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Tierprodukte befeuern die Klimakrise

Beim Stichwort »Klimawandel« denkt kaum jemand sofort an Landwirtschaft und Massentierhaltung. Dabei wissen Expert:innen längst, welchen großen Einfluss die industrielle Produktion tierlicher Lebensmittel auf die Klimaentwicklung hat. Ohne grundlegende Änderungen in diesem Bereich wird sich die Erhitzung der Erde nicht aufhalten lassen.

Klima betrifft uns alle

Seit Beginn der Industrialisierung ist die weltweite Durchschnittstemperatur um rund 1,5 °C angestiegen. Das klingt nach wenig, hat aber merkbare Effekte auf das Gleichgewicht des Planeten: Häufigere Dürren führen zu Waldbränden und Ernteeinbußen. Schmelzendes Polareis lässt die Meere ansteigen. Klima- und Vegetationszonen verschieben sich, was Lebensräume von Mensch und Tier bedroht. Noch trifft es vor allem Menschen in ärmeren Ländern hart, aber das wird nicht so bleiben.

Grund für den Anstieg ist der Treibhauseffekt: Kohlenstoffdioxid (CO2) und andere Treibhausgase halten Wärme in der Atmosphäre zurück. Da Menschen für immer mehr Treibhausgase sorgen, erhitzt sich die Erde schneller und stärker, als das bisher in der Geschichte der Fall war.

Ein halbes Grad mehr oder weniger

Die Lage ist ernster als man dachte: Mit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 einigten sich die Vereinten Nationen darauf, dass die globale Durchschnittstemperatur um nicht mehr als zwei Grad ansteigen darf. Führende Expert:innen des Weltklimarats (auch Intergovernmental Panel on Climate Change, kurz IPCC) warnen mittlerweile jedoch, dass dann bereits das Risiko für anhaltende und nicht wiedergutzumachende Schäden für den Planeten viel zu hoch sei. Sie raten, die Erhitzung auf maximal 1,5 °C zu begrenzen. Um das zu erreichen, brauche es »schnelle, weitreichende und beispiellose Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft«, mahnt der Weltklimarat.

Treibhausgase aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung

Einen großen Anteil an der Klimaerhitzung hat die landwirtschaftliche Tierhaltung. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ist sie für 12 % der von Menschen verursachten Treibhausgase verantwortlich1. Für Deutschland rechnet das Umweltbundesamt rund 68 % der landwirtschaftlichen Treibhausgase Deutschlands der Tierhaltung zu.

Angaben zu Klimabilanzen variieren zwischen verschiedenen Studien, da die Berechnungen sehr komplex und viele Fragen dabei nicht eindeutig zu beantworten sind.

Die wichtigsten Klimagefahren der landwirtschaftlichen Tierhaltung sind:

  • Landnutzung:

Etwa ein Drittel der globalen Ackerfläche wird direkt für den Anbau von Futtermitteln genutzt.2 Hinzu kommen Wiesen und Weiden, die als Futtergrundlage für Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen dienen. Um landwirtschaftliche Nutzflächen zu gewinnen, werden natürliche Landschaften wie Wälder und Moore zerstört. Diese könnten als sogenannte Kohlenstoffsenken Treibhausgase aus der Luft filtern und binden. Durch Abholzung und Trockenlegung werden gebundene Treibhausgase hingegen sogar wieder frei.

  • Verdauung:

Tiere sind Lebewesen, die atmen und verdauen. Wiederkäuer wie Rinder produzieren dabei reichlich Methan (CH4). Es ist das häufigste Treibhausgas aus der Landwirtschaft und über einen Zeitraum von 100 Jahren 28,5-mal klimaschädlicher als CO2. Im Jahr 2023 waren in Deutschland 49,4 % der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen auf die Verdauung der genutzten Tiere zurückzuführen. Für die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch werden 9 bis 21,7 kg CO2-Äquivalente ausgestoßen, während es bei Obst und Gemüse meist weniger als ein Kilogramm ist.3

  • Düngung:

Je mehr Futter angebaut wird, desto mehr Dünger wird auch benutzt. Dünger enthalten jedoch Stickstoff, der im Boden zu Lachgas (N2O) wird. Lachgas ist etwa 265-mal klimaschädlicher als CO2. Die Düngung mit Tiermist setzt neben Lachgas zudem auch Methan frei.

