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Rechtsbruch durch Veterinärbehörden

Das Gesetz über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzvereine (TierschutzVMG) in Nordrhein-Westfalen ist vorläufig auf fünf Jahre befristet. 2017 soll überprüft werden, ob es sich bewährt hat. Viele Veterinärämter haben sich von Anfang an gegen das Gesetz gesträubt und verzögern dessen Umsetzung: mit dem Ziel, Ergebnisse zu verhindern und das Gesetz 2017 wieder zu kippen. Damit tun diese Veterinärämter weiter das, was sie immer getan haben: Tierschutz verhindern! Sie nehmen dafür sogar den Bruch geltenden Dienstrechts in Kauf.

Das seit 2013 existierende Tierschutz-Verbandsklagerecht in Nordrhein-Westfalen gibt anerkannten Tierschutzvereinen und -verbänden, darunter Animal Rights Watch (ARIWA), die Möglichkeit als Anwälte der Tiere, deren Rechte einzuklagen. ARIWA ist der erste Tierschutzverein, der das Instrument der Verbandsklage in drei Fällen nutzt: die tierschutzwidrige Haltung von Zuchtsauen in Kastenständen, die nicht Tierschutzgesetz-konformen Haltungsbedingungen von Mastputen und das Nichteinschreiten des Veterinäramts Siegen-Wittgenstein im Fall eines tierquälerischen Hundehandels. Unterstützt wird die Initiative von der Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz und der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt.

ARIWA forderte im Fall der tierschutzwidrigen Kastenstandhaltung und Putenmast die zuständigen Veterinärbehörden auf, die bestehenden Tierschutzverstöße nach § 16a des Tierschutzgesetzes abzustellen. Nachdem die Veterinärämter keinen Handlungsbedarf sehen, strebt ARIWA nun die Klageverfahren an. Dafür ist die Einsicht in die tierschutzrelevanten Akten der Veterinärämter essentiell. Das Veterinäramt Steinfurt und das für die Hundezucht zuständige Veterinäramt Siegen-Wittgenstein verweigern ARIWA die Akteneinsicht jedoch seit Monaten. Dazu sagt Mahi Klosterhalfen, geschäftsführender Vorstand der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt: »Indem die Behörden die Zusammenarbeit verweigern, treiben sie unnötig Kosten in die Höhe und verlängern das gesamte Verfahren. Darüber hinaus besteht die ernsthafte Gefahr, dass das Gesetz 2017 gekippt wird.«

Höhepunkt der destruktiven Haltung der NRW-Veterinärämter ist das Verhalten des Kreises Siegen-Wittgenstein. Obwohl bereits ein entsprechender Erlass des zuständigen Ministeriums aus dem Dezember 2014 regelt, dass anerkannten Tierschutzvereinen Akteneinsicht in §16a-Fällen zu gewähren ist, weigert sich der Kreis, diese Weisung umzusetzen. Er provoziert damit nicht nur ein unnötiges und langwieriges Gerichtsverfahren, sondern verleitet seine Mitarbeiter zur Missachtung grundsätzlicher dienstrechtlicher Pflichten.

Nach § 35 und § 36 des Beamtenstatusgesetzes haben Beamte nicht nur Weisungen auszuführen. Sie müssen außerdem bei ihnen vorhandene Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen diese unverzüglich auf dem Dienstweg geltend machen. Tun sie es nicht, verstoßen sie gegen ihre beamtenrechtlichen Pflichten. Die zuständigen Beamten des Kreises Siegen-Wittgenstein halten sich nicht nur nicht an diese ihnen obliegenden Rechtspflichten, sondern bezweifeln die inhaltliche Richtigkeit der ihnen erteilten Weisung auch noch vor einem Gericht. Dass sie, wie es ihre Pflicht gewesen wäre, ihre Bedenken auf dem Dienstweg – bis hin zum zuständigen Minister – geltend gemacht hätten, ist hingegen nicht bekannt. Da das Amtsveterinäramt in Siegen den Erlass des Ministeriums ignoriert, leitet ARIWA nun ein Dienstaufsichtsverfahren gegen den Veterinäramtsleiter und andere Verantwortliche ein. Für den 30. November 2015 ist eine öffentliche mündliche Verhandlung zur Sache »Akteneinsicht im Kreis Siegen-Wittgenstein« angesetzt.

Da die Zeit drängt, wird ARIWA Verbandsklageverfahren nun ohne Akteneinsicht auf den Weg bringen. Sandra Franz, Pressesprecherin von ARIWA, meint zu dieser Strategie: »Uns bleibt keine Wahl: Bis zu einer Gerichtsentscheidung zur Frage der Akteneinsicht ist das Verbandsklagerecht in Nordrhein-Westfalen eventuell schon Geschichte und die Strategie des Verzögerns der Veterinärämter wäre aufgegangen.«

»Das Tierschutz-Verbandsklagerecht gibt zum ersten Mal Tierrechtlern die Möglichkeit auf eine konsequente Umsetzung des Tierschutzgesetzes zu pochen«, ergänzt Dr. Eisenhart von Loeper, Vorsitzender der Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz. »Dass ausgerechnet die Veterinärbehörden gegen dieses Gesetz arbeiten, sagt sehr viel darüber aus, wie es um den Tierschutz in Deutschland wirklich bestellt ist.«

Nachtrag

Zu ergänzen ist, dass es auch einige Veterinärbehörden gibt, die sich für die Durchsetzung von Tierschutzbelangen einsetzen. Diese sind leider in der absoluten Minderheit.

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