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Tierschutz der Supermärkte

Für den Lebensmitteleinzelhandel gelten längst nicht mehr allein die Preise als wichtigstes Aushängeschild. Nachhaltigkeit und verwandte Themen sind für die Außendarstellung der Unternehmen zunehmend relevant. So hat auch der Tierschutz für die Einkaufspolitik der Supermarktketten an Bedeutung gewonnen. Viele machen ihre Tierschutz-Einkaufsrichtlinien oder vergleichbare Dokumente inzwischen öffentlich.

Diese Einkaufsrichtlinien legen beispielsweise in sogenannten Negativlisten fest, welche Waren aus Tierschutzgründen gar nicht mehr ins Sortiment kommen. Die Anforderungen der Einzelhändler an ihre Zulieferer oder deren Produkte sind ebenfalls Teil dieser Selbstverpflichtungen. Nachdem Aldi Süd Anfang 2015 die erste umfassende Tierschutz-Richtlinie veröffentlicht hatte, haben die meisten großen Einzelhandelsketten nachgezogen.

Wir haben die veröffentlichten Tierschutzstandards der deutschen Supermarktketten verglichen und teils erhebliche Unterschiede festgestellt. Bei der Analyse haben wir uns auf besonders wichtige Themen konzentriert. Dazu gehören etwa betäubungslos durchgeführte Amputationen, der Antibiotikaverbrauch sowie Verbesserungsmaßnahmen bei einzelnen Tierarten.

Licht und (noch viel) Schatten

Aus unseren Ergebnissen geht hervor, dass die Unternehmen den Verzicht auf Eier aus Käfighaltung von Legehennen fast durchweg umgesetzt haben; das gilt für Schaleneier sowie für verarbeitete Eier in den Eigenmarken. Bei der Haltung anderer Tiere wie Kaninchen, Wachteln und Muttersauen verzichtet hingegen bislang keine der Ketten vollständig auf Käfige.

Zwischen den Unternehmen gibt es große Unterschiede, welche Tierschutzthemen ihre Einkaufsrichtlinien überhaupt erwähnen. Manche Aspekte finden jedoch durchgängig keine oder fast keine Erwähnung. Hierzu zählen Verbesserungen in der Haltung von Hühnern und Gänsen, die Schlachtung schwangerer Kühe sowie Tierschutzkriterien bei Fischen und Schalentieren.

Einkaufsrichtlinienvergleich SupermärkteEinkaufsrichtlinienvergleich Discounter

Vergleich von Einkaufsrichtlinien der deutschen Supermärkte und Discounter. Eine ausführlichere Version sowie eine detaillierte Textfassung der obigen Tabellen können Sie hier als PDF herunterladen:

Einkaufsrichtlinien-Vergleich Supermärkte und Discounter

Einkaufsrichtlinien-Vergleich Textfassung mit genauen Angaben

Tierschutzstandards nicht immer öffentlich

Die umfangreichsten Einkaufsrichtlinien haben Aldi Nord und Aldi Süd, Kaufland, Lidl und Real: Sie enthalten ausführliche Negativlisten sowie Maßnahmen zu verschiedenen Tierschutzthemen, die eingeführt oder bereits umgesetzt wurden. Was Verbesserungen für Schweine, Milchkühe, Enten und Puten betrifft, zeigen sich zwischen diesen Supermarktketten mitunter klare Unterschiede.

Bei Edeka, Netto Markendiscount und Rewe gibt es teils recht umfassende interne Regelungen; diese haben die Unternehmen bislang jedoch nicht veröffentlicht. Daher sind sie nicht in unsere Tabelle eingeflossen. Wir gehen aber davon aus, dass hier umfangreiche Veröffentlichungen in absehbarer Zeit folgen. Ebenfalls können Bela, Globus und Norma derzeit kaum Veröffentlichungen zu wichtigen Tierschutzthemen vorweisen.

Unser Fazit: Ein Anfang ist gemacht

Noch vor wenigen Jahren gab es kaum öffentlich zugängliche Positionen der Lebensmitteleinzelhändler zu Tierschutzfragen bei ihrer Einkaufspolitik. Daher ist es allein schon begrüßenswert, dass viele Unternehmen sich mittlerweile hier in die Karten schauen lassen. Diese Entwicklung trägt zu einem positiven Wettbewerb untereinander und zur Transparenz für die Kundschaft bei.

