Die Zukunft der Fleischindustrie
Welche Assoziationen haben Sie, wenn Sie an die Fleischindustrie denken? »Tierquäler, Tierausbeuter, Feinde« könnten einige Antworten lauten. Und ehrlich gesagt geht es uns nicht immer anders, wenn wir an die teils legalen und teils illegalen Methoden denken, mit denen fühlende Individuen zu bloßen Produkten degradiert werden.
Doch wer antritt, um ein System zu verändern oder abzuschaffen, muss dieses System zuerst verstehen. Für uns heißt das unter anderem, das System der quälerischen Tierhaltung von allen Seiten zu betrachten und dabei unseren eigenen Standpunkt zu verlassen, um es aus allen Winkeln sehen zu können. Genau dazu laden wir Sie ein – doch anfangen möchten wir mit einer kleinen, wahren Geschichte.
Wie sich die Hunderennen-Industrie in den USA selbst abschafft
Hunderennen waren in den USA lange Zeit populär, und die Industrie wehrte sich vehement gegen Vorwürfe von Tierschutzorganisationen, dass diese Rennen tierquälerisch seien. Doch mit der Zeit (und sicherlich auch dank der Aufklärungsarbeit der Tierschutzorganisationen) büßten die Rennen an Popularität ein, was dazu führte, dass die Besitzer von Hunderennbahnen neue Einnahmequellen suchten. Sie setzten durch, dass Hunderennbahnbesitzer auf ihrem Gelände auch Kasinos betreiben dürfen, was sich als cleverer Schachzug erwies, denn schon bald verdienten sie mehr Geld mit den Kasinos neben den Rennbahnen als mit den Rennbahnen selbst. Nach einigen weiteren Jahren wurden die Hunderennbahnen sogar oft zum Verlustgeschäft, und die Besitzer begannen, Lobbyarbeit dafür zu betreiben, die Rennbahnen schließen und die Kasinos behalten zu dürfen. Plötzlich wurden die Feinde der Tierschutzorganisationen zu ihren Verbündeten.
Was war passiert? Was sich für die Tierschutzorganisationen überraschenderweise herausstellte, war, dass die Hunderennen-Veranstalter nicht per se Tierausbeuter waren – sie waren lediglich daran interessiert, möglichst viel Geld zu verdienen. Wenn die Profitorientierung aus Feinden Verbündete machen kann, lohnt es sich, zu überlegen, ob sich diese Situation auf andere Gebiete übertragen lässt. (Wobei wir uns natürlich nicht fürs Glücksspiel aussprechen.)
Wird sich die Geschichte in der Fleischindustrie wiederholen?
Wird sich die Fleischindustrie irgendwann selbst abschaffen? Oder besser gefragt: Wird die Fleischindustrie irgendwann ihre Methoden so gravierend ändern, dass sie keine Tiere mehr misshandelt und tötet? Solch ein Szenario mag momentan undenkbar sein, aber ist es das wirklich?
Was müsste geschehen, damit die Fleischindustrie eines Tages gänzlich anders funktioniert als heute? Nach dem oben genannten Beispiel müsste sie einfach nur Möglichkeiten finden, auf anderen Wegen mehr Geld zu verdienen als mit ihren aktuellen Methoden. Und das ist gar nicht so undenkbar …
Experten: In die Produktion von Fleischalternativen einsteigen
Das US-Fachmagazin »Meat and Poultry« fragte kürzlich in einem Artikel: »Sind Fleischalternativen die Zukunft der Fleischindustrie?« Einige Zitate aus dem Artikel: »Wer könnte besser geeignet sein, Fleischalternativen herzustellen als die Fleischverarbeiter selbst?«, »Innovative Fleischalternativen kommen laufend neu auf den Markt. Es lohnt sich, das zu beachten«, »Immer mehr Konsumenten suchen nach zweckdienlichen Alternativen, die sie als gesünder und umweltfreundlicher [als Fleisch] wahrnehmen. Tierschützer und Vegetarier begrüßen zudem die Tatsache, dass diese Fleischalternativen kein tierisches Protein enthalten.«
Alles Zukunftsmusik? Nicht unbedingt, denn die Zukunft hat vielleicht schon begonnen: In Deutschland gibt es mit VION bereits mindestens einen Fleischkonzern, der Fleischalternativen herstellt (die leider nicht rein pflanzlich sind). In den Niederlanden unterstützt zudem ein Fleischkonzern die Entwicklung von Laborfleisch. Und bei dem harten Preiskampf, den sich die Fleischindustrie liefert, würde es uns nicht wundern, wenn bald noch deutlich mehr Unternehmen fleischfreie Alternativen anbieten. Wenn diese Unternehmen irgendwann mehr Geld mit Pflanzenfleisch als mit Tierfleisch verdienen, sind es vielleicht nur noch wenige Schritte, bis wir uns gemeinsam für die Privilegierung von Fleischalternativen und gegen die Privilegierung von Tierprodukten einsetzen.
Fazit: weiter machen!
Dieser Artikel ist kein Plädoyer dafür, jetzt mit der Fleischindustrie auf Kuschelkurs zu gehen. Im Gegenteil: Dass die Supermarktregale heute immer mehr mit Fleischalternativen gefüllt werden und Tierprodukten nach und nach den Regelplatz streitig machen, ist die Folge erfolgreicher Aufklärungs- und Kampagnenarbeit. Der Artikel soll vielmehr zeigen, dass gesellschaftlicher Wandel oft gar nicht so schwer ist, wie er zu sein scheint. Aber er wird wahrscheinlich anders verlaufen als wir denken: Die wandlungsfähigen Unternehmen der Fleischindustrie werden bestehen bleiben – ob man dann deren fleischfreie Produkte kauft, bleibt jedem selbst überlassen. Wir jedenfalls würden uns freuen, irgendwann einmal mit einem einstigen Gegner am selben Strang zu ziehen!
Helfen Sie, dieser Zukunft schneller näher zu kommen, als es sich momentan die meisten Menschen vorstellen können: Werden Sie aktiv und/oder helfen Sie mit einem frei wählbaren Förderbeitrag!