Runder Tisch 2025: Aufbruch zu besserer Tierhaltung
Beim diesjährigen Runden Tisch der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt wurde deutlich: Der Umbau der Tierhaltung in Deutschland ist nicht nur überfällig – er hat längst begonnen. Rund 65 Vertreter:innen aus Lebensmittelwirtschaft, Wissenschaft und Politik trafen sich im DBB Forum Berlin, um gemeinsam Wege in eine tiergerechtere Zukunft zu diskutieren.
Ein historischer Wandel
Während der Runde Tisch in den vergangenen Jahren primär dem Austausch über die Masthuhn-Initiative diente, rückte 2025 das große Ganze in den Fokus: bessere Haltungssysteme für alle sogenannten Nutztiere in Deutschland. Moderatorin Dr. Dorothea Morgenweg führte durch den Nachmittag.
Zentrale Erkenntnisse:
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Haltungsform 1 und 2 haben keine Zukunft. Unternehmen der Lebensmittelbranche reagieren zunehmend und stellen auf höhere Tierschutzstandards um.
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Unternehmen können viel bewegen – ein gutes Beispiel ist die Masthuhn-Initiative. Klare Ziele, Roadmaps und Zusammenarbeit helfen dabei.
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Die Politik muss Planungssicherheit schaffen. Finanzierung, Tierhaltungskennzeichnung und schnellere Genehmigungen sind entscheidend für den Umbau.

Tierschutz richtig voranbringen
In seiner Keynote hob Prof. Dr. Achim Spiller (Uni Göttingen) hervor, dass Tierschutz in der Gesellschaft deutlich an Bedeutung gewonnen hat – und ein zentrales Element resilienter Ernährungssysteme ist. Er erläuterte die Gründe für das Scheitern der Borchert-Kommission und plädierte für einen pragmatischen Ansatz: schrittweise Umsetzung, Austausch, Vernetzung und echte Kooperation.
»Meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag müssen erkennen, dass das wirklich auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, dass wir Tierhaltung in Deutschland halten und verbessern.« – Dr. Franziska Kersten, MdB (SPD)
Erfahrungen aus der Praxis: Fortschritt durch Eigeninitiative
In der Podiumsdiskussion mit Dr. Julia Adou (Aldi Süd), Theile Funke (Wiesenhof), Dr. Hinrich Snell (BMLEH) und Mahi Klosterhalfen (Albert Schweitzer Stiftung) wurde deutlich: Unternehmen treiben den Wandel aktiv voran, stoßen aber weiterhin auf politische Hürden. Einigkeit herrschte über die Bedeutung des kommenden Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes als wichtige Chance für mehr Transparenz und Planungssicherheit.
»Natürlich muss es dem Tier gut gehen. Deswegen fördern wir auch Haltungsform 3, weil wir einfach sehen, auch an den verschiedenen Tiergesundheit-KPIs, die wir haben im Unternehmen, dass es dem Tier besser geht und dadurch letztendlich auch die ganze Wertschöpfungskette lebt.« – Florian-Fritz Preuß, Plukon
Die Masthuhn-Initiative als systemische Lösung
Am Nachmittag zeigte Esther Erhorn, Leiterin Lebensmittel-Fortschritt der Stiftung, wie die Masthuhn-Initiative strukturelle Verbesserungen und verlässliche Kennzeichnungen verbindet.
Dr. Anna Stief, Leiterin Rankings & Events, präsentierte den neuen Masthuhn-Report: Die Initiative ist ein erprobtes, praxistaugliches Modell mit hohen Tierschutzstandards. Dennoch bleibt das Umsetzungstempo vieler Unternehmen hinter den Möglichkeiten zurück.
In einer Best-Practice-Runde berichteten Cristina da Silva Joaquim (Rewe Group), Oliver Klein (Chefs Culinar) und Annika Ley (Hans im Glück) über erfolgreiche Implementierungen und bestehende Herausforderungen. Ihre Erfahrungen zeigen: Mit klaren Zielen, Transparenz und Kooperation ist echter Fortschritt erreichbar.
»Es war sehr interessant zu hören, wie der LEH und auch der Großhandel das bisher umgesetzt haben, die Masthuhn-Initiative, was die Herausforderungen waren, weil daran kann man auch lernen.« – Annukka Gehring, Transgourmet
Dialoginseln: Konkrete Ansätze für mehr Tierschutz und weniger Tierprodukte
Drei Dialoginseln im Foyer boten Raum für praxisnahe Einblicke jenseits des Plenums:
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Diplom-Biologe Stefan-Andreas Johnigk vom Initiativkreis Tierschutzstandards Aquakultur (AWSI) ermöglichte mit VR-Brillen einen einmaligen Einblick in das Thema Aquakultur und präsentierte Empfehlungen für mehr Tierschutz.
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Plant-Potential-Expertin Dr. Anna-Klara Amler der Albert Schweitzer Stiftung erklärte, wie Unternehmen ihren pflanzlichen Anteil strategisch erhöhen und sich so nachhaltiger und zukunftsfähiger aufstellen können.
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Am Stand der Masthuhn-Initiative nutzten Teilnehmende die Gelegenheit zum Austausch über Teilnahmeoptionen, nächste Schritte und Erfahrungen aus der Praxis.

Politische Signale und Austausch beim Parlamentarischen Abend
Zum Auftakt des Parlamentarischen Abends betonte Prof. Dr. Eberhard Haunhorst (BMLEH), dass Tierschutz weiterhin fest auf der Agenda der Bundesregierung steht. Ziel sei es, den Umbau zu fördern, Baumaßnahmen zu erleichtern und ein wirksames Tierhaltungskennzeichnungsgesetz zu etablieren.
Zudem herrschte Einigkeit darüber, dass Fleischalternativen nicht diskriminiert werden sollten – etwa durch das auf EU-Ebene diskutierte Verbot von Begriffen wie »Soja-Schnitzel« oder »Veggie-Wurst«.
Fazit: Jetzt gemeinsam handeln
Der Runde Tisch 2025 hat gezeigt: Der Wille zur Transformation ist vorhanden. Entscheidend ist, dass alle Akteur:innen Verantwortung übernehmen, sich an erfolgreichen Beispielen orientieren und gemeinsam Lösungen entwickeln. Der Runde Tisch und der Parlamentarische Abend sind wichtige Bausteine auf diesem Weg. Die Albert Schweitzer Stiftung steht allen Beteiligten natürlich auch darüber hinaus für konstruktiven Austausch zur Verfügung.
»Ich würde vor allem die Unternehmen einladen, die sich noch nicht der Masthuhn-Initiative angeschlossen haben oder noch keine Ziele verabschiedet haben, um die höheren Haltungsformen in Deutschland weiter voranzutreiben. Sie sollten das als Einladung wahrnehmen, denn bei dieser Veranstaltung kann man hören, wie es funktioniert.« – Dr. Julia Adou, Aldi Süd
»Wir freuen uns über mehr Mitstreiter im Wettbewerb und würden uns freuen, wenn wir andere dazu motivieren können, sich ebenfalls für mehr Tierwohl einzusetzen.« – Annika Ley, Hans im Glück
»Nur wer am runden Tisch sitzt, kann auch was bewegen.« – André Müller, Studierendenwerk Erlangen-Nürnberg
