Niederlande führen Schächtverbot ein
Vorgestern beschloss das niederländische Parlament mit großer Mehrheit (116 zu 30) ein Schächtverbot. Der entsprechende Antrag wurde von der Partij voor de Dieren (Partei für die Tiere) eingebracht und über mehrere Jahre verhandelt. Heraus kam ein Kompromiss, der im Grunde aber konsequent ist und in dieser Form auch schon vom deutschen Bundesrat eingebracht (aber von der Bundesregierung nie umgesetzt) wurde: Geschächtet werden darf nur, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Tiere durch das Schächten nicht mehr leiden als bei der Schlachtung mit Betäubung. In Fachkreisen gilt es als unmöglich, solch einen Nachweis zu erbringen.
Juden und Muslime protestieren heftig gegen das Verbot und sehen sich in ihrer Religionsausübung eingeschränkt. Dazu sagte das Oberverwaltungsgericht Hamburg im Jahr 1992, dass ein Schächtverbot nur eine (vertretbare) Erschwerung der Religionsausübung ist: Es bleiben die Alternativen, geschächtetes Fleisch zu importieren und auf den Fleischkonsum zu verzichten. Diesen Ausführungen nicht folgend, kündigte das Kontaktorgan Muslime und Staat bereits an, notfalls vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen, um das Schächtverbot wieder aufheben zu lassen.
Dass Juden und Muslime eine rechte Gesinnung hinter dem Verbot ausmachen, ist leider zum Teil korrekt. Ein niederländischer Tierschützer bestätigte uns kürzlich, dass es mehrere Abgeordnete gebe, die »aus allen falschen Gründen« für ein Schächtverbot seien. Andererseits seien etliche Abgeordnete auch aus den »richtigen Gründen« (denen der Leidreduzierung) für ein Verbot.
Die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt begrüßt jeden Schritt zur Leidreduktion. Trotzdem möchten wir der Autorin Hilal Sezgin, die das Thema aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, das Schlusswort erteilen: »…es gibt keine sanfte, 'humane' Tötung von empfindungsfähigen Lebewesen, die leben wollen. Die Tiere werden von ihren Familien getrennt, in Enge transportiert und - egal ob schonend, betäubt oder nicht - ihres Lebens beraubt! Genau darüber sollten wir streiten. Grundsätzlich. Nicht auf dieser Pipifaxebene, auf der deutsche Tierschutzvereine regelmäßig gegen das Schächten wettern und auf ihren eigenen Sommerfesten teilweise noch Würstchengrill anbieten! Und nicht so frömmelnd wie manche Muslime, die schwärmen, die Tiere bekämen doch vorher noch die 'Basmallah'-Segensformel ins Ohr geflüstert. ...Ich plädiere [für] ein gesetzliches Ja zur Gleichberechtigung der Religionen - und ein moralisches Nein zum Fleischessen. Wir können beides haben - und beides brauchen wir genauso dringend.«Den gesamten Kommentar von Hilal Sezgin finden Sie hier.