  • Produktionsketten:

Die »Herstellung« und Lagerung von Tierprodukten ist aufwendiger als die pflanzlicher Lebensmittel und schließt andere Treibhausgasquellen wie Energie und Verkehr mit ein. Ehe Fleisch, Milchprodukte und Eier auf dem Tisch landen, wurden zum Beispiel Tonnen von Futter und Millionen Tiere transportiert und zig Ställe, Betriebe und Kühllager mit Energie versorgt. Einen guten Überblick bietet die Ifeu-Studie »Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland«.

So schädlich wie ein Ölkonzern

Gemeinsam sind die fünf größten Fleisch- und Molkereikonzerne für mehr Treibhausgasemissionen pro Jahr verantwortlich als einer der Ölkonzerne Exxon-Mobil, Shell oder BP – oder auch als Australien, das Vereinigte Königreich oder Frankreich. Zu diesem Ergebnis kam eine gemeinsame Studie des unabhängigen Institute for Agriculture and Trade Policy (IATP) und der Umweltorganisation Grain aus dem Jahr 2018.

Die Forscher:innen untersuchten die Emissionen der 35 weltweit größten Unternehmen aus der Fleisch- und Milchbranche. Sie errechneten, wie viele Emissionen in allen Phasen der Produktion anfallen, also auch zum Beispiel durch die Rodung von Wäldern oder durch von den Tieren produziertes Methan und Gülle. Diese Quellen führen die Unternehmen in ihren eigenen Bilanzen meist nicht auf.

Der brasilianische Fleischkonzern JBS, der größte der Welt, verursacht demnach die meisten Treibhausgase, gefolgt von Tyson Foods, Cargill und Dairy Farmers, drei US-amerikanischen Unternehmen. Die klimaschädlichsten Unternehmen der deutschen Tierindustrie sind das Deutsche Milchkontor (DMK), der größte Molkerei-Konzern, auf Platz 21 und der Fleischkonzern Tönnies auf Platz 24.

In Zukunft wollen die meisten dieser Konzerne zwar ihren CO2-Ausstoß verringern – gleichzeitig jedoch ihren Absatz weiter steigern. Das kann so nicht funktionieren, sagen die Verfasser:innen der Studie. Wenn dagegen zum Beispiel in der EU, den USA, Australien, Neuseeland und Brasilien weniger Fleisch- und Milchprodukte produziert und konsumiert würden, hätte das »dramatische« Effekte auf die globalen Treibhausgasemissionen, so die Wissenschaftler:innen.

Germanwatch hat ausgerechnet, dass die Treibhausgas-Emissionen der jeweils zehn umsatzstärksten Schlacht- und Milchkonzerne, allen voran Tönnies und DMK, in Deutschland im Jahr 2022 rund 61 % der Treibhausgasemissionen durch PKWs entsprachen. Wenn die Konzerne stattdessen emissionsärmere pflanzliche Alternative erzeugen würden, könnten die Schlachtkonzerne rund 71 % und die Milchkonzerne rund 67 % der Treibhausgas-Emissionen reduzieren.