Unser Vergleich zeigt darüber hinaus, dass einige der Großen im Lebensmitteleinzelhandel auf dem Weg sind, Verbesserungen im Tierschutz bei ihren Zulieferern durchzusetzen. Dennoch liegen noch zahlreiche Aufgaben für die nächsten Jahre vor dem Lebensmitteleinzelhandel: Noch fehlt es an Konzepten, um etwa die Amputationen der Schnabelspitzen bei Vögeln oder der Ringelschwänze bei Schweinen zu beenden. Weiterhin mangelt es insgesamt an deutlichen Verbesserungen für Schweine, Masthühner und Puten, die über die bislang unzureichenden Kriterien der »Initiative Tierwohl« des Lebensmitteleinzelhandels hinausgehen.

Mit dem Einzelhandel bleiben wir im Dialog zu Tierschutzthemen und zum Ausbau seines pflanzlichen Angebots. In zwei Jahren wollen wir die Einkaufsrichtlinien zum Tierschutz erneut vergleichen.

Glossar

Einkaufsrichtlinien/Policies für tierische Produkte

In solchen Richtlinien oder Papieren halten Unternehmen selbst auferlegte Verpflichtungen fest, die bei der Beschaffung von Rohstoffen tierischen Ursprungs zu erfüllen sind. Die Veröffentlichung entsprechender Richtlinien ist hierzulande eine noch recht junge Entwicklung; die veröffentlichten Inhalte der Unternehmen unterscheiden sich teilweise stark.

LEH

Lebensmitteleinzelhandel, auch oft »Supermarktketten« genannt; bezeichnet die verschiedenen Vertriebslinien aus den Bereichen Discounter, Supermarkt und Verbrauchermarkt.

Eigenmarken, Industriemarken

Eigenmarken bezeichnen Produkte oder Produktlinien, die für ein LEH-Unternehmen hergestellt und unter der hauseigenen Marke nur in diesem LEH-Unternehmen (ggf. der entsprechenden Unternehmensgruppe) verkauft werden. Im Gegensatz dazu stehen sogenannte (Industrie-) Markenprodukte, die branchenweit gelistet werden können. Eigenmarken und Industriemarken werden teilweise von denselben Herstellern produziert.

Die Einführung neuer Tierschutzstandards ist für ein LEH-Unternehmen im Bereich der Eigenmarken direkter umzusetzen, weil hier unmittelbar Einfluss auf die verwendeten Rohstoffe (wie z. B. Ausschluss jeglicher Käfighaltung oder Daunen aus Lebendrupf) genommen werden kann.

Geltungsbereich

Der Geltungsbereich legt fest, in welchem Rahmen die veröffentlichten Richtlinien gültig sind: So kann er zum Beispiel bestimmte Produktbereiche oder Vertriebslinien/Eigenmarken des Unternehmens abdecken. Durch die Festlegung eines weiten Geltungsbereiches haben die formulierten Richtlinien eine entsprechend große Reichweite.

Geltungsbereiche betreffen üblicherweise entweder 1) nur Eigenmarken oder 2) Eigenmarken und Industriemarken. Für gewöhnlich werden sowohl Lebensmittel (Food) als auch Non-Food-Artikel durch die Einkaufsrichtlinien abgedeckt.

Projekte

Viele LEH-Unternehmen setzen Tierschutzverbesserungen im Rahmen von zeitlich und/oder räumlich begrenzten Projekten um, die einen Teil der angebotenen Produkte betreffen. Beispiele sind Bruderküken- oder Weidemilchprojekte sowie Haltungsverbesserungen, die für Produkte im Premiumsegment gelten. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit wurden in diesem Einkaufsrichtlinien-Vergleich Projekte nicht dargestellt.

Lebensbedingungen von Tieren in der Massentierhaltung

Unter albert-schweitzer-stiftung.de/massentierhaltung haben wir Informationen zu den Lebensbedingungen von »Nutztieren« in der Massentierhaltung zusammengestellt.

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