Fütterung.

Folge: Fettleber

Am Ende der Zwangsfütterungsperiode ist die Leber um das Sechs- bis Zehnfache vergrößert. Ihr Fettgehalt ist von etwa 6,6 % bei normal gefütterten Vögeln auf über 55 % erhöht. Diese Verfettung führt zu einer Beeinträchtigung der Leberfunktion und damit zu einem krankhaften Organzustand.

Die Tiere leiden durch die rasche Umfangsvermehrung der Leber überdies an Atem-, Nieren- und Kreislaufproblemen. Aufgrund der Gewichtszunahme biegen sich ihre Beine nach außen, was das normale Gehen und Stehen beeinträchtigt. Schon während der Zwangsfütterung liegt die Sterblichkeitsrate der Vögel um das Zehn- bis Zwanzigfache höher als bei normal gefütterten Tieren. Bei einer längeren Stopfperiode über die üblichen zwei bzw. drei Wochen hinaus käme es zum Tod durch Organversagen.

Die Haltung

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Die Vögel müssen in niedrigen Einzelkäfigen auf Drahtgitterböden stehen. Ihre Köpfe ragen aus einem Loch an der Vorderseite des Käfigs hervor, sodass sie zur Einführung des Rohres oder Schlauchs leicht zu packen sind. Die Enten und Gänse können in den Käfigen weder aufrecht stehen, sich umdrehen oder die Flügel ausstrecken. Noch können sie ihr Gefieder putzen sowie Erkundungsverhalten oder normales Sozialverhalten zeigen. Bei im Käfig gehaltenen Enten sind außerdem vermehrt Brustbeinverletzungen festgestellt worden, Brüche an Flügelknochen häufen sich ebenfalls.

Diese Haltung in Einzelkäfigen ist eigentlich seit 2011 EU-weit verboten. Trotzdem werden immer noch mindestens 50 % der Tiere in Frankreich so gehalten (Stand 2012). Die französische Stopfleber-Industrie schätzt den Anteil der Betriebe ohne Einzelkäfighaltung sogar auf nur rund 15 %. Auch in Ungarn sind zum Teil noch Einzelkäfige in Verwendung.

Aber auch die Gruppenkäfighaltung wird den Anforderungen der Tiere an ausreichende Bewegung nicht gerecht. Diese Käfige sind mit Spaltenböden oder eigentlich verbotenen Metallgitterböden versehen. Beide Bodenarten führen zu schmerzhaften Verletzungen an den Füßen.

Verstöße gegen das deutsche Tierschutzgesetz

Die Zwangsfütterung von Enten und Gänsen zur Erzeugung von Stopfleber verstößt gegen mehrere Vorschriften des deutschen Tierschutzgesetzes (TierSchG) und ist daher hierzulande verboten. Solche Verstöße können mit Freiheits- oder Geldstrafen bestraft werden.

  1. Verstoß gegen § 17 Nr. 1 TierSchG

Ein Wirbeltier darf nicht ohne vernünftigen Grund getötet werden. Als vernünftiger Grund gelten zwar menschliche »Erhaltungsinteressen«, hingegen nicht die Befriedigung von Luxusbedürfnissen. Die Produktion des Luxusprodukts Stopfleber wäre demnach verzichtbar und rechtfertigt somit nicht das Zufügen von Schmerzen und Leiden oder die Tötung von Lebewesen.

  1. Verstoß gegen § 17 Nr. 2 b TierSchG

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Die Stopfmast und die dadurch hervorgerufenen Verletzungen, Verhaltensänderungen sowie krankhaften Leber- und Gewichtsveränderung führen zu länger anhaltenden oder sich wiederholenden erheblichen Schmerzen oder Leiden und sind daher strafbar. Die Haltung in Käfigen führt ebenso zu erheblichen Leiden, da die Befriedigung von natürlichen Bedürfnissen der Tiere hier nicht möglich ist.