Vegan ist klimafreundlicher

Wenn sich nichts ändert und immer mehr Land in Äcker und Weiden umgewandelt und immer mehr Tiere gehalten werden, wird die Landwirtschaft im Jahr 2050 zu einem Hauptmotor des Klimawandels geworden sein. Ihr Ausstoß wird dann im Vergleich zu 2009 um 77 % gestiegen sein, errechnete ein Forscher:innenteam aus Cambridge.4

Ein pflanzlicher Ernährungsstil könnte den weltweiten Treibhausgasausstoß hingegen reduzieren – bis 2050 um bis zu 70 % im Vergleich zu einem »business as usual«-Szenario.5 Und das Ziel, die Klimaerhitzung auf 2 °C oder noch besser 1,5°C zu begrenzen, ist nicht erreichbar, ohne den weltweiten Fleischkonsum zumindest zu reduzieren. Zu diesen Ergebnissen kommen Forschende aus Oxford in mehreren Studien.

Auch die Erkenntnisse der Wissenschaftler Joseph Poore und Thomas Nemecek weisen in diese Richtung: Sie werteten 2018 den ökologischen Fußabdruck von Lebensmitteln aus. Ihr Fazit: Obwohl Tierprodukte die meisten Flächen brauchen, stellen sie nur 18 % aller weltweit produzierten Kalorien und 37 % aller Proteine. Bezogen auf die gleiche Proteinmenge verursachen dabei selbst die ökologisch »besten« Tierprodukte deutlich mehr Treibhausgase als pflanzliche Lebensmittel.

Die Reduktion der Tierhaltung würde aber nicht nur den Ausstoß von Treibhausgasen verringern: Würde man Pflanzen für die menschliche Ernährung anbauen statt Futter, bräuchte man viel weniger Äcker. Bei einer rein pflanzlichen Ernährungsweise würden 80 % der heute genutzten Flächen frei. So könnte man mehr Menschen satt machen und gleichzeitig nachhaltiger wirtschaften sowie der Natur Flächen zurückgeben, zum Beispiel in Form von Kohlenstoffsenken.

Es ist daher auch keine Option, Landwirtschaft einfach immer weiter zu optimieren, um den Treibhausgasausstoß zu reduzieren. Die derzeitigen Umweltkrisen hängen zusammen: Durch intensive und zerstörerische Landnutzung, zum Beispiel Monokulturen oder Überweidung, verlieren Böden ihre Fruchtbarkeit und Ökosysteme an Vielfalt. Die sogenannte Bodendegradation und der Verlust der Artenvielfalt sind Folgen der Klimakrise und tragen gleichzeitig dazu bei. Der Ausweg aus den Krisen kann daher nur eine konsequent nachhaltige, pflanzlichere Landwirtschaft sein. Der Weltklimarat hat einen eigenen Sonderbericht 2019 zum Thema Klima und Landökosysteme verfasst. Darin betont er unter anderem die Bedeutung von Wäldern und Mooren für eine Milderung der Klimaerhitzung.

Wandel von oben?

Regierungen unterstützen den Wandel hin zu nachhaltigeren pflanzlichen Lebensmitteln leider kaum, so eine Untersuchung der Changing Markets Foundation.6 Sie setzen stattdessen häufig auf die traditionellen tierbasierten Systeme. Auch im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung ist nicht explizit vorgesehen, die Tierhaltung zu reduzieren.

Dabei raten auch in Deutschland Expert:innen wie der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) oder die sogenannte Borchert-Kommission (das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung) der Bundesregierung, Ernährungspolitik bzw. Landwirtschaft grundlegend neu zu gestalten.

Eine Möglichkeit, einen Ernährungswandel zu fördern, wäre es zum Beispiel, nachhaltige Lebensmittel mehr zu fördern, die Mehrwertsteuer für Tierprodukte zu erhöhen oder eine pauschale zusätzliche Abgabe für Tierprodukte einzuführen.

Würde man die Folgen der Lebensmittelproduktion für Umwelt und Klima in Geld umrechnen, müsste konventionelles Fleisch eigentlich fast dreimal und Milch mehr als zweimal so teuer sein, wie sie es aktuell sind. Das errechnete 2018 und erneut 2020 ein Team der Universität Augsburg, indem es die Verwendung von Stickstoffdünger, die Treibhausgasemissionen und den Energieverbrauch berücksichtigte. »True Cost Accounting« nennt sich das Vorgehen, Berechnung der wahren Kosten.

In Deutschland gibt es zwar in einigen Wirtschaftsbereichen inzwischen eine CO2-Bepreisung, jedoch nicht in der Landwirtschaft. Dänemark möchte eine solche Bepreisung für die Landwirtschaft zeitnah einführen.

Fazit: Jetzt handeln!

Um noch schlimmere Folgen der Klimakrise zu verhindern, müssen alle an einem Strang ziehen. Die Industrienationen sind dabei entscheidend: China, die USA und die EU sind weltweit die größten Verursacher von Treibhausgasen. Innerhalb der EU belegt Deutschland Platz eins. Der westliche Lebensstandard, mit vielen Fleisch- und Milchprodukten, Autos, Flugreisen und so weiter, ist dabei weltweit ein fatales Ideal. Will man alle Menschen annähernd satt bekommen und den Planeten für zukünftige Generationen lebenswert erhalten, muss sich das ändern.

Dieter Gerten, Autor einer Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zu diesem Thema, beschreibt es so: »Derzeit geschieht fast die Hälfte der weltweiten Nahrungsmittelproduktion auf Kosten der planetaren Belastungsgrenzen der Erde. Wir widmen zu viel Land der Tierhaltung und den Nutzpflanzen, düngen zu stark und bewässern übermäßig. Um dieses Problem angesichts einer noch immer wachsenden Weltbevölkerung zu lösen, müssen wir miteinander überdenken, wie wir Lebensmittel produzieren. Die gute Nachricht ist, dass solche Transformationen es ermöglichen, ausreichend Nahrung für bis zu 10 Milliarden Menschen bereitzustellen – das zeigt unsere Forschung.«

Eine pflanzliche Ernährung hat viele Vorteile für Mensch und Planet. Aus diesem Grund haben Wissenschaftler:innen die »Planetary Health Diet« entwickelt. Demnach müsste unter anderem der Konsum von Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Nüssen erhöht und der Konsum von Fleisch in Europa um 70 bis 80 % gesenkt werden, um dem Planeten nicht weiter zu schaden. Wie Landwirtschaft und Ernährung im Jahr 2050 aussehen könnten, wenn der Verbrauch tierlicher Lebensmittel entsprechend geändert würde, zeigt eine Studie von Agora Agrar aus dem Jahr 2024. Einen größeren Effekt hätte es freilich, die Menschheit rein pflanzlich zu ernähren.

Auch wenn die Hauptverantwortung für einen Wandel bei den Regierenden liegt, kann jeder Mensch heute damit beginnen, nachhaltiger zu leben. Indem man Tierprodukte meidet, trägt man nicht nur einen eigenen kleinen Teil zum Klimaschutz bei, sondern signalisiert vor allem an andere, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. Probieren Sie es auch: pflanzlich statt tierlich, so oft wie möglich. Wir geben Ihnen dazu gerne kostenlos hilfreiche Tipps.


  1. Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) 2023: Pathways towards lower emissions – A global assessment of the greenhouse gas emissions and mitigation options from livestock agrifood systems, S. x.  

  2. WWF 2016: Living Planet Report 2016 – Risk and resilience in a new era, S. 94. 

  3. Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) 2020: Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland, S. 8 ff. 

  4. Bajželj, B. / Richards, K. S. / Allwood, J. M. / Smith, P. / Dennis, J. S. / Curmi, E. / Gilligan, C. A. 2014: Importance of food-demand management for climate mitigation. In: Nature Climate Change, August 2014, S. 3.  

  5. Springmann, M. / Godfray, C. J. / Rayner, M. / Scarborough, P. 2016: Analysis and valuation of the health and climate change cobenefits of dietary change. In: Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), S. 1 ff.  

  6. Changing Markets Foundation 2018: Growing the Good. The Case for Low-Carbon Transition in the Food Sector. S. 73 ff. 

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