  1. Verstöße gegen § 3 Nr. 9 und Nr. 10 TierSchG

Es ist verboten, einem Tier durch Zwang Futter einzuverleiben, außer gesundheitliche Gründe machen dies erforderlich. Das Zwangsfüttern bei der Stopfmast ist daher verboten. Vielmehr kommt es durch die Art der Fütterung zu erheblichen körperlichen und psychischen Schäden und damit zu einem weiteren Tierschutzverstoß.

Verstöße gegen europäisches Recht

Laut der EU-Nutztierhaltungsrichtlinie (RL 98/58/EG) sollen die Bedingungen, unter denen Tiere leben, dem wissenschaftlichen Standpunkt und den Bedürfnissen der Tiere entsprechen. In der Richtlinie heißt es weiter, dass die Fütterungsart den Tieren keine unnötige Leiden oder Schäden verursachen darf.

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Auch wenn EU-Richtlinien erst durch einen Umsetzungsakt in nationales Recht übertragen werden müssen – sie müssen umgesetzt werden. Aus der EU-Nutztierhaltungsrichtlinie (Art. 4 in Verbindung mit Anh. Nr. 14 S. 2) ergibt sich unzweifelhaft, dass die Produktion von Enten- und Gänsestopflebern rechtswidrig ist.

Ist der Import von Stopfleber legal?

Trotz des Herstellungsverbots in Deutschland sind der Import und Verkauf der Stopfleber und damit verarbeitete Produkte aufgrund des freien Warenverkehrs innerhalb der EU grundsätzlich nicht verboten.

Ein vollständiges Einfuhrverbot, das auch die ausländische Stopfleberproduktion reduzieren würde, stellt eine Handelsbeschränkung dar. Solche Handelsbeschränkungen sind aufgrund vorausgehender Beschlüsse des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht möglich. Vorrangig wäre es stattdessen, Länder wie Ungarn, Frankreich und Belgien dazu zu bewegen, das Europäische Tierhaltungsübereinkommen einzuhalten und die EU-Nutztierhaltungsrichtlinien umzusetzen.

Des Weiteren sind nach dem deutschen Strafgesetzbuch in Deutschland angestiftete Taten strafbar, selbst wenn sie im Ausland begangen werden. Die systematische Einfuhr von Stopfleberprodukten wäre daher im Sinn der Beihilfe zu einer Straftat als rechtswidrig einzuordnen und zu verfolgen; zumal der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz definiert wurde (Artikel 20a). Bislang ist Deutschland aber nicht in dieser Weise gegen Frankreich als seinen wichtigsten Partner in der EU vorgegangen.

Handlungsmöglichkeiten

Wir raten dringend vom Kauf und Verzehr von »foie gras« und anderen Stopfleberprodukten ab, damit Sie nicht zu dem beschriebenen Leid der Enten und Gänse beitragen. Um möglichst viel Tierleid zu vermeiden, empfehlen wir, gar keine tierlichen Produkte zu kaufen. Unterstützung und Informationen hierfür bieten wir mit unserer Vegan Taste Week.

(df)

Quellen

AHAW-Report: Report of the Scientific Committee on Animal Health and Animal Welfare, AHAW, »Welfare aspects of the production of foie gras in ducks and geese«, 16. 12. 1998

Fikuart, Stellungnahme der Bundestierärztekammer, BTK, zur Produktion von Gänse-/Entenstopflebern, März 2009.

Mitteilung vom 11. 3. 1998 über den Schutz von Legehennen in verschiedenen Haltungssystemen, KOM 1998 135 endg., 98/0092 CNS, Seite 6.

Hirt, A. / Maisack, C. / Moritz, J. 2016: Tierschutzgesetz. Kommentar, Verlag Franz Vahlen, München, 3. Auflage.

Maisack, Zum Begriff des vernünftigen Grundes im Tierschutzrecht, Baden-Baden 2007 S. 151, 152.

Richtlinie 98/58/EC und die Recommendation concerning Muscovy ducks and hybrids of Muscovy and domestic ducks.

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